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Er soll als Junggeselle versteigert werden?! Nur, um damit Spenden für die Kinderklinik zu sammeln, sagt Dr. Liam Thayer schließlich zu. Eine neue Liebe ist schließlich das Letzte, was der junge Witwer will. Aber warum sprühen dann die Funken bei seinem Date mit der schönen Kate?


  • Erscheinungstag 04.03.2019
  • Bandnummer 5
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745882
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Eine Junggesellenversteigerung?

Im Ernst?

Dr. Liam Thayer musterte seinen Vorgesetzten eindringlich und suchte nach einem Hinweis, dass es sich hierbei um einen Witz handelte. Doch der Gesichtsausdruck von Cullen Dunlevy, dem Chefarzt der Celebration Memorial Klinik, blieb ernst. Ebenso ernst wie die Miene der hübschen Blonden an seiner Seite.

Trotzdem. Das konnte doch nur ein schlechter Scherz sein – ein Gag, um die Stimmung in dem kurzfristig einberufenen Meeting aufzulockern.

Bitte. Denn ein wenig Erheiterung konnte Liam wirklich gebrauchen. Es war einer dieser Tage, an denen schon vor dem Frühstück alles danebenging.

Die Zwillinge wollten nicht aus ihren Betten. Erst fünf Minuten vor Abfahrt kamen sie verschlafen die Treppe herunter. Das war auch der Augenblick, in dem Amanda wieder einfiel, dass am Nachmittag ein Klassentreffen stattfinden sollte – und dass sie dafür Cupcakes hätte backen sollen.

Gerade, als Liam die Mädchen zur Eile drängte und die Idee äußerte, einen Umweg über die Bäckerei zu machen, um zumindest ein paar Kuchen zu kaufen, war der Hund durch die Hintertür entwischt, um einer Katze nachzurennen.

Dann verstrichen weitere zehn Minuten mit einer wilden Verfolgungsjagd, bis Liam den freudig bellenden Frank wieder eingefangen, ihm das Halsband angelegt und ihn zurück ins Haus gezerrt hatte.

Für die Cupcakes war schließlich keine Zeit mehr, und als Liam die Mädchen endlich an der Schule absetzte, lagen ihre Nerven blank.

Zumindest Amandas und Liams Nerven. Calee konnte das alles nichts anhaben. Sie lebte in ihrer eigenen Welt – einer Welt der Prinzen, Nussknacker und Schwäne, in der sich alles nur ums Tanzen drehte. Solange sie sich auf die täglichen Ballettstunden freuen konnte, war sie glücklich.

Nicht so Amanda. Sie war aus demselben Holz geschnitzt wie ihr Vater und ließ sich nicht leicht die rosarote Brille aufsetzen.

Die Mädchen hatten die Liebe zum Tanzen von ihrer Mutter geerbt. Joy hatte damals das Tanzen aufgegeben, um Liam zu heiraten und eine Familie zu gründen.

Aber heute wollte Amanda nicht einmal zur Tanzstunde gehen. Sie hatte ihren Vater angefleht, die Stunde ausfallen zu lassen, damit sie länger bei dem Klassentreffen bleiben konnte. Doch Liam hatte sie daran erinnert, dass sie die anderen Tänzerinnen nicht hängen lassen durfte.

Immerhin hatte er ihr versprochen, ihre Haushälterin Rosie um Cupcakes zu bitten. Rosie war eine Perle. Liam konnte sich darauf verlassen, dass die praktisch veranlagte Frau die Küchlein backen und Amanda später in die Schule bringen würde.

Trotzdem wollte Amanda nicht lockerlassen. „Darf ich dann länger beim Klassentreffen bleiben? Rosie könnte mich ja später zur Tanzstunde fahren.“

Liam war mit seiner Geduld am Ende. „Kommt nicht infrage. Rosie kann nicht den ganzen Tag für dich da sein. Das nächste Mal solltest du einfach früher daran denken, wenn du etwas in die Schule mitbringen sollst.“

Doch schon in dem Moment, in dem er es aussprach, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte das nicht sagen dürfen. Zumindest nicht in diesem Ton. Amandas trauriges Gesicht ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, seit er im Konferenzsaal der Klinik saß.

Doch hier war er nicht Vater, sondern Arzt. Und der Spagat zwischen diesen beiden Rollen fiel ihm nicht immer leicht.

Besonders an Tagen wie diesen vermisste er seine Frau Joy schrecklich. Sie hatte sich nicht nur um Cupcakes, Elternabende und neue Ballettschuhe gekümmert, sondern die Gabe gehabt, sich in ihre Töchter einzufühlen und die Wogen zu glätten, wenn es – wie heute Morgen – mal etwas stressiger zuging.

Liam hatte sich oft gefragt, wie es seiner Frau gelungen war, sich um alle Dinge gleichzeitig zu kümmern. Trotz ihrer zierlichen Figur und ihres schönen, sanften Gesichts war sie ein unglaubliches Energiebündel gewesen und hatte immer Wärme und Tatkraft ausgestrahlt.

Aber dann begannen Liams Gedanken sich im Kreis zu drehen, und die verbotene Erinnerung an den Abend kehrte zurück, als ein Polizist auf ihrer Veranda erschienen war und gefragt hatte: „Ist dies das Haus von Joy Thayer?“

Er hatte Liam nur gesagt, dass es einen Unfall gegeben hatte, und ihn gebeten, ihn ins Krankenhaus zu begleiten.

Und nachdem Liam den leblosen Körper seiner Frau identifiziert hatte, waren sein Leben und das Leben seiner Töchter zerstört.

Liam rieb energisch mit dem Handrücken über seine Augen. Zwei Jahre waren seitdem vergangen. Ob das Leben ohne Joy jemals einfacher würde? Schwer vorstellbar. Liam zweifelte auch daran, was der Trauerbegleiter ihm damals versprochen hatte: dass das grauenvolle Gefühl der Ohnmacht eines Tages nachlassen und einem Schmerz weichen würde, mit dem man zumindest leben konnte.

Leben musste. Denn Liam hatte für seine Töchter zu sorgen – auch wenn er sich fühlte, als sei ein Teil von ihm zusammen mit Joy gestorben. Der Teil, der ihn lachen, lieben und atmen ließ.

Aber die Welt hielt nicht inne, um zu trauern. Sie wurde nicht einmal langsamer. Im Gegenteil. Und wenn es einem nicht gelang, mitzuhalten, würde man einfach untergehen.

Liam straffte sich. Wenigstens in seinem Job konnte er alles geben. Und im Moment gab es Wichtigeres zu tun, als seine Zeit im Konferenzsaal zu vertrödeln. Junggesellenversteigerung? Du liebes bisschen.

Doch Liams Hoffnung, es könnte sich um einen Scherz handeln, wurde spätestens in dem Moment zerstört, in dem Dunlevy sich der Blonden zuwandte. Ein ungewöhnlich sanftes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. „Darf ich vorstellen? Das ist Kate Macintyre, Vorsitzende der Macintyre Stiftung“, erklärte er.

„Sie und ihr Mitarbeiterstab haben unermüdlich daran gearbeitet, Spendengelder für den neuen Flügel zu sammeln, in dem bald die Kinderklinik untergebracht wird. Ich möchte ihr nun das Wort übergeben, damit sie Ihnen mehr darüber berichten kann.“

Richtig, der neue Flügel der Celebration Memorial Klinik. Joy hatte sich gleich für die Idee begeistert. Sie war sogar eine der Ersten gewesen, die sich freiwillig für die Organisation einer spontanen Spendengala gemeldet hatten.

„Guten Morgen“, begrüßte die Blonde das Kollegium.

Wie war doch gleich ihr Name?

„Und vielen Dank, Dr. Dunlevy, dass ich an diesem Meeting teilnehmen darf. Außerdem möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen allen dafür bedanken, dass Sie ebenfalls etwas zu der Spendensammlung beitragen möchten. Die neue Kinderklinik ist ein Projekt, das mir und meiner Familie ganz besonders am Herzen liegt. Ich bin sehr stolz auf das, was wir bisher gemeinsam erreicht haben – und freue mich, dass nun der letzte große Schritt ansteht.“

Das ihr und ihrer Familie am Herzen liegt? Liam sah verstohlen auf ihre linke Hand. Sie trug keinen Ehering. Intuitiv glitt sein Daumen zu seinem Ring. Liam hatte ihn nie abgenommen. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass ihm der Ring Bodenhaftung gab. Und er erinnerte ihn daran, was im Leben wirklich zählte: die Familie.

Die Blonde wandte sich nach links an seinen Kollegen Charlie Benton. „Würden Sie sich bitte einen Zettel nehmen und die übrigen weiterreichen? Danke.“ Der Internist lächelte sie an und nahm eifrig den Stapel entgegen.

Na toll. Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, würde Charlie auch losrennen und ihr Milchkaffee und Sandwiches holen. Hol das Stöckchen, dachte Liam spöttisch. Er sah sich um. Jeder Mann im Raum hing wie gebannt an den Lippen der Blonden. Offensichtlich war Liam der Einzige, der gegen ein hübsches Gesicht und zwei lange Beine immun war.

„In den vergangenen drei Jahren hat die Macintyre Stiftung eng mit der Celebration Memorial Klinik zusammengearbeitet, um Geld für den dringend benötigten Bau des neuen Flügels zu sammeln“, fuhr sie fort.

„Dabei hat uns die Spendenabteilung des Krankenhauses zur Seite gestanden. Sie haben großartige Arbeit geleistet. Nun fehlen uns nur noch fünf Prozent, um unser Ziel von zwei Millionen Dollar zu erreichen.“

Sie sah sich um und erntete überall anerkennende Blicke. „Es freut mich ganz besonders, dass Dr. Dunlevy eingewilligt hat, ein letztes großes Spendenevent aufzuziehen. Dabei sollen Sie – die Ärzte der Celebration Memorial Klinik – die Schlüsselrolle spielen. Und als ich erfuhr, dass ich es hier mit sieben gut aussehenden alleinstehenden Männern zu tun habe, kam mir die Idee.“

Ihre blauen Augen funkelten, als sie nun nacheinander jeden der Kollegen musterte. Sie wirkte überzeugend und aufrichtig engagiert. Sie macht ihren Job gut, dachte Liam insgeheim.

„Es wird also eine Junggesellenversteigerung geben. Bitte halten Sie sich den Termin frei, Samstag in einer Woche. Es wird die erste Veranstaltung dieser Art in Celebration, und ich möchte, dass es ein voller Erfolg wird.“

Liam rutschte unbehaglich an die Stuhlkante heran und unterdrückte den Impuls, aufzustehen und sich zu entschuldigen. Demnach war das kein Witz. Aber er würde dabei nicht mitmachen. Nie im Leben würde er sich in die peinliche Situation bringen, an die höchstbietende Dame versteigert zu werden. Auch wenn es für einen guten Zweck war.

Als Kinderarzt und alleinerziehender Vater hatte er ohnehin kaum Gelegenheit, Zeit mit seinen Töchtern zu verbringen. Er würde den Teufel tun und einen Samstagabend damit verschwenden, an so einem albernen Spiel teilzunehmen.

Und obendrein noch ein Date! Mit einer womöglich überkandidelten, unerträglichen Societylady, die nichts Besseres zu tun hatte, als ihre Zeit mit Galas und Bällen zu verbringen.

Und wenn er ganz ehrlich zu sich war, musste Liam sich eingestehen, dass sich ein Date wie ein Verrat an Joy anfühlen würde. Auch wenn es sich dabei nicht um ein echtes Date handelte.

Dass Joy nicht mehr am Leben war, bedeutete schließlich nicht, dass er nicht mehr verheiratet war. Er war kein unbeschwerter Single wie seine Kollegen.

„Stimmt etwas nicht, Dr. Thayer?“ Cullen sah ihn aufmerksam an. „Sie scheinen sich nicht wohlzufühlen.“

Liam ließ seinen Kugelschreiber einschnappen. Ihm lag eine scharfe Antwort auf der Zunge, doch ein Blick auf Kate Macintyres hoffnungsvolles Gesicht ließ ihn verstummen.

Das war ihr Name. Kate Macintyre.

Liam wählte seine Worte sorgfältig. „Ist die Versteigerung schon beschlossene Sache? Oder gibt es eine Alternative?“

Kate blinzelte, doch sie lächelte tapfer weiter. „Nun, wir stecken bereits mitten in den Vorbereitungen. Leider haben wir nicht allzu viel Zeit. Es wird schwierig, ein anderes Event zu organisieren.“ Sie warf Cullen einen Hilfe suchenden Blick zu.

„Es ist beschlossene Sache, Liam“, stellte der Oberarzt klar. „Gibt es ein Problem?“

„Ja. Ich habe eine Familie. Ich bin gern bereit, selbst etwas zu spenden, aber ich werde nicht an der Versteigerung teilnehmen.“

Bei diesen Worten erlosch Kates Lächeln endgültig und wich einem besorgten Ausdruck. „Oh, das tut mir leid. Dr. Dunlevy sagte mir, alle seine Kollegen seien Singles.“

„Das sind wir auch“, bestätigte Cullen. Er sah Liam warnend an, als wollte er sagen: Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, und: Sei ein Teamplayer.

In diesem Moment wurde Liam der Stapel mit den Handzetteln gereicht. Er musterte das Hochglanzfoto auf der Vorderseite. Vater, Mutter und zwei Kinder auf dem Rasen vor einem idyllischen Vororthäuschen, zusammen mit einem fröhlichen Hund. Die perfekte Familie.

Liam wartete auf den Schmerz. Ein Stich in der Brust oder die große, schwarze Welle der Trauer, die über ihm zusammenbrechen würde. Doch da war nichts. Nichts außer einer unbestimmten Wut, die sich in seiner Brust zusammenballte wie eine Gewitterwolke.

Er starrte auf den Handzettel. Am unteren Rand prangte das Logo der Macintyre Stiftung. Daneben standen die Worte Familie, Gemeinschaft und Bildung in fetten roten Buchstaben.

„Ja, wir sind alle Singles“, sagte er. „Ich bin Witwer.“

„Es tut mir sehr leid, dass Sie Ihre Frau verloren haben.“

Ihre Worte wirkten aufrichtig, doch Liam wollte ihr Mitleid nicht. Er widerstand dem Impuls, aufzustehen und den Raum zu verlassen, und fragte stattdessen: „Ich halte diese Versteigerung nicht für angebracht. Könnten wir uns nicht etwas anderes überlegen?“

„Hey, wir sprechen hier von einem Date mit einer schönen Frau“, warf Nick Chamberlin ein, sein Kollege aus der Notfallambulanz. „Was gibt es daran auszusetzen?“

Jake Lennox, ein Internist, lachte leise. „Tja, es ist ein schmutziger Job, aber irgendjemand muss ihn ja machen.“

Liam sah auf seine Uhr. „Genießt es, Leute, aber zählt nicht auf mich. Ich muss jetzt zu meinen Patienten. War das alles?“

„Nein, Dr. Thayer. Das war noch nicht alles“, gab Cullen zurück. „Wir werden Miss Macintyre zuerst Gelegenheit geben, über ihre Idee zu sprechen, damit sie in ihr Büro zurückkehren kann, bevor wir uns unserem eigenen Tagesplan zuwenden. Und ich möchte gleich eines klarstellen: Wir sind ein Team. Ich erwarte, dass jeder bei diesem Spiel mitmacht.“

Spiel. Das war wirklich passend. Seine Kollegen waren Spieler – um nicht zu sagen Aufreißer. Sosehr Liam seine Mitarbeiter als Ärzte schätzte, so wenig konnte er ihr Verhalten außerhalb der Klinik nachvollziehen.

Sie waren Singles.

Er war ein Singlevater.

Ihre Welten waren grundverschieden.

„Mach doch nicht so ein entsetztes Gesicht, Thayer“, warf Quinn Vogler ein. Der Orthopäde gehörte noch nicht lange zum Kollegium. „Du bist nicht der einzige Singlevater in der Runde. Ich habe auch eine Tochter, aber ich habe kein Problem mit der Versteigerung.“

Richtig. Quinn Vogler war vor Kurzem nach Celebration gezogen. Er stammte irgendwo aus dem Westen und hatte offenbar einen schlimmen Scheidungskrieg hinter sich. Liam kannte nicht den weiteren Hintergrund, aber er wusste, dass Quinns Tochter in Calees und Amandas Alter war und dieselbe Ballettschule besuchte.

An ihren Namen konnte er sich nicht erinnern. Er hatte überhaupt keine Zeit, sich um das Privatleben seiner Kollegen zu kümmern.

„Ich denke, von uns allen hättest du einen freien Abend am nötigsten“, bemerkte Vogler. „Du arbeitest viel zu hart und nimmst das Leben zu ernst.“

„Vielleicht arbeitest du nicht hart genug, Vogler“, entgegnete Liam.

Quinn verzog spöttisch das Gesicht, und in diesem Augenblick fiel Liam ein, was seine Töchter über Voglers Tochter gesagt hatten. Sie schienen das Mädchen nicht besonders zu mögen, weil sie ihre Mitschülerinnen oft schikanierte.

Damals hatte Liam ihren Worten nicht allzu viel Bedeutung beigemessen. Er hatte vermutet, dass es sich vielmehr um die Konkurrenz zwischen Teenagern handelte – doch jetzt begann er sich zu fragen, ob das Mädchen womöglich das streitsüchtige Naturell ihres Vaters geerbt hatte.

Aber Liams Devise war immer gewesen, Privat- und Arbeitsleben zu trennen und seinen Kollegen mit Respekt zu begegnen. Und das erwartete er auch umgekehrt.

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Hoffentlich wurde das Thema bald fallen gelassen. Es war ihm peinlich, dass sich der Streit vor Kate Macintyre entwickelte.

Anscheinend war er der einzig vernünftige Mann im Raum.

Na schön, dann gab es eben auch andere Singleväter, die nichts dagegen hatten, sich zu amüsieren. Das hieß aber noch lange nicht, dass er dabei mitmachen musste.

In den vergangenen zwei Jahren hatte er alles gegeben, um ein halbwegs intaktes Familienleben zu führen. Geburtstage, Feiertage, Weihnachten waren vorbeigezogen, und Liam hatte pflichtbewusst Kartons voll Dekoration vom Dachboden gezerrt. Doch ohne Joy hatte nichts eine Bedeutung.

Tag für Tag hatte er die Mädchen daran erinnert, dass ihr Leben weitergehen musste, und sie hatten tapfer mitgemacht. Aber manchmal kam ihnen der Tagesablauf vor wie eine Farce – ein Theater, das sie alle drei spielten, um sich gegenseitig vor dem Schmerz zu bewahren.

Und mit Joy – dem Menschen, der alles zusammengehalten hatte – war auch die Hoffnung gestorben, dass es noch einmal so eine perfekte Familie geben würde.

In der Klinik ging Liam seitdem immer bis an seine körperlichen Grenzen. Und die restliche Energie verwandte er für seine Kinder.

Ganz gewiss würde er keine Energie auf ein Date verschwenden. Amanda und Calee waren die einzige Gesellschaft, die er sich wünschte.

Doch Kate Macintyre erklärte bereits den Ablauf des Abends. Mit leuchtenden Augen wandte sie sich an Liams Kollegen, die jedes ihrer Worte begierig aufnahmen.

Sie ist wirklich gut, dachte Liam.

Und schließlich zog sie das letzte Ass aus dem Ärmel. „Kennen Sie die Reality-Show Catering to Dallas? Es ist eine Serie, die Einblicke hinter die Kulissen eines angesagten Gastronomie- und Cateringservices gewährt. Es ist eine sehr unterhaltsame Serie, die mittlerweile eine riesige Fangemeinde hat. Die Hauptrollen spielen Sydney James, A.J. Sherwood-Antonelli, Caroline Coopersmith und Pepper Merriweather – die zufällig meine Schwägerin ist.“ Sie machte eine bedeutungsvolle Pause.

„Nun habe ich erfahren, dass eine geplante Sendung aus organisatorischen Gründen ausfallen muss. Und nun kommt das Beste: Ich konnte die Produzenten davon überzeugen, den leeren Programmpunkt mit unserer Versteigerung zu füllen. Sie haben eingewilligt, den Abend zu filmen und die Spendengala zu sponsern.“ Kates Strahlen war ansteckend.

„Unsere Junggesellenversteigerung wird nicht nur international ausgestrahlt, sondern sogar mit einer Spendenhotline versehen, bei der die Zuschauer anrufen können. Und das bedeutet für uns mehr Aufmerksamkeit und mehr Spendengelder.“

Alle außer Liam begannen ausgelassen zu johlen und zu applaudieren.

Er erhob sich. „Tut mir leid, dass ich dabei nicht mitmachen kann. Ich bin gern bereit, Ihnen einen Scheck auszufüllen. Bitte lassen Sie mich einfach wissen, was der durchschnittliche Junggeselle heutzutage wert ist.“

Entgegen seiner Erwartung blieb Kate ruhig und professionell. Selbst das wohlwollende Lächeln spielte noch um ihre Lippen. Bloß ihre tiefblauen Augen verrieten, dass sie unsicher wurde. „Da wir so etwas noch nie zuvor getan haben, kann ich Ihnen das nicht sagen.“ Sie zögerte. „Dr. Thayer, ich kann Ihnen versichern, dass die Sendung nicht die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten wird. Aber wenn Sie nicht teilnehmen möchten, werde ich Sie nicht dazu zwingen.“

Verdammt richtig, das werden Sie nicht.

Trotzdem musste Liam ihr zugestehen, dass sie ihren Job gut machte. Und vor langer Zeit, in einem anderen Leben, wäre sie genau der Typ Frau gewesen, der ihn dazu gebracht hätte, seine Meinung zu ändern. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich muss nach meinen Patienten sehen. Sobald Sie wissen, was ich Ihnen schulde, geben Sie mir Bescheid.“

Cullen räusperte sich hörbar, doch er sagte nichts. Der Mann hatte zu viel Klasse, als dass er vor allen Anwesenden einen Streit angezettelt hätte.

Liam sah ihn nicht an. Er fühlte sich wie ein Idiot, der die gesamte Mannschaft hängen ließ, und er konnte spüren, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen war. Cullen würde am Ende seine Autorität ausspielen. Liam hatte lediglich eine Runde gewonnen – nicht das ganze Spiel.

„Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben“, sagte Kate. Sie zog eine Visitenkarte aus ihrer Tasche. „Hier ist meine Nummer – falls Sie es sich noch anders überlegen.“

Liam nahm die Karte entgegen. Kate Macintyre – Präsidentin der Macintyre Stiftung, stand darauf. Er nickte und verließ eilig den Raum.

Allerdings kam er nicht weit. Schon nach wenigen Schritten konnte er hören, wie die Tür des Konferenzsaales hinter ihm geöffnet wurde. „Liam, warte einen Moment.“

Dunlevy trat auf den Flur und stemmte die Hände in die Hüften.

Liam wäre am liebsten davongelaufen.

Seit Joys Tod spürte er kaum noch etwas anderes als den Drang, davonzulaufen. Vor allem vor seinen eigenen Gefühlen. Der Trauerbegleiter nannte das Verleugnen. Er hatte gesagt, dass Liam mehrere Stufen der Trauer durchlaufen musste, und dazu gehörte das Verleugnen ebenso wie die grenzenlose Wut, die ihn oft erfasste.

Nach dem Unfall hatten seine Vorgesetzten Liam die Wahl gelassen, entweder ein Jahr Auszeit zu nehmen – oder sich professionelle Hilfe zu suchen.

Und obwohl es ihm schwergefallen war, überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen, hatte Liam instinktiv gespürt, dass ein Jahr Auszeit sein Ende bedeutet hätte. Ein Jahr allein mit seinen Gedanken hätte in die gnadenlose Selbstzerstörung geführt.

Natürlich hätte er gern mehr Zeit mit den Zwillingen verbracht. Doch andererseits waren die Mädchen fast ebenso sehr beschäftigt wie er: Neben Schule und dem täglichen Ballettunterricht blieb ihnen kaum freie Zeit.

Cullen Dunlevy war der Erste gewesen, der ihm professionelle Hilfe nahegelegt hatte, und Liam fiel es bis heute schwer, ihm zu verzeihen. Cullen hatte ihm das Gefühl gegeben, mit dem Rücken gegen die Wand zu stehen – und nicht mehr Herr über sein eigenes Leben zu sein.

Davon abgesehen hatte die Trauerarbeit überhaupt nichts gebracht. Zumindest kam es Liam so vor.

Und als Dunlevy jetzt auf ihn zukam, musste Liam sich beherrschen, seinen Vorgesetzten nicht anzuschreien.

Was wusste Cullen schon von Trauer? Er hatte ja nicht seine Frau verloren. Mehr noch: seine Partnerin, Highschoolliebe und Seelenverwandte, die Liam alles bedeutet hatte. Alles.

Nein, Cullen hatte keine Ahnung. Er war ja nicht einmal verheiratet.

Cullens Gesichtsausdruck schwankte zwischen Enttäuschung und Verärgerung. „Liam.“ Er senkte die Stimme. „Ich weiß, dass du in den vergangenen zwei Jahren durch die Hölle gegangen bist, aber das Leben muss weitergehen. Wir haben bereits darüber gesprochen.“

„Das weiß ich. Ich mache meinen Job, richtig? Ich mache ihn sogar sehr gut. Aber was ich in meinem Privatleben unternehme, ist meine Sache. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in meinem Vertrag etwas über Wohltätigkeitsveranstaltungen steht. Oder Junggesellenversteigerungen.“

„Nein“, stimmte Cullen zu. „Hier geht es weniger um den Job als um den Gemeinschaftsgedanken, Liam. Und wenn dich das nicht motiviert, dann denk bitte daran, was Joy gewollt hätte. Sie war eine der größten Förderer der neuen Kinderklinik.“

Autor

Nancy Robards Thompson
Nancy Robards Thompson, die bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, lebt in Florida. Aber ihre Fantasie lässt sie Reisen in alle Welt unternehmen – z. B. nach Frankreich, wo einige ihrer Romane spielen. Bevor sie anfing zu schreiben, hatte sie verschiedene Jobs beim Fernsehen, in der Modebranche und in der...
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