Heiße Schwüre - wahre Liebe?

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Meint er, er könne sie noch einmal mit seinen Liebesschwüren erobern? Tanya hat nicht vergessen, dass David sie im Stich gelassen hat. Das passiert ihr nie wieder - auch wenn sie sich mit jeder Faser ihres Körpers nach Davids Zärtlichkeiten sehnt …


  • Erscheinungstag 10.12.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733765996
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Versprich es mir.“

David Taylor kniete neben dem massiven Eichenbett nieder und beugte sich über seinen sterbenden Vater. „Was soll ich dir versprechen?“, fragte er leise. Angesichts ihres zerrütteten Verhältnisses fragte er sich, was so wichtig sein könnte, dass sein Vater ihn überhaupt um etwas bat.

„Versprich mir, dass du dich um Tanya kümmern wirst.“

Das hatte er nicht erwartet. Was auch immer Edward Taylor von ihm gewollt haben könnte, David hätte nie an Tanya Winters gedacht.

Er holte tief Luft und blickte in die müden Augen. Der Mann, der vor ihm lag, ähnelte nicht mehr dem strengen, unnachgiebigen Vater. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst. Mit sechzig hatte der einst dunkelhaarige Mann schlohweißes Haar. Durch den schnellen Gewichtsverlust war seine Haut faltig und käsig geworden. Wegen der Krebserkrankung hatte er rasant abgebaut.

„Dad, ich …“

„Versprich es mir!“ Edward rang nach Luft, als er den schwachen Versuch unternahm, nach dem Arm seines Sohnes zu greifen.

„Ich verspreche es“, sagte David schnell. Mehr konnte er nicht tun, damit sein Vater so kurz vor dem Tod seine innere Ruhe fand. „Jetzt beruhige dich.“ Er umschloss die Hand seines Vaters und half ihm, sich zurückzulegen. Als er die Schmerzen in den Augen des kranken Mannes sah, zuckte er zusammen. „Ich kümmere mich um sie. Du hast mein Wort.“

Es ist kein leichtes Versprechen, dachte David. Seit er auf der Cottonwood Plantage in Georgia angekommen war, hatte er Tanya Winters, die Angestellte seines Vaters, nur ein paar Minuten gesehen. Aber es hatte gereicht, um ungewollte Erinnerungen an tiefe Gefühle wachzurufen – Gefühle, die in den fünf Jahren seiner Abwesenheit nicht verschwunden waren.

Und so, wie sie ihn mit unverhohlener Verachtung begrüßt hatte, hatte sie den hitzigen Abschied nicht vergessen. Doch mit Tanya konnte er sich später befassen. Im Moment zählte nur sein Vater.

Er betrachtete dessen reglosen Körper, die geschlossenen Augen. David hätte es fast nicht rechtzeitig geschafft, nach Hause zu kommen. Der Arzt seines Vaters, Mason Brewer, stand nur einige Schritte entfernt. Er hatte David informiert, dass Edward den Tag wahrscheinlich nicht überleben würde.

David schluckte den Kloß im Hals hinunter. Er konnte immer noch nicht glauben, dass sein Vater im Sterben lag.

„Wir sollten jetzt Tanya holen“, sagte Dr. Brewer mit ruhiger Stimme.

Ihre Blicke trafen sich. David nickte und stand auf. Er hatte weniger als dreißig Minuten allein mit seinem Vater verbracht, doch er hatte das Gefühl, dass sie in dieser kurzen Zeit eine Art Frieden geschlossen hatten. Sie waren nie gut miteinander ausgekommen, und jetzt würden sie nicht mehr die Chance haben, sich wirklich zu versöhnen.

Davids Mutter Eloise war gestorben, als er zehn Jahre alt gewesen war. Nach dem Verlust seiner Frau war Edward nicht mehr derselbe gewesen. Als Kind hatte David immer versucht, seinem Vater Freude zu machen. Als Teenager hatte er es dann aufgegeben, weil nichts, was er sagte oder tat, eine Brücke zwischen ihnen schlagen konnte.

Nach dem Examen war er weggezogen. Seine Entscheidung, nicht zu bleiben und seinem Vater bei der Leitung der Erdnussplantage zu helfen, hatte den bereits bestehenden emotionalen Riss zwischen ihnen noch vertieft.

Deshalb hatte er die Plantage etwas außerhalb von Cotton Creek, einer ländlichen Stadt eine Stunde von Savannah entfernt, verlassen, um sein Glück woanders zu machen. Und es war ihm gelungen. Sein in Atlanta ansässiges, auf Firmenübernahmen spezialisiertes Unternehmen Taylor Corp. hatte ihn zu einem wohlhabenden und erfolgreichen Mann gemacht. Aber selbst das hatte ihm nicht die Anerkennung seines Vaters eingebracht.

Die Tür öffnete sich, und Tanya Winters betrat den Raum. Davids Blick folgte den flüssigen, ja, anmutigen Bewegungen, als sie langsam durch das Zimmer schritt. Als Siebzehnjährige war sie süß gewesen; und nun als erwachsene Frau konnte sie nur als atemberaubend bezeichnet werden.

Auch wenn ihr jetzt die Strapaze anzumerken war, die Edwards Krankheit mit sich gebracht hatte. Sie hatte ihre glatten, blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die bernsteinfarbenen Augen waren vom Weinen rot und geschwollen, und ihr Blick war unendlich traurig.

Als David zur Seite trat, sah Tanya ihn nur flüchtig an und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit seinem Vater. Obwohl ihre Bewegungen mühelos wirkten, spürte er, wie viel Energie es sie kostete, sich zusammenzureißen und sich dem Bett zu nähern.

Sie setzte sich neben seinen Vater und beugte sich zu ihm. „Ich bin da, Edward“, flüsterte sie. Ihre Stimme zitterte. Mit ihren schlanken Fingern nahm sie die runzlige Hand seines Vaters und hielt sie, während sie mit der anderen über seine Stirn strich.

Sie sprach nah an seinem Ohr, und er sah, dass sich das zerfurchte Gesicht des alten Mannes veränderte und seine Augen für einen Moment strahlten. Ein schwaches Lächeln umspielte seine trockenen Lippen.

Bei Tanyas Anblick verspürte David Eifersucht und Verbitterung. Er hatte nicht damit gerechnet, überhaupt etwas für sie zu empfinden, doch in dem Moment, als sie ihn an der Tür begrüßt hatte, war im bewusst geworden, dass sein Auszug nicht geholfen hatte, sie zu vergessen.

Ihrem kalten Blick nach zu urteilen hatte sie seinen Übergriff an jenem letzten Tag in Cottonwood, als er sie in die Arme gezogen und geküsst hatte, bevor er das Haus verließ, nicht verziehen. Während David sich wie ein Außenseiter im Haus seines Vaters vorkam, schien sie sich wohlzufühlen, als hätte sie mehr Rechte als er, hier zu sein.

Sie war als junges Mädchen durch eine Jugendhilfemaßnahme auf die Plantage gekommen. Sein Vater hatte das junge Straßenkind sofort gemocht. Und wie es aussah, hatte sich ihre Beziehung vertieft – sie standen sich näher, als David und sein Vater es jemals geschafft hatten. Er drehte sich weg, um Tanya und seinem Vater einen ungestörten Moment zu bieten.

Als er ein Röcheln hörte, drehte er sich wieder um. Sein Blick richtete sich sofort auf sie. In – wie es schien – Zeitlupentempo trat Dr. Brewer ans Bett und zog sein Stethoskop hervor. Tanya sackte auf der Bettkante zusammen. Als wäre es das Normalste auf der Welt, als wäre er nicht jahrelang weg gewesen, ging David zu ihr. Er legte den Arm um ihre Schulter und zog sie weg. Auch wenn sie ihn nicht mochte, seinen Vater hatte sie geliebt.

Davids Blick begegnete dem des Arztes, der ruhig das Schlimmste bestätigte. Sein Vater war gestorben.

Mit einem leisen Aufschrei drehte Tanya sich in Davids Umarmung und legte den Kopf an seine Schulter. Traurig nickte er Dr. Brewer zu. Dann wollte er Tanya aus dem Zimmer führen, doch sie machte sich steif und versuchte sich loszureißen. „Du kannst jetzt nichts für ihn tun, Tanya“, sagte David leise. „Komm.“

Vor Trauer und Verzweiflung zitternd brach Tanya Winters in Tränen aus, als David sie aus dem Schlafzimmer die Treppe hinunter ins Wohnzimmer führte. Helles Sonnenlicht fiel durch die Fenster, ein fast schmerzlicher Kontrast zu der dunklen Leere, die sie innerlich fühlte. Der einzige Mensch, den sie geliebt hatte, war tot. Was sollte sie ohne ihn tun?

Wieder überkam sie die Angst. Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen, nahmen ihr die Kraft. Halt suchend klammerte sie sich an David.

Er hielt sie fest, verhinderte, dass sie zusammenbrach, und flüsterte ihr ins Ohr, dass alles gut würde.

Oh, sie wollte ihm so gern glauben. Aber wie sollte alles gut werden? Der Mann, der ihr eine Chance gegeben hatte, als niemand anders ihr helfen wollte, war tot. Sie sah sich in dem großen, makellos aufgeräumten Raum um und suchte Trost in der vertrauten Umgebung. Das Sofa mit dem Blumendruck. Der massive handgeschnitzte Kaminsims über der Feuerstelle. Diese wunderbare Plantage in Georgia war der einzige Ort, den sie ein Zuhause nennen konnte.

Ihr Leben vor dem Einzug hier blieb ihr ein Rätsel. Sie konnte sich immer noch nicht erinnern, wie sie es dazu gekommen war, dass sie mit siebzehn bewusstlos auf einer Landstraße gelegen hatte. Wegen einer durch eine schwere Gehirnerschütterung bedingten retrograden Amnesie erinnerte sie sich an nichts mehr.

Sie wusste nur das, was das Personal im Krankenhaus ihr anhand ihres Ausweises gesagt hatte – dass sie Tanya Winters war, ein Straßenkind ohne Familie. Durch einen Glücksfall hatte Edward Taylor von ihrer Notlage gehört und ihr eine zweite Chance geboten, nämlich auf seiner Erdnussfarm zu arbeiten.

Sie hatte so viel von ihm gelernt, hatte Seite an Seite mit ihm gearbeitet und seine Zuwendung und all sein Wissen aufgesogen. Wegen des harten Wettbewerbs wurde es immer schwerer, mit Erdnüssen einen vernünftigen Gewinn zu erzielen. Auf ihr Drängen hin hatte er den Hauptanbau von Erdnüssen auf Sojabohnen verlagert.

Tanya hatte Recherchen über die wachsende Sojabohnenindustrie angestellt und Edward mit einer Fülle von Informationen versorgt, aufgrund derer er fundierte Entscheidungen treffen konnte. Die Farm machte derzeit mehr Profit als seit Jahren.

Was würde jetzt aus ihr werden? Tanya liebte dieses Haus, das Land und die Menschen, die hier arbeiteten. Sie liebte die idyllische Kleinstadt Cotton Creek, wo sie so akzeptiert wurde, wie sie war. Den Menschen war es egal, dass sie aus armen Verhältnissen kam. Würde David sie nach dem Tod seines Vaters hier wohnen und die Plantage weiter managen lassen?

Träum weiter!? Nach dem peinlichen Abschied vor Jahren war sie erstaunt, dass er sie überhaupt tröstend in den Arm genommen hatte. In jenem Sommer vor fünf Jahren war er vom College zurückgekehrt, und obwohl sie damals für ihn schwärmte, hatte er von kaum Notiz ihr genommen. David hatte mit seinem Vater ständig gestritten und am Ende des Sommers verkündet, dass er die Plantage verlassen würde.

Um ihn zum Bleiben zu bewegen, hatte sie sich ihm an den Hals geworfen. Er hatte sie geküsst, dass ihr Hören und Sehen verging, und dann hatte er sie von sich gestoßen und war aus dem Haus gestürmt.

Seine Zurückweisung war furchtbar gewesen.

Aber sie war nicht mehr dieser schüchterne, ungeratene Teenager. Edward hatte ihr Selbstbewusstsein und Halt gegeben. Und jetzt war es wichtiger denn je, stark zu sein.

Ihre Tränen versiegten. Sie hob den Kopf und begegnete Davids Blick. „Es tut mir leid.“ Verwirrt darüber, dass sie seine Nähe so intensiv wahrnahm, löste Tanya sich aus seiner Umarmung. Er sollte nicht wissen, dass sie ihn immer noch mochte und er nach wie vor Gefühle in ihr weckte. Es liegt an der Trauer, redete sie sich ein. Deshalb bin ich aus dem Gleichgewicht.

Sie putzte sich die Nase, und als sie ihn wieder ansah, bemerkte sie, dass er sie scharf musterte. In dem Moment war der Schock darüber, dass sie sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte, nichts im Vergleich zu ihrem wachsenden Ärger. Obwohl sie wusste, dass sich Vater und Sohn zerstritten hatten, war sie enttäuscht, dass er nicht sofort nach Hause zurückgekehrt war, nachdem er von der Krankheit seines Vaters erfahren hatte.

„Was war los, David?“, fragte sie und blieb vor einem der schmalen Fenster stehen. „Warum hat es so lange gedauert, bis du nach Hause gekommen bist?“

„Als du angerufen hast, war ich im Ausland.“ Er spitzte die Lippen. „Und dann kam es wegen des schlechten Wetters an der Westküste zu einer unerwarteten Verzögerung. Ich bin gekommen, so schnell ich konnte.“

Sie starrte ihn an, ihr Blick war hart und unerbittlich. „Dein Vater ist vor zwei Monaten ernsthaft krank geworden.“

„Was?“

Tanya betrachtete ihn und erkannte, dass sie ihn tatsächlich überrascht hatte. „Wusstest du das nicht?“

„Ich hatte keine Ahnung.“

„Aber er hat mir gesagt, dass er dich angerufen hat“, beharrte sie. „Ich habe ihn mehrere Male gebeten, den Versuch zu unternehmen, sich mit dir zu versöhnen.“

„Eher wäre die Hölle zugefroren, als dass er den ersten Schritt getan hätte.“ David steckte die Hände in die Taschen. „Wir haben vor ein paar Monaten kurz miteinander gesprochen, doch er hat seine Krankheit nicht erwähnt. Seitdem habe ich nicht mehr von ihm gehört.“

Sie holte tief Luft und seufzte. „Er erzählte, dass er dich angerufen hat, aber er hat mir nie gesagt, worüber ihr gesprochen habt. Ich bin davon ausgegangen, dass er dich über seine Krankheit informiert hat. Dann fragte ich ihn, ob du nach Hause kommst, was er verneint hat.“ Sie sah ihn unverwandt an. „Ich dachte, du kämest nicht, weil er dir gleichgültig ist.“

„Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass er krank war“, versicherte er ihr. „Davon habe ich erst gehört, als ich vor zwei Tagen deine Nachricht bekam. Ich wäre früher gekommen, wenn ich es gewusst hätte.“

„Wirklich?“ Tanya wollte ihm glauben. Wie gern wollte sie glauben, dass er nicht der gefühllose, egoistische Mensch war, für den sie ihn hielt. Doch seine fünfjährige Abwesenheit sagte etwas anderes aus. Wenn er seinen Vater gern gehabt hätte, dann hätte er versucht, ihn zu verstehen.

„Ich denke, für die Beerdigung müssen einige Vorkehrungen getroffen werden“, wechselte David das Thema. Er wollte mit Tanya nicht über seine Gefühle für seinen Vater sprechen.

Tränen rollten ihr über die Wangen. Sie wischte sie hastig weg. „Nein. Edward hat alles mit seinem Anwalt besprochen. Ich habe versucht, ihm zu helfen, aber er beharrte darauf, dass ich genug mit der Leitung der Plantage zu tun habe.“

„Leitung der Plantage?“ David starrte sie ungläubig an. „Du leitest sie?“

Tanya hob das Kinn. „Ja.“ Er kam näher und blieb direkt vor ihr stehen. Sein fragender Blick ärgerte sie.

„Du bist viel zu jung und unerfahren, um die ganze Plantage zu leiten.“

„Zu jung?“, wiederholte sie beleidigt. „Was meinst du wohl, wer sich um alles gekümmert hat, seit dein Vater krank war?“

„Du hast sicher in den letzten Monaten dein Bestes gegeben, aber es fällt mir schwer, zu glauben, dass du die Plantage allein geleitet hast.“

Für einen Moment war Tanya sprachlos über so viel Arroganz. „Aufgrund des schlechter werdenden Gesundheitszustandes deines Vaters habe ich mich schon seit einiger Zeit um alles gekümmert. Abgesehen von den Routinearbeiten habe ich einen Computer angeschafft, um Büro und Buchhaltung ins 21. Jahrhundert zu bringen. Ich kümmere mich auch um das Haus und beaufsichtige die Angestellten.“

Fünf Menschen teilten sich die Arbeit im Haushalt und auf der Plantage. Edward war sehr stolz auf das Anwesen seiner Vorfahren gewesen.

„Du hast dich hier ziemlich häuslich eingerichtet, was?“ In Davids ruhiger Stimme schwang ein leichter Vorwurf mit. Wenn sein alter Herr die Leitung der gesamten Plantage in Tanyas unreife Hände gelegt hatte, dann hatte die Krankheit vielleicht seinen Verstand beeinträchtigt.

Ein anderer Gedanke kam ihm. Vielleicht hatte Tanya seinen Vater manipuliert, damit sie sein Vermögen erbte. Sie war als Straßenkind hierhergekommen, alles andere als harmlos. Ganz sicher wollte sie ein Leben auf Cottonwood mit Angestellten, die nach ihrer Pfeife tanzten, nicht aufgeben. Und da er jahrelang weg gewesen war, hatte sie Zeit genug gehabt, daran zu arbeiten, dass ihr Name im Testament seines Vaters stand.

Eigentlich sollte es David egal sein. Aber hier ging es nicht nur um Geld. Aus leidvoller Erfahrung wusste er, wie es sich anfühlte, von einer Frau ausgenutzt zu werden. Er hatte sich von seiner Verlobten Melanie getrennt, als er feststellen musste, dass sie nur an seinem Geld interessiert war. Zum Glück hatte er die Dollarzeichen in ihren Augen entdeckt, bevor er sie zum Altar geführt hatte.

Und er würde nicht tatenlos zusehen, dass alles, wofür sein Vater gearbeitet hatte, auf Tanya Winters überging.

„Häuslich eingerichtet? Was meinst du damit?“ Tanya fühlte sich, als wäre sie geschlagen worden.

Die Eifersucht übermannte David. Welche Art von Beziehung hatte sie zu seinem Vater gehabt? „Was hast du sonst noch für meinen Vater getan?“ Er blickte auf ihren Mund. Nur zu gut erinnerte er sich, wie erregend es gewesen war, sie zu küssen. Und wie schwer es ihm gefallen war, sie und die Plantage zu verlassen.

„Du beleidigst mich und die Erinnerung an deinen Vater“, stieß Tanya hervor. „Dein Vater …“, begann sie, dann brach ihr die Stimme. Sie holte tief Luft und versuchte es noch einmal. „Dein Vater war sehr nett zu mir. Er hat mir ein Zuhause gegeben, einen Ort, an den ich gehöre.“

„Entschuldige, ich bin zu weit gegangen.“

„Schon gut.“ Sie klang aber nicht wirklich beschwichtigt.

Er zog eine Augenbraue hoch. „Deine Erinnerung ist nicht zurückgekehrt?“

Sie schüttelte traurig den Kopf. Wie sehr wünschte sie, das Gegenteil wäre der Fall. Dennoch erzählte sie ihm nicht, dass sie in letzter Zeit seltsame Gefühle gehabt hatte, eine merkwürdige Wahrnehmung von … irgendetwas. Vielleicht hatte sie sich auch alles nur eingebildet. Da sie Edward nicht beunruhigen wollte, hatte sie nicht einmal ihm davon erzählt. Auch nicht von den intensiven, beunruhigenden Träumen in den letzten Monaten. „Ich kann mich an nichts erinnern, was war, bevor ich im Krankenhaus aufgewacht bin.“

Lebhaft erinnerte sie sich aber an die Angst, die sie verspürt hatte, als sie in fremder Umgebung erwachte. Sie hatte keine Menschenseele gekannt. Und dann die Panik, als sie feststellte, dass sie nicht einmal ihren eigenen Namen wusste. Laut Polizei war sie ein Straßenkind mit einem beachtlichen Jugendstrafregister, das in eine Erziehungsanstalt sollte. Edward hatte sie vor dieser schrecklichen Erfahrung bewahrt und ihr die Chance geboten, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben.

„Dann bist du also aus Dankbarkeit auf Cottonwood geblieben?“

„Anfangs.“ Hauptsächlich war es Angst gewesen. Weil es nichts anderes für sie gegeben hatte. Sie hatte etwas, jemanden gebraucht, an den sie sich klammern konnte.

„Verstehe.“

„Tatsächlich?“ Sie sah den Zweifel in seinen Augen. Er war jahrelang woanders gewesen. Sie hatte seine Haltung als Ignoranz abgetan. „Ich kümmere mich seit fast einem Jahr um das Tagesgeschäft auf der Plantage. Obwohl Edward zu dem Zeitpunkt noch nichts von seiner Krankheit wusste, begann er, es langsamer angehen zu lassen. Dein Vater hat darauf vertraut, dass ich mich um alles kümmere.“

David betrachtete sie einen Moment. „Zu der Leitung dieser Plantage gehört mehr, als nur Erdnüsse anzubauen.“

Er weiß es nicht, dachte sie. Er hat keine Ahnung, dass auf dieser Plantage keine Erdnüsse mehr angebaut werden. Tanya öffnete den Mund, um es ihm zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder und entschied, noch etwas zu warten, bis sie ihm davon erzählte.

„Ich weiß.“ Sie straffte die Schultern. Er war gut eins achtzig groß und überragte sie um einiges, doch sie wehrte sich dagegen, sich von seiner Größe einschüchtern zu lassen. „Ich habe mit dem Computer einen Plan für den Anbauwechsel in den nächsten fünf Jahren erstellt.“

Abgesehen davon, dass sie sich hauptsächlich auf Sojabohnen konzentriert hatten, pflanzten sie auch Baumwolle an. Ein Wechsel im Anbau war wichtig, um Schädlinge abzuwehren und Jahr für Jahr eine gute Ernte zu garantieren. „Und ich habe persönlich einen Krankenversicherungsplan für die Festangestellten deines Vaters ausgehandelt. Man kann nicht sagen, dass ich mich von deinem Vater habe durchfüttern lassen.“

„Ich wollte nicht andeuten, dass du nicht gearbeitet hast.“

„Das hast du aber.“

Sie hat mich erwischt, dachte David. Offensichtlich hielt Tanya das Ruder fester in der Hand, als ihm bewusst gewesen war. Das machte es umso schwerer, ihr zu sagen, dass sie hier nicht mehr gebraucht wurde.

„Hör zu, ich will wirklich nicht mit dir streiten. Ich glaube dir, dass du dein Bestes gegeben hast.“ David hatte die Geschäftsbücher noch nicht gesehen, deshalb würde er sie nicht zu ihrem Erfolg beglückwünschen.

Ihr Gesicht wurde weicher. „Ich habe es getan, weil ich ihn geliebt habe.“

„Er mochte dich auch sehr.“ David betrachtete sie nachdenklich. „Seine letzten Worte galten dir.“

„Wirklich?“ Überrascht riss sie die Augen auf. Dass sein Vater von ihr gesprochen hatte, wärmte ihr Herz. „Was hat er gesagt?“

Einen Moment schwieg David, als würde er die Worte seines Vaters lieber für sich behalten. „Ich musste ihm versprechen, dass ich mich um dich kümmere.“

„Was?“ Verblüfft blickte sie ihn an. David sollte sich um sie kümmern? Das war ja zum Lachen. Er mochte sie nicht einmal.

„Ich habe ihm mein Wort gegeben.“ Er zögerte und fuhr dann fort: „Du musst also keine Angst haben, dass ich dich einfach hinauswerfe. Ich habe mir gedacht, dass es eine gute Idee wäre, wenn du ans College gingest. Bisher hattest du diese Möglichkeit nicht. Ich werde dir ein Konto einrichten.“

Es dauerte einen Moment, bis die Worte bei Tanya angekommen waren. Als es so weit war, begann ihr Herz wie wild zu pochen. „College?“ Sekunden später wich die Überraschung dem Zorn. „Es ist nicht zu fassen. Dein Vater ist noch nicht einmal kalt, und du wirfst mich schon raus?“

David schüttelte den Kopf. „Ich werfe dich nicht …“

„Du herzloser Mistkerl. Jetzt weiß ich, warum du und dein Vater nicht miteinander ausgekommen seid.“

Ärger blitzte in seinen Augen auf. „Du weißt überhaupt nichts von mir.“

„Als du gegangen bist, hast du ihm das Herz gebrochen.“ Sie schnappte sich vom Tisch ein Foto von David, das ihn zeigte, als er mit dem College fertig war. „Ich weiß, dass er an manchen Tagen in diesem Raum gesessen und dein Bild angestarrt hat. Kaum eine Woche verging, in der er nicht von dir gesprochen hat.“ Sie stellte das Bild zurück. „Aber jetzt weiß ich, wie kaltherzig du bist.“

Tanya wollte um ihn herumgehen, blieb dann aber stehen. „Ich möchte dich etwas fragen, David. Was weißt du von dieser Plantage? Du warst seit Jahren nicht hier. Was weißt du zum Beispiel über den Anbau von Sojabohnen?“ Sie sah ihn unverwandt an und beobachtete, wie sein Gesichtsausdruck sich veränderte.

„Sojabohnen?“, fragte er überrascht.

„Ja. Sojabohnen. Dein Vater hat vor einigen Jahren den Hauptanbau von Erdnüssen auf Sojabohnen verlagert.“ Sie lachte verbittert auf. „Das wusstest du nicht? Nein, natürlich nicht. Weil du dich nicht dafür interessierst, was auf dieser Plantage passiert. Ich weiß über diese Farm viel mehr als du.“

So ungern David es zugab, sie hatte recht. Er war nicht mehr hier gewesen seit dem Sommer, als er sein Studium beendet hatte. Auch hatte er selten telefoniert. „Warum baut mein Vater keine Erdnüsse mehr an?“

„Was spielt das für eine Rolle? Im Moment brauchst du mich.“

David schüttelte den Kopf, versuchte zu begreifen, was sie sagte. Wenn das stimmte, dann war er tatsächlich auf sie angewiesen. Das bedeutete aber nicht, dass er ihr vertraute. „Wir versuchen es probeweise. Du bleibst für, sagen wir, drei Monate. Wenn du die Plantage nicht leiten kannst, gehst du. Mein Angebot, dich an ein College zu schicken, steht dann immer noch.“ Es schien die perfekte Lösung zu sein. Egal was sie sagte, Tanya konnte diese Farm nicht leiten.

Sie wich seinem Blick nicht aus. Wenn er glaubte, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen sei, dann täuschte er sich. „Abgemacht.“ Damit drehte sie sich um und wollte gehen, doch David hielt sie am Arm fest. „Nimm deine Hand von meinem Arm.“

Er gehorchte sofort. „Wir sind noch nicht fertig.“

„Doch. Für heute habe ich genug von dir.“ Sie ging zur Tür und riss sie auf.

„Tanya!“, rief er, doch sie stürmte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.

Toll, dachte er. Das hast du ja super gemacht.

Und Sojabohnen? Was war das denn? Warum hatte sein Vater, der sein Leben lang Erdnüsse angebaut hatte, auf Sojabohnen umgestellt? Das ergab doch keinen Sinn.

David schenkte sich einen Whiskey ein. Er starrte auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit, dann kippte er sie hinunter. Er hatte nicht die Absicht gehabt, Tanya das Gefühl zu geben, als müsste sie die Farm sofort verlassen. So merkwürdig es war, insgeheim wollte er sogar, dass sie blieb. Doch wenn sie blieb, dann würde sie ihm unter die Haut gehen.

Autor

Shirley Rogers
Shirley Rogers lebt in Virginia, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Sie ist das jüngste von fünf Kindern und ist sehr glücklich ihre Familie, bis auf ihren Sohn, der in Tennessee lebt, in der Nähe zu haben. Sie teilt ihr Zuhause mit ihrem Mann, mit dem sie 29 Jahre verheiratet...
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