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Zwei Nächte pro Woche, streng vertraulich, nur einen Monat lang … Als Scheidungsanwältin gibt Kate sich keinen romantischen Illusionen hin: Bevor sie sich auf eine heiße Affäre mit dem sexy Architekten Scott Knight einlässt, setzt sie besser einen Vertag auf. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass Scott bereits nach der ersten Nacht die Regeln bricht - und es ihr auch noch gefällt, wenn er nicht von ihr lassen kann und sie auch in der Öffentlichkeit leidenschaftlich küsst. Doch als sie Scott spontan ihr Herz öffnet, verschließt er sich völlig unerwartet vor ihr …


  • Erscheinungstag 24.05.2016
  • Bandnummer 112016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706760
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Scott Knight warf einen Blick auf die Rothaarige, die an der großen Schale mit dem Punsch stand, und hätte beinahe seine Zunge verschluckt.

Groß, selbstbewusst, wunderschön … und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen zutiefst zynisch. Dieses Gesamtpaket gefiel ihm.

Nur … was für Regeln galten auf einer Scheidungsparty? War es wie auf Beerdigungen – man durfte die Anwesenden nicht anmachen, wenn man nicht wie ein Widerling wirken wollte?

Er überlegte eine Weile und warf der Rothaarigen dabei noch einen Blick zu.

Genau genommen war das hier mehr als nur eine Scheidungsparty. Es war der feierliche Übergang zu Willas neuer Beziehung mit Rob. Normalerweise hätte Scott so einen Sprung von einem gemachten Bett ins nächste nicht gutgeheißen – selbst wenn der Mann im zweiten Bett Rob war, der Willas Ex Wayne tausend Lichtjahre voraus war. Aber wenn die Party dazu diente, ihnen den Weg in ein neues Leben freizumachen, war er dieses Mal damit einverstanden.

Die Rothaarige tauchte die Kelle noch einmal in die Schüssel, um sich von dem Punsch nachzufüllen. Scott fiel auf, wie göttlich ihr Körper war. Und der einzige Gedanke, den er noch hatte, war, wie er ihn in seine Finger kriegen könnte.

Entschlossen ging er auf sie zu und schnappte sich unterwegs noch ein Bier. Punsch war nun wirklich kein Männergetränk. „Was sagt man noch über Scheidungen …?“, fragte er und neigte den Kopf in ihre Richtung. Doch es war eine rein rhetorische Frage.

Sie drehte sich um, bevor er zu Ende gesprochen hatte, und eine Welle ungetrübter Lust stieg in ihm auf. Aus der Nähe sah sie noch besser aus. Ein heißer Mix aus üppigen Kurven, schräg stehenden, grauen Augen, sündhaft gebogenen dunklen Augenbrauen, ebenmäßigen Wangenknochen und … knallig rot geschminkten, vollen Lippen.

Die schöne Rothaarige machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Ganz eindeutig, weil sie wusste, dass sie es nicht musste. Er erkannte an ihrer selbstbewussten Haltung und dem angedeuteten Lächeln um ihren unglaublich erotischen Mund, dass sie ihn aufforderte, den Satz zu Ende zu bringen.

„Es war Jean Kerr“, fuhr er fort. „Ein Anwalt will so dringend eine gütliche Scheidung wie ein Bestattungsunternehmer will, dass sein Kunde sich plötzlich im Sarg aufsetzt.“

Die sexy Lippen öffneten sich überrascht … und dann hoben sich die Mundwinkel. Nur ein wenig. Sie wirkte fasziniert. Das nahm er als gutes Zeichen. Sein Eröffnungsschachzug hatte ins Schwarze getroffen. Ja!

Sie musterte ihn, während sie an ihrem Punsch nippte. „Sind Sie auf dem Markt?“, fragte sie, und ihre raue Stimme ließ seine Libido schnurren wie einen Kater auf der Jagd.

„Ja, ich bin tatsächlich auf dem Markt“, sagte er.

Ihr Lachen war kehlig, einfach umwerfend. „Ich meinte, ob Sie auf dem Scheidungsmarkt sind.“

„Ich bin nicht verheiratet, wenn Sie das meinen. Oder verlobt.“ Ein kleiner Schritt nach vorne. „Oder auf irgendeine Weise partnerschaftlich mit einer Frau verbunden.“

Sie zog einen kleinen Schmollmund. „Was für eine Schande. Das wäre lustig geworden.“

Scott war nicht leicht zu überraschen, aber die Rothaarige hatte es gerade mit wenigen Worten geschafft. Warum war es eine Schande, Single zu sein? Ließ sie sich nur mit verheirateten Männern ein?

„Das könnte es immer noch werden“, sagte er. „Lustig, meine ich.“

„Ohne Geld?“ Ein kleines, bedauerndes Seufzen. „Ich glaube nicht.“

Was zum Teufel? Sie bevorzugte nicht nur verheiratete Männer, sondern sie mussten dafür auch noch bezahlen? Das passte so überhaupt nicht zu Willa. Und auch nicht zu ihm, obwohl er immer geglaubt hatte, für alles offen zu sein – abgesehen von Hardcore-SM. Jemandem Schmerzen zuzufügen und selber welche zu empfangen … nein danke, das war nicht sein Stil.

Sie stellte ihr Punschglas ab, griff in ihre schmale, smaragdgrün glitzender Abendtasche, die an einer feinen Kette über ihrer Schulter hing, und holte ein elegantes, silbernes Etui heraus. Sie öffnete es mit einer Hand und reichte ihm eine schlichte, weiße Visitenkarte.

„Kate Cleary“, las er. Und dann „Oh …“ Er zuckte zusammen. „Autsch.“

Noch ein kehliges Lachen. „Scheidungsanwältin. Unter anderem die von Willa.“

„Scott Knight, Architekt“, sagte er und streckte ihr die Hand hin.

Sie nahm sie. Ein kühler, fester Händedruck, nicht zu weich, nicht zu fest. Perfekt.

„Schön, Sie kennenzulernen, Scott Knight“, sagte sie. „Und Sie dürfen gerne weiter Anwaltswitze reißen. Wer weiß? Vielleicht ist einer dabei, den ich noch nicht kenne?“

„Autsch. Schon wieder. Ich glaube, ich muss langsam genäht werden.“

Sie nahm ihr Punschglas wieder in die Hand. „Nun, ich habe Nadel und Faden dabei. Und einen Tacker, wenn Sie es lieber etwas gröber mögen.“

Er musterte sie, wie sie ihn zuvor gemustert hatte. Von Hals bis zur Mitte der Oberschenkel war sie in schlichtes Schwarz gekleidet. Schlicht … und unglaublich sexy. Nackte Arme und Beine. Nudefarbene High Heels. Eine kleine grüne Handtasche. Das rote Haar offen und himmlisch. Und die Lippen … bei Gott, diese Lippen.

Ihn überlief ein Schauer der Erregung, als ihm ihr Duft in die Nase stieg. Tuberose. Sein Lieblingsduft.

„Für mich sehen Sie eher wie jemand aus, der etwas kaputt- und nicht heil macht.“ Die Worte hatte er mehr wegen ihrer versteckten Bedeutung gewählt. Das einzig Wichtige im Moment war, in ihrer Nähe zu bleiben. Er würde sich auch über künstliche Kniegelenke unterhalten, wenn sie nur bei ihm blieb.

„Das liegt daran, dass es so ist“, erwiderte sie. „Entmannen ist wohl das Wort, das die meisten meiner Gegner benutzen.“

„Mir machen Sie keine Angst.“

„Und was mache ich Ihnen dann?“

„Das wissen Sie ganz genau, Kate Cleary. Also kommen wir doch gleich zur Sache. Sind Sie liiert? Ich meine, mit jemandem, den ich bei einem Zauberwürfelwettbewerb nicht schlagen könnte?“ Er hielt den Atem an, während er auf die Antwort wartete. Nein, nein, nein, bitte.

„Ist das Ihr besonderes Talent? Der Zauberwürfel?“

„Nun, ich bin darin besser als im Kampf Mann gegen Mann – obwohl ich für Sie durchaus meinen inneren Gladiator channeln würde.“

„Dann ist es ja wirklich ein Glück, dass ich tatsächlich Single bin. Also … muss ich Ihnen jetzt meine Fähigkeiten am Zauberwürfel beweisen?“

„Wie geschickt sind Sie denn mit diesen langen, schlanken, biegsamen Fingern?“

„Elf Sekunden – geschickt genug, würde ich sagen.“ Ihre Zungenspitze blitzte kurz zwischen ihren vollen Lippen hervor. „Aber ich kann auch ganz langsam machen.“

Scotts Nasenflügel bebten triumphierend. Er kam ein Stück näher, bis sie sich beinahe, aber nur beinahe, berührten. „Ich würde gerne sehen, wie Sie es schnell machen … und langsam.“

Wieder hob sie eine Augenbraue. Und alleine an dieser kleinen Geste erkannte er, dass sie im Bett umwerfend wäre. Das würde er noch herausfinden. Vielleicht heute Nacht …

Sie neigte den Kopf ein wenig nach hinten. Eine kleine Herausforderung. „Das kommt ganz darauf an.“

„Worauf?“

„Was Sie mir anbieten.“

Er wollte gerade einen frühen Rückzug vorschlagen, um sein „Angebot“ näher zu besprechen, als Willa neben ihnen auftauchte. Verdammt. Okay, vielleicht war sie nicht plötzlich aufgetaucht, sondern ganz normal durch den Raum zu ihnen gegangen. Aber er war so mit dem Verlangen, das ihn zu überwältigen drohte, beschäftigt gewesen, dass er es nicht bemerkt hatte. Trotzdem kam die Unterbrechung zu einem so ungünstigen Zeitpunkt, dass er am liebsten auf irgendetwas eindreschen wollte.

„Kate. Ich bin so froh, dass du Scott schon kennengelernt hast“, sagte Willa warmherzig. Sie sprühte geradezu vor Aufregung und Glück. „Er wird allerdings kein neuer Klient für dich – er ist der offizielle Junggeselle von Weeping Reef!“

Scott konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht zusammenzuzucken. Denn so, wie sie es sagte, klang es, als wäre er entweder schwul oder ein Playboy. Aber Rob war wenigstens so nett, für ihn zu zucken und ihm mitfühlend den Rücken zu tätscheln.

Kate konnte nicht wirklich auch nur für eine Sekunde glauben, dass er schwul war, oder? Nicht nach der Unterhaltung, die sie gerade gehabt hatten.

Andererseits … ein Playboy? Ja, das wäre okay. Aber er schreckte die Frauen, die auf ein Ende mit Kirchenglocken hofften, lieber selber ab – mit Charme und Talent und sanft verhandelten Regeln, die dafür sorgten, dass jeder seinen Spaß hatte, bis man sich wieder voneinander verabschiedete. Er brauchte seine Freunde nicht, um potenzielle Bettgefährtinnen noch vor dem ersten Kuss in die Flucht zu schlagen.

„Nennen wir mich doch einfach einen Junggesellen, okay, Willa?“, schlug Scott durch leicht zusammengebissene Zähne vor.

Willa schien nichts zu merken, denn sie drehte sich zu ihm um und sagte: „Dann bist du kein offizieller Junggeselle? Ich dachte, Freunde mit gewissen Vorzügen wären für dich das Höchste der Gefühle? Ich meine, nicht, dass daran etwas verkehrt wäre. Gar nicht. Wirklich.“

Scott starrte Willa sprachlos an. Rob stieß einen Laut aus, der verriet, wie kurz er davor war, zu lachen. Kate biss sich auf die Innenseite der Wange, um nicht loszuplatzen, wie es aussah.

„Nach dem, was auf den Whitsundays passiert ist, dachte ich …“ Endlich hielt Willa den Mund. Und errötete ganz zauberhaft.

Immer noch wie erstarrt hoffte Scott, dass sie nicht weitersprechen würde.

„Oh“, sagte Willa. „Wie auch immer. Kate ist die beste Familienanwältin in Sydney und dazu noch ein wunderbarer, netter, leidenschaftlicher Mensch …“

„Danke, Willa“, unterbrach Kate sie geschickt. „Aber ich bin noch nicht ganz bereit, heiliggesprochen zu werden.“

Scott sah die leichte Röte, die sich in Kates Wangen stahl, und beschloss, die Kontrolle über die Unterhaltung wieder an sich zu reißen und mit seinen Verführungskünsten weiterzumachen.

Verschwörerisch beugte er sich zu Willa und sagte: „Ich habe gehört, Kate beherrscht den Zauberwürfel wie eine Weltmeisterin.“

Kate erstickte beinahe an ihrem Punsch bei dem Versuch, nicht zu lachen.

Und irgendwie sorgte das dafür, dass Scott sie nur noch mehr wollte. Er musste sie sofort aus diesem Trubel entführen. Auf die Terrasse, in die spezielle Ecke, von der er aus früheren Besuchen in Willas Haus wusste, dass sie durch die riesige Topfpflanze sehr geschützt und uneinsehbar war.

Aber jede Chance, Kate von hier wegzulocken, wurde von einem anderen Mitglied der alten Weeping-Reef-Gang verbaut. Zum Beispiel von Amy, die mit ihrer Mitbewohnerin Jessica auf einmal zwischen ihnen stand. Jessica war zwar nicht mit auf den Whitsundays gewesen, aber inzwischen zum Ehrenmitglied ihrer Gang erkoren worden.

Seine Verführungspläne waren definitiv erst einmal auf Eis gelegt, aber nicht zerschlagen. Eine halbe Stunde – mehr bräuchte er nicht, damit Kate Cleary sein wäre.

Amy gab Scott einen Schmatzer auf die Wange, bevor sie Kate in die Arme zog.

„Kate!“, rief sie. „Das ist ja eine Ewigkeit her.“

Lachend erwiderte Kate die Umarmung. „Stimmt. Mindestens zwei Wochen. Hast du im Fox so viele Mojitos getrunken, dass du es schon vergessen hast?“

Was zum Teufel … Scott fragte sich, ob er der Einzige war, der Kate noch nie getroffen hatte. Nun ja – er und Willas Bruder Luke, der immer noch in Singapur war. War das eine Verschwörung? Würde gleich auch noch Chantal auftauchen – und Gott allein wusste, wie er damit umgehen würde – und womöglich Brodie? Er konnte sich gut vorstellen, wie Brodie zu ihnen herübergeschlendert kam und das Herz einer weiteren von Scotts Frauen stahl …

Nicht, dass Kate seine Frau war.

Jessica und Kate umarmten sich. Okay, jetzt geriet das hier wirklich außer Kontrolle. Selbst Jessica kannte Kate?

„Es waren nicht die Mojitos im Fox“, sagte Jessica. „Sondern ein ganz besonderer Martini.“

Kate errötete wieder. „Je weniger darüber gesprochen wird, desto besser.“ Sie schüttelte sich theatralisch.

Die Geschichte interessierte Scott. „Mögen Sie keine Martinis?“, fragte er – und sofort platzten Willa, Amy und Jessica vor Lachen.

Er schaute zu Rob, der nur mit den Schultern zuckte.

„Es war ein Dirty Martini“, erlöste Amy ihn aus seinem Elend. „Barnaby hat ihn ihr spendiert, mein Erzfeind aus meinem Job, der auch ins Fox geht. Blond, blauäugig und umwerfend – das ist Barnaby. Er glaubt, er ist Gottes Geschenk ans Marketing. Und an die Frauen. Und um ehrlich zu sein, das ist er auch. Nur nicht für Kate.“

Lachend schüttelte Kate den Kopf, als wollte sie das Thema beenden.

„Es war die Art, wie er ‚dirty‘ gesagt hat“, warf Jessica ein und nahm sich ein Glas Punsch. „Es ist eine Sache, einen Dirty Martini ausgegeben zu bekommen. Eine ganz andere jedoch, wenn er von einer schleimigen Anmache begleitet wird. ‚Wie schmutzig magst du es denn, Baby?‘ Dieser Spruch schlägt wohl jede Frau in die Flucht.“

Die Mädchen lachten wieder, und Kate bedeckte sich die Augen mit der Hand.

Rob zuckte sichtbar zusammen. „Ernsthaft?“

Willa gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Nicht alle Männer sind so weit entwickelt wie du, Rob.“

Er wandte sich an Scott. „Hast du den je benutzt?“

„Den Dirty Martini? Nein. Und nach der Reaktion, die Barnaby dafür erhalten hat, bezweifle ich, dass ich es jemals tun werde. Obwohl, in meiner Jugend habe ich mich mal mit einem Spruch über eine Menage à trois bei Zwillingen zum Idioten gemacht.“

Jessica riss die Augen auf. „Zwillinge? Im Sinne von einer echten Menage à trois? Oder ist das der Name von einem ausgefallenen Cocktail?“

„Das ist ein Cocktail“, versicherte Scott ihr. „Und offenbar ein sehr leckerer, denn als die beiden Mädchen ihn bestellt hatten, gaben sie sehr … zustimmende Laute von sich.“ Er räusperte sich gespielt beschämt. „Wie auch immer, genug von ‚in meiner Jugend‘. Wenn ich mich nicht irre, bist du siebenundzwanzig – also gerade mal ein Jahr älter als ich. Und ich bezeichne mich immer noch als jung.“

Ein leises Aufkeuchen von Kate ließ Scott zu ihr schauen. Es sah aus, als hätte sie sich Punsch über das Kleid geschüttet, denn sie wischte sich über das Oberteil. Es konnte nur ein winziger Tropfen gewesen sein, denn zu sehen war nichts. Doch im nächsten Augenblick drängte Willa sie in Richtung des Gästebads und Amy fragte Rob, was genau in dem Punsch enthalten war, weil sie noch nie zuvor gesehen hatte, dass Kate die Nerven verlor.

Der Punsch war offensichtlich eine Mischung aus Wodka, Weißwein, weißem Rum und Champagner, an dem die eine oder andere Erdbeere vorbeigetragen worden war. Doch Scott hatte das Gefühl, die Stärke des Getränks hatte nichts mit Kates Problem zu tun. Sie hatte irgendwie schockiert gewirkt. Aber doch sicher nicht wegen der Geschichte mit der Menage à trois, oder? Es würde ihn keine zwei Minuten kosten, das zu erklären. Was ihm weitere achtundzwanzig Minuten ließ, sie aus ihrem Höschen herauszuquatschen.

Aber zwanzig Minuten später hatte Scott es immer noch nicht geschafft, Kate wieder näher zu kommen. Jedes Mal, wenn er sich in ihre Richtung begab, ging sie woanders hin. Als würde sie ihm absichtlich ausweichen – was verrückt war. Beinahe so verrückt wie das, was ihr wiegender Gang mit seiner Libido anstellte.

Nach vierundzwanzig Minuten startete er seinen gefühlten hundertsten Versuch, zu ihr zu gehen, doch sie flüchtete sofort und er erkannte, dass sie ihm tatsächlich aus dem Weg ging.

Oh mein Gott.

Er jagte sie, und sie lief davon. Das war ihm noch nie passiert.

Während er sie beobachtete und überlegte, was schiefgegangen war, tickten die letzten sechs Minuten seiner selbst auferlegten halbstündigen Verführungszeit dahin … und sie war weg.

Verschwunden. Wie Aschenputtel, aber ohne einen Schuh zurückzulassen.

Er betastete die Visitenkarte, die sie ihm gegeben hatte.

Seltsam. Sehr, sehr seltsam. Ein Mysterium. Was hatte er nur gesagt oder getan?

Nun, Scott liebte Geheimnisse. Und Herausforderungen. Und Frauen, die roten Lippenstift trugen.

Plötzlich war er sich sehr sicher, dass diese Sache zwischen ihm und Kate Cleary nicht einfach mit einem verschütteten Tropfen Punsch und ohne eine Erklärung enden würde.

Er schaute sich erneut ihre Visitenkarte an und sah die Adresse – sie war nur einen Block von seinem Büro in der Stadt entfernt.

Das würde leicht.

2. KAPITEL

Kate schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf, warf ihre Tasche auf die Couch, zog die Schuhe aus, wackelte mit den Zehen … und stieß ein gequältes Stöhnen aus, das nichts mit ihren wunden Füßen, sondern einzig mit der Scheidungsparty zu tun hatte.

Die eine Katastrophe gewesen war.

Sie konnte nicht glauben, dass sie wie ein überdrehter Teenager mit diesem heißen, umwerfenden Kerl geflirtet hatte.

Nur um dann zu entdecken, dass dieser heiße, umwerfende Kerl selber noch ein Teenager war …

Sie stieß ein weiteres Stöhnen aus.

Gut, siebenundzwanzig war nicht mehr wirklich Teenager.

Aber sie war zweiunddreißig, um Himmels willen.

Sie öffnete die Balkontür und trat auf die große Terrasse ihres Apartments hinaus. Es war der Ausblick gewesen, der sie an der Wohnung sofort überzeugt hatte – nicht die Harbour Bridge in der Ferne, auch wenn die zu ihren Lieblingswahrzeichen der Stadt gehörte, sondern die Boote. Etwas an der Art, wie sie sanft in der Rushcutters Bay auf den Wellen schaukelten, beruhigte sie. Ihre Tagtraumflucht, wie sie es nannte. Von all ihren Sorgen in eine Welt der Möglichkeiten segeln. In eine Welt der Abenteuer …

Eine Welt der möglichen Abenteuer mit Scott Knight.

Sein Bild stand ihr so deutlich vor Augen. Dieser Körper – groß, breit, stark. Das leicht zerzauste, mittelbraune Haar. Die Wachheit in seinen kühlen, blass grünen Augen. Dieses leicht kalkulierende Lächeln, das besagte, dass er ein Geheimnis hatte … und das genau deshalb so faszinierend war. Sie hatte ihn in dem Moment in ihrem Bett haben wollen, in dem sie das erste Mal seine träge, tiefe Stimme gehört hatte. Eine Stimme, die in einem solchen Gegensatz zu der Lebhaftigkeit in seinen Augen stand, dass es eine Herausforderung war.

Aber … siebenundzwanzig.

Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und stöhnte noch einmal auf.

Angestaute Lust – das war ihr Problem. Es war schon lange her, dass Sex on the Beach für sie mehr gewesen war als ein Cocktail.

Nun, sie durfte Scott Knight definitiv erst wiedersehen, wenn sie sich um diese aufgestaute Lust gekümmert hatte. Sie würde sicherstellen, dass Scott beim nächsten Weeping-Reef-Treffen nicht dabei war. Nein, sie würde noch einen Schritt weitergehen und sich nur noch mit den Mädchen treffen. Kein Rob. Kein Scott. Kein sonst wer.

Und in der Zwischenzeit würde sie einen anderen Mann für ihre sexuelle Ertüchtigung suchen. Jemanden wie Phillip, einen Anwalt, der glücklich geschieden war, charmant, kultiviert, und – mit seinen vierzig Jahren – alt genug.

Dann würde sie die Mädchen wissen lassen, dass sie vergeben war, was sicher irgendwann zu Scott durchdringen würde, und das wäre es dann.

Ja, Phillip wäre eine gute Wahl. Sie würde ihn am Montag anrufen und ihn einladen, sich mit ihr auf einen Cocktail in der Bar nahe ihrem Büro zu treffen. Vielleicht einen Strawberry Stripper. Einen Sex Machine. Oder etwas in der Art.

Der Montagmorgen begann für Kate mit einem Kliententermin.

Diese spezielle Klientin weckte in Kate immer den Wunsch, sie zu knuddeln. Die zerbrechliche, schüchterne Rosie, die in ihr Büro schlich, als suche sie nach einer Ecke, in der sie sich verstecken könnte. Rosie war von ihrem Ehemann so eingeschüchtert, dass sie es nicht mal über sich brachte, ihm zu sagen, dass er sie unglücklich machte – wie sie also das Thema Scheidung jemals ansprechen wollte, war Kate ein Rätsel.

Ihre Termine mit Rosie erinnerten Kate immer wieder daran, wie froh sie war, nicht verheiratet zu sein. Was sie im Gegenzug wieder daran erinnerte, den gleichfalls ehescheuen Phillip anzurufen, um das Treffen mit ihm zu arrangieren. Ein höchst befriedigendes Telefonat, das nur vier sehr geschäftsmäßige Minuten dauerte.

Zwei Klienten später machte sie sich einen Kaffee und öffnete ihren Kalender, um ihre Termine zu checken und … blinzelte.

Ein Mal. Zwei Mal.

Sie rief ihre spitzenmäßige Assistentin unbestimmbaren Alters an. „Was ist das heute für ein Termin um halb eins, Deb?“

„Einen Moment …“ Sie hörte das Klappern der Tastatur. „Oh, Scott Knight. Er hat während deines Termins heute Morgen angerufen. Er meinte, ihr hättet euch auf der Feier am Samstag lose für heute Mittag verabredet.“

Kate sackte auf ihrem Stuhl zusammen, erstaunt und seltsamerweise erfreut über diese Anmaßung.

„Ach, haben wir das?“, sagte sie unheilvoll.

„Habt ihr nicht?“ Deb kicherte. „Nun, ich hatte mich schon gefragt, warum du es mir gegenüber nicht erwähnt hast, aber er klang so … Okay, sagen wir mal nett, also habe ich einfach eine Entscheidung getroffen und ihm einen Termin gegeben.“

„Ja, er klingt wirklich nett“, sagte Kate trocken und lächelte, als Deb in lautes Lachen ausbrach.

„Soll ich den Termin absagen?“

Kate öffnete den Mund, um Ja zu sagen – doch dann blitzte in ihrem Kopf ein Bild von Rosie auf. Schüchtern. Nervös. Panisch. Wie sie ihrem Mann aus dem Weg ging, anstatt ihm zu sagen, dass ihre Ehe vorbei war.

Und gleich danach kam die Erinnerung an ihr eigenes Verhalten von Samstag, wie sie Scott aus dem Weg gegangen war. Seine Anziehungskraft hatte sie so nervös gemacht, dass sie sogar einen Plan aufgestellt hatte, wie es ihr gelingen könnte, sich nur mit Willa und den Mädchen zu treffen. Das war verrückt. Sie sollte sich mit ihren Freunden treffen können, wann und wo sie wollte, ohne darüber nachdenken zu müssen, wer sonst noch dabei war.

Als wenn sie es nicht mit einem Siebenundzwanzigjährigen aufnehmen könnte.

Auf ihrem Spielfeld, in ihrem Büro? Das wäre fast schon zu leicht.

Und es wäre auf keinen Fall wie auf der Party, wo die Woge der Lust sie vollkommen überraschend überrollt hatte. Heute wäre sie vorbereitet. Und sie könnte ihm direkt und persönlich sagen, dass sie nicht länger auf dem Markt war.

„Kate?“, hakte Deb nach. „Soll ich absagen?“

Kate straffte die Schultern. „Nein, ist schon gut“, sagte sie. „Es wird vermutlich nicht länger als fünf Minuten dauern, meine Geschäfte mit Mr. Knight abzuwickeln.“ Sie nickte zufrieden.

Scott, der es durchaus gewohnt war, Frauen zu umwerben, hatte einen Strauß Blumen dabei, als er zu Kates Büro ging. Nichts Aufwendiges. Nur schlichte, bunte Gerbera, die sagten: Ich bin charmant, also muss ich keine Rosen mitbringen.

Das Gesicht der Assistentin wurde beim Anblick des Straußes jedoch nicht weicher.

„Scheint mir eine arge Verschwendung zu sein, Geld für Blumen auszugeben, wenn Sie doch nur fünf Minuten da drin sein werden“, sagte sie.

„Oh, die sind nicht für Kate“, erwiderte er. „Die sind für Sie.“

„Trotzdem“, sagte Deb, aber ihm entging nicht das leichte Funkeln in ihren Augen. „Ihr Termin zieht sich ein wenig, aber setzen Sie sich doch, wenn Sie solange warten möchten.“

Scott setzte sich so, dass er durch die Glaswand in den Konferenzraum schauen konnte. Und damit auch sie sah. Kate.

Sie saß mit dem Rücken zu ihm an einem langen Tisch. Neben ihr saß eine extrem blonde, teuer aussehende Frau in einem limonengrünen Kostüm. Offensichtlich die Klientin. Auf der anderen Seite des Tisches sah er einen Mann, der die Lexikonabbildung für einen Anwalt sein könnte. Nadelstreifenanzug, weißes Hemd, konservative Krawatte. Daneben ein Mann, der aussah, als wenn er zu viel Zeit auf der Sonnenbank verbracht hätte. Sein Hemd stand offen und er trug eine fette Goldkette. Auf dem Schoß hatte er einen kleinen Hund, den er fortwährend tätschelte.

Es gab viel Kopfschütteln und ausladende Gesten. Kate strich sich mit der Hand müde über ihr Haar, das sie zu einem Zopf gebunden hatte, und Scott wollte sie in diesem Moment einfach nur berühren.

Das erinnerte ihn daran, dass ihr einziger Körperkontakt am Samstag aus einem Händeschütteln bestanden hatte. Also war es total unsinnig, dass er so verrückt nach ihr war. Aber so war es nun einmal.

Plötzlich stand Kate auf. Sie stützte ihre Hände auf den Tisch und beugte sich vor – um einem wichtigen Punkt Nachdruck zu verleihen, wie er annahm. Sie trug einen cremefarbenen Rock, der sich eng an ihre Hüften schmiegte.

Scott genoss den Blick auf ihren wirklich exquisiten Po, als sie sich noch ein wenig mehr vorbeugte und der Rock für den Bruchteil einer Sekunde ein Stückchen hochrutschte. Gerade lang genug, um ihm einen kurzen Blick zu gewähren auf den Spitzenrand ihrer … ohhh … halterlosen Strümpfe.

Alles Blut in seinem Körper rauschte auf einmal in seine Mitte. Ein schmerzhaftes Gefühl, bei dem er die Zähne aufeinanderbiss.

Dann setzte sie sich wieder. Scott fiel auf, dass er den Atem angehalten hatte, und er stieß ihn ganz langsam aus.

Er zwang sich, den Blick von ihr zu lösen, und sah, dass der Typ mit dem Goldkettchen seinem Hund einen Kuss auf die Nase gab, während er seine Frau über den Tisch hinweg anschaute.

Das schien die Blondine wütend zu machen, die auf die Füße sprang und so laut schrie, dass ihre Stimme durch die Glaswand hallte. Auf einmal waren alle auf den Beinen und zeigten mit den Fingern aufeinander, stampften sogar mit den Füßen auf. Zumindest Blondie, die daraufhin von Kate zurückgehalten wurde, die inmitten des Chaos unglaublich ruhig wirkte.

Das Schreien drang bis in den Vorraum hinaus, und Scott schaute schockiert zu Deb. Doch die tippte einfach ungestört weiter. Was bedeuten musste, dass Kate solche Situationen öfter erlebte, oder? War das die Erklärung für ihren Zynismus auf Willas Scheidungsparty?

Er wandte sich wieder dem Konferenzraum zu. Ein Sorgerechtsstreit? Schien so. Die Gegner waren ungefähr Mitte dreißig. Also mussten die Kinder noch jung sein. Wie viele Kinder hatten sie wohl?

Scott fragte sich, wie seine Eltern mit einem Sorgerechtsstreit umgegangen wären. Nicht, dass sie jemals so etwas Ehrenrühriges wie eine Scheidung in Betracht gezogen hätten. Der Zusammenschluss von zwei alten Familien mit stattlichen Vermögen hatte wie vom Schicksal vorhergesehen funktioniert – auch wenn er seine Eltern nie hatte Küssen oder Händchenhalten sehen.

Aber selbst wenn ihre Ehe durch eine Scheidung beendet worden wäre, konnte er sich trotzdem nicht vorstellen, dass sie sich so einen erbitterten Sorgerechtsstreit geliefert hätten. Schon gar nicht seinetwegen. Sie hätten einen einfachen, blutleeren Terminplan für Besuche und Ferien aufgestellt.

Das Sorgerecht für seinen älteren Bruder wäre schon eine andere Sache gewesen. Die Aufteilung des ‚perfekten‘ Sohnes wäre sicher nicht freundschaftlich abgelaufen. Vielleicht war das der wahre Grund, warum sie zusammengeblieben waren – ihre Unfähigkeit, seinen Bruder zur Zufriedenheit aller zu teilen.

Zum Glück öffnete sich in diesem Moment die Tür vom Konferenzraum, sodass er endlich aufhören konnte, darüber nachzudenken.

Autor

Avril Tremayne
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