Verboten sexy, dieser Mann!

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Whit Daltry ist ein rotes Tuch für die schöne Tierschützerin Megan. Denn der skrupellose Tycoon will im Naturparadies vor der Stadt ein Bürogebiet bauen! Doch als ein Tornado über das Land fegt, rettet ausgerechnet Whit ihrer Tochter das Leben. Spontan gibt Megan ihm einen Dankeskuss - und entfacht ein Feuerwerk verbotener Fantasien. Ob Whit den Kuss auch nicht vergessen kann? Plötzlich hilft er ihr, wo er nur kann. Und bald entlädt ihr Verlangen sich in heißen Liebesnächten. Schon glaubt Megan, sie hätte das große Glück gefunden - da macht sie eine verheerende Entdeckung …


  • Erscheinungstag 03.11.2015
  • Bandnummer 1896
  • ISBN / Artikelnummer 9783733721503
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ein scharfer Schmerz durchzuckte Megan Maguire, als der Airbag sich blitzschnell aufblies und sie gegen den Sitz drückte. Ihr war, als würde ihr die Luft aus der Lunge gepresst, und vorübergehend war sie einer Ohnmacht nahe. Dann überfiel sie Panik. Was war das? Erst nach ein paar Schrecksekunden begriff sie, was geschehen war. Ein Baum war auf ihre Kühlerhaube gefallen, hatte die Windschutzscheibe zersplittert und den Wagen abrupt stoppen lassen. Das hatte den Airbag ausgelöst. Dreißig Zentimeter weiter, und der Baum hätte das Autodach zerschmettert. Was dann von ihr übrig geblieben wäre, darüber wollte sie lieber nicht nachdenken.

Oh Gott, auch das noch! Sie war bereits auf dem Weg zum Kindergarten ihrer Tochter, als die Tornadosirenen losheulten. Kein Wunder, dass die Straßen wie leer gefegt waren. Sie war offenbar die Einzige in ganz Royal, die wahnsinnig genug war, trotzdem weiterzufahren. Aber sie musste zu ihrer Tochter, unbedingt. Jetzt dringender denn je.

Megan schob den schlaffen Airbag beiseite und versuchte die Fahrertür zu öffnen, was ihr mit einiger Mühe auch gelang. Sie stemmte sich gegen den starken Wind, der herabprasselnde Regen hatte sie im Nu durchnässt. Aber sie musste weiter, sie musste zu Evie.

Wenn sie bloß rechtzeitiger aus dem Tierheim weggefahren und mit Evie um eins ins Kino gegangen wäre, wie sie es geplant hatte. Dann wäre das Kind jetzt wenigstens bei ihr. Aber es war etwas dazwischengekommen, und Megan nahm ihren Beruf als Geschäftsführerin des Tierheims sehr ernst. Auch weil sie den Job brauchte. Evies Vater hatte sich sofort aus dem Staub gemacht, als sie ihm von der ungeplanten Schwangerschaft erzählt hatte. Das war sehr bitter, und ihr erster Impuls war gewesen, das Kind zur Adoption freizugeben. Doch als sie im vierten Monat die ersten Bewegungen ihres Babys spürte, hatte sie die Formulare nicht mehr ausfüllen können und beschlossen, das Kind allein aufzuziehen.

Jetzt war Evie vier Jahre alt und der Mittelpunkt in Megans Leben. Sie musste sie finden. Entschlossen strich sie sich das nasse Haar zurück und machte sich auf den Weg. Der Kindergarten war nur eine knappe Meile entfernt. Hoffentlich, hoffentlich hatte das Gebäude nichts abgekriegt. Ihr wurde ganz elend, wenn sie an das kleine Holzhaus dachte, das ihr gleich so gut gefallen hatte. Aber natürlich hatte sie bei ihrer Wahl nicht an so etwas wie einen Tornado gedacht. Wenn das Cottage nun zusammengebrochen war und die Kinder unter sich begraben hatte …

Das durfte nicht sein. Entschlossen kämpfte sie sich vorwärts. Die Stadt hatte es schlimm erwischt, viele Häuser waren zerstört, Autos lagen auf dem Dach, Bäume waren entwurzelt und versperrten den Weg. Der Tornado war wie ein riesiger Rasenmäher durch die Stadt gefegt und hatte alles, was ihm in die Quere gekommen war, dem Erdboden gleichgemacht. Doch Megan ließ sich nicht davon abhalten. Evie … Sie kletterte über jedes Hindernis, vorwärts, nur vorwärts …

Der Regen peitschte ihr ins Gesicht, doch sie achtete nicht darauf. Das Heulen des Sturms übertönte alle anderen Geräusche. Aber hatte sie da nicht eben etwas gehört? Megan, Megan … Hatte da gerade jemand ihren Namen gerufen, oder halluzinierte sie bereits? Sie blieb stehen und sah sich hastig um. Zwanzig Meter entfernt stand eine Gruppe von Menschen vor einem Haus, das erstaunlicherweise verschont geblieben war. Ein Mann sah in ihre Richtung. Es war … tatsächlich: Whit Daltry, der Besitzer von Daltry Property Management! Ausgerechnet er! Seit dreieinhalb Jahren nervte er sie, und sie versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, wann immer es möglich war.

Aber diesmal konnte sie ihm nicht entgehen. Das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit ihr.

„Megan! Megan!“ Das war wieder Whits Stimme. „Kommen Sie schnell hier ins Haus!“

„Nein!“, schrie sie zurück. „Ich kann nicht!“

„Was?“ Mit einer Hand drückte er sich den Stetson auf den Kopf und rannte auf sie zu. Er war groß und kräftig, und Megan wusste, sie konnte ihn nicht abschütteln. Und so war es auch. Er packte sie beim Arm. „Sind Sie verrückt geworden? Bei diesem Wetter unterwegs zu sein! Was denken Sie sich dabei?“

„Ja, was glauben Sie wohl?“, stieß Megan wütend hervor. „Ich bin auf der Suche nach Evie! Ich war bereits auf dem Weg zum Kindergarten, als die Tornadowarnung kam. Dann fiel ein Baum auf meine Kühlerhaube, und ich musste zu Fuß weiter.“

Whit stieß einen leisen Pfiff aus. „Wo ist denn Ihre Tochter?“

„Im Kindergarten Little Tots. Ich muss zu ihr! Lassen Sie mich los!“ Entschlossen befreite sie sich aus seinem Griff. Ausgerechnet Whit Daltry wollte sie aufhalten – der Mann, der schuld daran war, dass das Tierheim und der Kindergarten so weit auseinanderlagen. Als die Stadt sich dreieinhalb Jahre zuvor nach einem neuen Grundstück für das Tierheim umgesehen hatte, hatte Megan ihre ersten schlechten Erfahrungen mit diesem Daltry gemacht. Er hatte verhindert, dass sie ein Grundstück ganz in der Nähe des Kindergartens kaufen konnten, und dafür gesorgt, dass sie in das Gewerbegebiet ausweichen mussten, das außerhalb der Stadt lag. So verlor Megan jeden Tag viel Zeit, wenn sie ihre Tochter abholte.

Und in einer solch dramatischen Situation wie dieser konnte sie das teuer zu stehen kommen. Wenn Evie nun etwas passiert war, weil ihre Mutter nicht rechtzeitig da gewesen war …

Wieder packte Whit sie beim Arm. „Ich hole Ihre Tochter. Sie bleiben hier im Haus. Draußen ist es viel zu gefährlich.“

Wieder riss sie sich los. „Ich denke nicht daran. Wenn Sie glauben, dass ich hier seelenruhig warte, bis Sie wiederkommen, haben Sie sich geschnitten. Evie hat wahrscheinlich Todesangst. Sie braucht mich.“

„Sehen Sie sich doch um. Die Straßen sind unpassierbar. Nur ein SUV oder ein Pick-up kommt noch durch.“

„Mir egal. Und wenn ich auf allen vieren kriechen muss. Es ist ja nicht mehr weit.“

„Verdammt! Nun seien Sie doch nicht so stur. Okay, dann fahren wir eben beide. Mein Pick-up ist wahrscheinlich doch etwas schneller als Sie zu Fuß.“

„Danke.“ Vor Erleichterung wurden ihr die Knie weich. Evie

Whit, der das bemerkte, legte ihr den Arm um die Schultern. „Kommen Sie. Mein Wagen steht hinter dem Haus.“ Mit der Fernbedienung öffnete er die Tür eines großen blauen Pick-ups, und Megan kletterte schnell hinein. Der Wagen war erstaunlich sauber und aufgeräumt. Keine Sporttasche, keine Papiere, keine Werkzeuge lagen herum, wie es sonst bei Männern üblich war.

Als er den Motor anließ, spürte sie die warme Luft, zitterte aber trotzdem. Ihre Zähne schlugen aufeinander. War das die Kälte oder der Schock? Was auch immer, Hauptsache, sie konnte bald ihre Tochter in die Arme schließen. „Danke, Whit“, wiederholte sie leise.

Er nickte nur, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. „Das ist doch selbstverständlich. Auch wenn wir bisher nicht immer einer Meinung waren, in Notsituationen müssen wir zusammenhalten. Ihrer Tochter ist bestimmt nichts passiert. Das Gebäude des Kindergartens ist klein, aber solide gebaut. Entspricht genau dem vorgeschriebenen Standard. Also machen Sie sich keine Sorgen.“

„Das ist leichter gesagt als getan. Mein Verstand sagt mir auch, dass alles gut ist. Aber mein Herz …“

„Das ist verständlich. Sie sind ihre Mutter.“ Whit konzentrierte sich ganz auf die Straße und versuchte, die größten Schutthaufen zu umfahren. „Wie hat denn das Tierheim den Tornado überstanden?“

„Ich habe keine Ahnung. Ich war ja bereits unterwegs, um Evie abzuholen, als die Sirenen losgingen. Ich habe zwar gute Leute, denen ich voll vertraue, aber wenn der Tornado wirklich … nicht auszudenken! Und da mein Telefon gerade nicht funktioniert, kann ich nicht mal nachfragen!“

Megan starrte aus dem Fenster. Noch regnete es, aber der Sturm hatte bereits nachgelassen. Kaum zu fassen, was in einer solch kurzen Zeit alles geschehen konnte. Und dabei stand ihr vielleicht noch das Schlimmste bevor … Nein, das durfte nicht sein. Evie durfte nichts passiert sein.

Tränen traten ihr in die Augen, und sie versuchte, gegen die Panik anzukämpfen, die sie zu überfallen drohte. „Ich wollte eigentlich den Nachmittag freinehmen und mit Evie ins Kino gehen.“ Sie schluckte. „Aber dann wurde nichts daraus, weil eine meiner Mitarbeiterinnen sich nicht gut fühlte und nach Hause gehen musste. Und dann wurde noch eine Hündin bei uns abgegeben, die kurz davor war, ihre Jungen zu kriegen. Da konnte ich natürlich nicht weg. Wenn ich Evie wie versprochen früher abgeholt hätte, dann …“

„Hören Sie auf, sich zu quälen. Sie konnten doch nicht wissen, was passiert. Sie haben getan, was Sie tun mussten. Versuchen Sie, tief durchzuatmen, und nehmen Sie sich zusammen. Ihrem Kind zuliebe.“

Mit dem Handrücken wischte Megan sich über die Augen. „Sie haben recht. Ich muss stark für mein Kind sein. Sie ängstigt sich sonst zu Tode, wenn sie mich in diesem Zustand sieht.“

„Genau.“ Whit bog in die Straße ein, in der der Kindergarten lag, und hielt nach wenigen Metern. Das Gebäude stand noch, hatte aber einiges abgekriegt. Das Aluminiumdach hatte sich zusammengefaltet wie ein Akkordeon und sich halb über die offene Veranda geschoben. Einige Stützpfeiler des Verandadachs waren gebrochen und verbarrikadierten den Eingang. Bisher war es den Umstehenden, hauptsächlich Eltern von Kindergartenkindern, nicht gelungen, den Eingang frei zu räumen.

„Oh, nein …“ Entsetzt starrte Megan auf das Bild der Zerstörung, das sich ihr bot. Das zusammengefaltete Dach, der blockierte Eingang. Und Evie da drinnen, in Todesangst … In diesem Augenblick öffnete Whit die Beifahrertür von außen. Megan wollte aussteigen, aber ihre Beine trugen sie nicht. Doch Whit war gleich neben ihr und fing sie auf. „Keine Sorge, ich halte Sie fest.“

Sie wand sich in seinen Armen. „Lassen Sie mich los! Ich muss zu Evie! Ich muss zu meiner Tochter!“

Er setzte sie ab, hielt sie aber fest. „Das mache ich schon. Ich habe Erfahrung in solchen Dingen. Wir müssen vorsichtig sein, dass nicht noch mehr zusammenbricht.“

Erst jetzt fiel ihr auf, dass die anderen Eltern sich offenbar nicht trauten, die Blockade zu entfernen, sondern wie erstarrt davorstanden. „Ja, Sie haben recht. Sagen Sie mir, was ich tun kann.“

„Vorsichtig, Leute“, rief er den Männern zu, die wieder angefangen hatten, den Schutt vor der Veranda wegzuräumen. „Nicht die angebrochenen Balken berühren. Ich versuche, von hinten reinzukommen.“

Er zog Megan mit sich um das Haus herum, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie die Spielgeräte sah, die wie von Riesenhand zerbrochen waren. Die Kürbisse für Halloween, von den Kindern liebevoll bemalt, lagen überall verstreut herum, die meisten aufgeplatzt. Oh Evie … Ihr durfte nichts passiert sein. Sie konnte sich ein Leben ohne ihre Tochter nicht vorstellen. Schon als sie ihr nach der Geburt das erste Mal ins Gesicht gesehen hatte, war sie ihr in tiefer Liebe verbunden gewesen. Und jetzt war die Kleine vier Jahre alt, hatte die gleichen roten Locken wie sie, ihre Mutter …

Schon standen sie vor der Hintertür, die glücklicherweise noch intakt war. Megan entriss Whit die Hand und klopfte an die Tür. Durch die Scheibe konnte sie die Kinder und die Kindergärtnerinnen sehen, die auf dem Boden saßen. Aber wo war Evie?

„Sue Ellen …“ Megan packte die ältere Frau beim Arm, die die Tür öffnete. „… wo ist Evie?“

„Sie ist hier, und es geht ihr gut. Sie ist mit der Praktikantin und anderen Kindern zusammen. Sie waren gerade auf dem Weg in die Küche, als der Alarm losging. Sie ist … äh … auf der anderen Seite des Gebäudes.“

„Ja, und?“, drängte Megan, als Sue Ellen schwieg. „Was ist mit ihr? So reden Sie doch!“

„Einige Dachbalken sind durchgebrochen, haben die halbe Decke mitgenommen und blockieren den Weg. Aber die Praktikantin ist bei den Kindern und beruhigt sie.“

Megan presste sich die Hand aufs Herz, ihr Atem kam stockend. „Was? Die Kinder sind vorn in der Nähe der Veranda? Wo das Dach zusammengebrochen ist?“

Als Sue Ellen nickte, griff Whit nach Megans Hand. „Kommen Sie! Keine Sorge, das kriegen wir hin.“ Er zog sie mit sich den Flur entlang, bis Balken, halbe Gipswände und abgebrochener Putz ihnen den Weg versperrten. Auf der anderen Seite der Barriere saß die Praktikantin mit den Kindern – und auch Evie mit ihren leuchtend roten Locken.

„Evie“, rief Megan sofort, „Evie! Schätzchen, Mommy ist hier!“

„Mommy?“ Das klang zögernd. „Oh Mommy, ich will nach Hause …“ Die Kleine schluchzte.

Megan wollte vorstürzen, aber Whit schob sie grob zurück. „Bleiben Sie stehen, verdammt noch mal!“ Er ließ sich auf die Knie nieder und sah sich genau um. „Bleibt, wo ihr seid“, rief er den Kindern zu. „Ich komme zu euch.“

Vorsichtig fing er an, das Hindernis beiseitezuräumen, langsam und sehr bedacht, wobei er immer wieder kurze Pausen einlegte, um sicherzugehen, dass nichts von oben nachrutschte. Schließlich hatte er eine Art Tunnel geschaffen, der breit und hoch genug war, dass man hindurchkriechen konnte. Eins nach dem anderen krabbelten die Kleinen hindurch, und schließlich war auch Evies sommersprossiges Gesichtchen zu sehen. Whit streckte die Arme aus. „Evie, ich bin ein Freund deiner Mommy. Komm, ich hebe dich hoch.“

Die Kleine nickte eifrig, und Whit zog sie die letzten zwanzig Zentimeter heraus, hob sie hoch und stand mit ihr zusammen auf. Während er sie kurz an die Brust drückte, ließ Megan den Blick nicht von ihrem Kind. Evie schien nichts passiert zu sein. Sie hatte einen kleinen Kratzer am Arm, ihr Prinzessinnenkleid war am Ärmel etwas eingerissen, und ihr staubiges Gesicht zeigte Tränenspuren, aber das war auch alles.

Als sie das Kind von Whit entgegennahm, war ihr vor Erleichterung beinahe schwindelig. Evie legte ihr die dünnen Ärmchen um den Hals und schmiegte sich so fest an sie, als wollte sie sie nie wieder loslassen. „Alles in Ordnung, Schätzchen?“

„Ja, Mommy. Ich hatte gar keine Angst. Miss Vicky hat gesagt, was wir tun sollen. Meine Freundin Caitlyn hatte Angst, und ich habe ihre Hand gehalten, als wir unter der Treppe saßen.“

„Das war ganz toll von dir, Evie. Ich bin sehr stolz auf dich.“ Megan küsste die Kleine auf die Stirn. Ihr Haar roch immer noch nach Himbeershampoo. Evie liebte Himbeershampoo. „Ich hab dich so lieb.“

„Ich dich auch, Mommy.“

Whit half auch den anderen Kindern, durch den Tunnel zu kriechen. Als er das letzte kleine Mädchen herausgezogen hatte, führte er die Gruppe in den Teil des Hauses, der nicht betroffen war und in dem Sue Ellen mit den anderen Kindern saß. Sie versuchte, die Kleinen, die noch nicht von den Eltern abgeholt worden waren, mit Büchern, Musik und Keksen abzulenken, was der erfahrenen Kindergärtnerin auch gut gelang. Währenddessen machte eine Krankenschwester die Runde, vergewisserte sich, dass niemand ernsthaft verletzt war, und half mit Pflaster aus.

Whit wandte sich zu Megan um. „Vielleicht sollte sich die Schwester auch Ihre Kratzer mal ansehen. Sie haben außerdem Hautabschürfungen vom Airbag. Die sollten sich möglichst nicht entzünden.“

„Nicht jetzt“, wehrte Megan ab. „Im Augenblick hat sie genug mit den Kindern zu tun.“

Evie wand sich in ihren Armen. „Kann ich auch einen Keks haben, Mommy? Ich hab so Hunger!“

„Aber klar.“ Sie ließ die Kleine hinunter, und Evie rannte strahlend auf Sue Ellen zu, als habe sie bereits vergessen, dass vor Kurzem buchstäblich die Welt über ihr zusammengebrochen war.

Whit lachte leise. „Tapferes kleines Ding.“

„Ja, anders als ihre Mutter.“ Seufzend ließ Megan sich auf einer Bank nieder.

„Kein Wunder. Evie weiß nur, dass es allen gut geht und ihre Mutter hier ist. Mehr braucht sie nicht, um glücklich zu sein.“ Whit setzte sich dicht neben Megan, und seine Nähe und Wärme waren irgendwie tröstlich. „Vielleicht sollten wir auch für Sie einen Keks und etwas Saft organisieren“, meinte er lächelnd.

„Nein, nicht nötig.“ Megan richtete sich auf und ließ die Schultern kreisen. „Wir sollten lieber draußen beim Aufräumen helfen.“ Sie sah ihn kurz an. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie so mit Beschlag belegt habe. Das war sehr selbstsüchtig von mir.“

„Ach was!“ Er lachte. „Die Kinder sind alle da und werden sicher in der nächsten halben Stunde von ihren Eltern abgeholt. Und das Aufräumen sollten wir auf morgen verschieben. Es ist ja schon fast dunkel.“

„Wenn Sie meinen. Dann werde ich mich mit Evie auf den Weg zum Tierheim machen. Sicher ist da viel zu tun, bei all den herrenlosen Hunden und Katzen.“

Immer noch waren die Sirenen von Krankenwagen und Feuerwehr zu hören. Whit stieß Megan leicht mit der Schulter an. „Ich fürchte, das ist nicht möglich. Für die Zivilbevölkerung sind die Straßen noch gesperrt. Außerdem haben Sie kein Auto.“ Er grinste. „Sie können also gar nichts anderes tun, als hier sitzen zu bleiben und sich auszuruhen. Sie haben es nötig.“

Mit seinen braunen Augen sah er sie an, und sie erkannte, dass er sich wirklich Sorgen um sie machte. Sein Blick hüllte sie ein wie eine warme Decke, war tröstlich und erregend zugleich. Ihre Reaktion irritierte sie. Sicher, dass er sexy war und gut aussah, war ihr schon immer bewusst gewesen. Frauen verfielen ihm reihenweise, und auch das war ein Grund, weshalb sie sich immer von ihm ferngehalten hatte.

Aber an diesem Tag war er nicht der Verführer, sondern ein Mann, der gut und hilfsbereit war. Und so schwer es ihr auch normalerweise fiel, Hilfe anzunehmen, diesmal war sie heilfroh gewesen. Sie ließ sich zurücksinken. „Ich bin Ihnen so dankbar für Ihre Hilfe. Ich weiß, das würden Sie für jeden tun, aber es ist alles andere als selbstverständlich.“

Wieder musterte sie ihn. Wie hatte sie ihn nur so falsch beurteilen können? Er war eben nicht nur der gerissene Geschäftsmann. „Was Sie für mich und mein Kind getan haben, werde ich Ihnen nie vergessen“, fügte sie leise hinzu.

Lächelnd zwinkerte er ihr zu. „Heißt das, dass Sie mir vergeben haben? Dass ich das Tierheim nicht hier in der Nähe haben wollte?“

Hm, das ist ja nun wieder etwas ganz anderes … Sie lachte kurz. „Ich bin Ihnen zwar dankbar, leide aber nicht an Gedächtnisverlust.“ Spontan wandte sie ihm das Gesicht zu und wollte ihn auf die Wange küssen. In diesem Augenblick drehte auch er den Kopf, sodass sich ihre Lippen berührten. Kurz, sehr kurz, und dennoch hatte sie das Gefühl, als würde sie von einem Blitz getroffen.

Ihr stockte der Atem, sie starrte Whit kurz an, dann rückte sie schnell zur Seite. „Ich … äh … ich muss Evie holen. Danke noch mal.“ Sie sprang auf und lief zu ihrer Tochter. Nur weg, weg von diesem Mann, dessen Nähe sie total verwirrte.

Damit hatte sie nicht gerechnet. Obwohl sie es hätte besser wissen sollen. Ihr war doch klar, wie sexy er war, dazu jetzt noch der Glorienschein des Retters in der Not … Aber dass sie genauso leicht zu verführen war wie ihre Mutter, erschütterte sie. Doch hatte sie nicht selbst schon diese Erfahrung gemacht? Auch sie hatte sich schließlich mit einem Mann eingelassen, der sich als unzuverlässig entpuppt hatte. Nein, ihre Tochter verdiente ein besseres Vorbild. Dieser Teufelskreis der schwachen Frauen in ihrer Familie musste endlich durchbrochen werden.

Auch wenn das bedeutete, gehörigen Abstand zu Whit Daltry zu halten.

2. KAPITEL

Sechs Wochen später

Autsch! Whit Daltry fluchte leise, als die halbwilde Katze ihre Krallen in seine Schulter schlug. Sie war an diesem Morgen vor seiner Türschwelle in Pine Valley aufgetaucht, ohne Halsband, das Fell verdreckt. Glücklicherweise kannte er die Geschäftsführerin von Safe Haven, dem Tierheim in Royal. Eine sehr attraktive Frau …

Er packte die Katze fester, stieg aus seinem Pick-up und drückte die Tür mit der Schulter zu. An diesem strahlend schönen Tag konnte man sich kaum vorstellen, dass eineinhalb Monate zuvor ein schwerer Tornado über die Stadt gefegt war und sie schwer verwüstet hatte. Das Tierheim hatte es glücklicherweise nicht getroffen, aber Royal würde noch lange unter den Nachwirkungen zu leiden haben.

Was waren da schon ein paar Kratzer einer verängstigten Katze?!

Aber er hätte so etwas wie eine Transportkiste mitnehmen sollen. Wenn das Tier sich aus seinen Armen befreite, würde es schwer sein, es wieder einzufangen. Zumindest für ihn, der daran nicht gewöhnt war. Das konnte Megan Maguire sicher besser.

Megan … Bei der Vorstellung, sie gleich wiederzusehen, wurde ihm ganz warm, und sein Herz klopfte schneller, als er auf das einstöckige Backsteingebäude zuging. Seit dem Kuss nach der Rettungsaktion – na ja, eigentlich hatten sich ihre Lippen nur kurz berührt – hatte er sie wiedersehen wollen, aber einfach nicht die Zeit gehabt. Einige seiner Apartmenthäuser waren vom Tornado nicht verschont geblieben. Und so hatte er alle Hände voll damit zu tun gehabt, seine Mieter zu beruhigen, die er vorübergehend hatte woanders unterbringen müssen, und die notwendigen Reparaturarbeiten anzustoßen.

Andererseits tat es ihm gut, dass er vor Arbeit kaum zum Nachdenken kam. Denn der Tod von Craig Richardson, einem seiner besten Freunde, machte ihm schwer zu schaffen. Er hatte versucht, Craigs Witwe zu helfen, so gut es ging, aber der Verlust belastete ihn sehr. Wie sollte er nur den Gedenkgottesdienst durchstehen, der in der Woche nach Thanksgiving angesetzt war?

Also hatte er sich mit ganzer Kraft darauf gestürzt, Royal beim Wiederaufbau zu helfen. Er hing sehr an der Stadt, denn hier hatte er sich das erste Mal in seinem Leben zu Hause gefühlt – nach einer Kindheit, in der er fast ständig mit seinen Eltern unterwegs gewesen war. Während der Aufräumarbeiten musste er immer wieder an die Stunden nach dem Sturm denken, an die Rettungsaktion im Kindergarten … und an Megans Kuss.

Eigentlich wusste er, dass der nichts zu bedeuten hatte. Denn sie hatte ihm nur danken wollen. Mit einem Kuss auf die Wange. Und dennoch war er sicher, dass auch sie dabei mehr empfunden hatte als nur Dankbarkeit.

Irgendwie hatte Megan ihn schon immer sehr interessiert – trotz ihrer Streitereien in den vergangenen drei Jahren. Aber er hatte seine Gefühle im Zaum gehalten, weil sie ihm eindeutig klargemacht hatte, dass sie nicht viel von ihm hielt. Doch nach dem Kuss hatte er Mut gefasst. Vielleicht war da doch mehr … Und jetzt bot die Katze ihm einen idealen Vorwand, Megan einen Besuch abzustatten.

Diesmal konnte sie ihm nicht aus dem Weg gehen, so wie die letzten dreieinhalb Jahre, nachdem er ihr das Grundstück vor der Nase weggeschnappt hatte. Erstaunt sah er sich um. Das Haus sah sehr einladend aus, das Gelände rundherum war sauber eingezäunt und bot den herrenlosen Tieren viel Auslauf. Whit packte die Katze fester und betrat die Eingangshalle, die gefliest und pieksauber war. Aber was ist das? Verblüfft sah er sich um. An den Wänden reihte sich ein Drahtkäfig an den anderen, in denen Katzen und kleine Hunde untergebracht waren.

Und ich komme jetzt auch noch mit einer Katze … Whit hatte ein schlechtes Gewissen. Er hatte zwar gehört, dass viele Tiere nach dem Sturm ihr Zuhause verloren hatten. Aber so schlimm hatte er es sich nicht vorgestellt. Wahrscheinlich hatten Megan und ihre Leute alle Hände voll zu tun, die Tiere irgendwo unterzubringen, sauber zu halten und mit dem Nötigsten zu versorgen.

Whit schloss die Tür hinter sich. Die Katze, nervös geworden durch den Geruch der anderen Tiere, fuhr wieder ihre Krallen aus. Whit zuckte zusammen und ging schnell auf eine ältere Frau zu, die hinter dem Empfangstresen saß. Sie telefonierte und machte Whit gestenreich klar, er solle sich einen Augenblick gedulden. Sie war offensichtlich eine der freiwilligen Hilfskräfte, denn er kannte sie. Sie hatte im Rathaus gearbeitet und war seit ein paar Jahren pensioniert.

Sowie sie den Telefonhörer sinken ließ, zog er den Hut. „Guten Morgen, Miss Abigail. Ich …“

Weiter kam er nicht, denn sie unterbrach ihn sofort. „Guten Morgen, Whit. Wie schön, dass Sie ein Tier adoptieren wollen. Unsere Hunde sind hier rechts untergebracht. Die großen allerdings sind draußen und genießen den Auslauf.“ Dann erst sah sie, dass sich eine Katze an ihm festklammerte. „Ach so, Sie haben es eher mit Katzen. Das hätte ich nie gedacht. Also, unsere Kätzchen sind hier an der anderen Seite des Raumes und auch nebenan, wo sie frei herumlaufen können. Wenn Sie eine finden, die Ihnen gefällt, können Sie sie in einem Extraraum mit Ihrem Liebling hier zusammenbringen. Um herauszufinden, ob die beiden sich mögen. Und …“

„Ich bin wegen einer Spende hier“, unterbrach Whit Abigails Redeschwall. Das war eigentlich nicht sein Plan gewesen, aber ihm war klar geworden, wie dringend hier Geld gebraucht wurde.

„Eine Spende? Wunderbar. Ich sage gleich unserer Geschäftsführerin Bescheid. Oh, da ist Megan ja schon.“

Whit wandte sich um. Megan trat aus dem Flur in die Eingangshalle. Sie hatte einen Beagle an der Leine und blieb überrascht stehen, als sie Whit sah. Dann kam sie verhalten lächelnd auf ihn zu.

Das genügte schon, um sein Herz schneller schlagen zu lassen. Diese Lippen … Sie hatte die roten Locken im Nacken zusammengebunden. Ob sich ihr Haar so weich und seidig anfühlte, wie es aussah? Und die helle Haut? Wie gern hätte er es gleich hier und jetzt überprüft … Unmöglich, ich bin wirklich unmöglich, schoss es ihm durch den Kopf. Zwar hatte er diese Gedanken schon gehabt, als sie sich das erste Mal als streitende Parteien in einem Anwaltsbüro begegnet waren, aber ihm musste doch klar sein, dass sie ihn nicht mochte. Und dass sie seine Politik der Stadterweiterung ablehnte, vor allem wenn er eins der Feuchtbiotope trockenlegen ließ, um Bauland daraus zu machen.

Eigentlich kam sie mit jedem in der Stadt gut aus, warum also nicht mit ihm, der doch viel für Royal tat? Irgendwo mussten die Menschen ja schließlich wohnen, und er achtete peinlich genau darauf, dass die Bebauung nicht überhandnahm.

„Megan“, fing Abigail vorsichtig an. „Mr Daltry ist hier und will uns …“

„Eine Katze bringen“, unterbrach Megan sie schroff. „Darauf haben wir auch dringend gewartet.“

„Nein, nein.“ Nur mit Mühe hielt Whit die Pelzkugel fest, die versuchte, seinem festen Griff zu entkommen. „Ich komme für alle Auslagen auf und schreibe Ihnen gern einen größeren Scheck. Aber ich kann die Katze nicht behalten. Sie hat kein Halsband und scheint ziemlich ausgehungert zu sein.“

„Wahrscheinlich hat sie während des Tornados ihr Zuhause verloren und versucht jetzt, sich in der Wildnis durchzuschlagen. Waren Sie schon beim Tierarzt mit ihr? Ist sie gechipt?“

„Nein. Ich habe gehofft, dass Sie mir in der Beziehung helfen können. Hat sich schon jemand nach ihr erkundigt?“

„Leider nein. Sind Sie sicher, dass es ein Weibchen ist?“

„Nein, aber ich vermute es.“

„Hoffentlich ist sie nicht gerade rollig. Oder vielleicht sogar trächtig.“

Mist. Daran hatte er nicht gedacht. Megan gab ihm die Hundeleine in die Hand und nahm ihm die Katze ab. Dabei berührten sich kurz ihre Hände, gleichzeitig nahm er einen Hauch von Zimt wahr. War das ihre Seife? Oder ihre Creme? Auf alle Fälle musste er gleich wieder an den flüchtigen Kuss denken.

Megan schluckte einmal kurz, hielt aber die Augen gesenkt, sodass er nicht sicher war, ob auch sie etwas Ähnliches empfunden hatte. „Hallo, Prinzessin“, flüsterte sie und hielt das Tier mit geübtem Griff. „Dann wollen wir mal sehen, ob du einen Chip hast.“ Sie kniete sich hin und zog einen kastenförmigen Apparat unter dem Tisch hervor. Mit einem Scanner tastete sie den Nacken der Katze ab, dann den ganzen Körper. „Manchmal wandert der Chip durch den Körper“, erklärte sie, schüttelte dann aber den Kopf. „Nichts.“

„Als ich sie gestern fand, war sie ziemlich verfilzt. Ich habe sie dann gebürstet, was sie gar nicht mochte. Und seitdem ist sie sauer auf mich.“

Megan warf ihm einen verblüfften Blick zu. „Sie haben die Katze gebürstet?“

Autor

Catherine Mann
Bestsellerautorin Catherine Mann schreibt zeitgenössische Liebesromane, die im militärischen Milieu spielen. Ihr Mann, der bei der US Air Force arbeitet, versorgt sie mit allen nötigen Informationen, sodass sie keine Recherche betreiben muss.
In der Zeit vor ihren Romanveröffentlichungen machte sie ihren Bachelor in Bildender Kunst auf dem College von Charleston und...
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