Sehnsüchtige Träume im Wolkenpalast

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Als Scheich Malik al Bahjat nach zehn Jahren wieder in ihr Leben platzt, fühlt die alleinerziehende Grace für den Bruchteil einer Sekunde das gleiche feurige Prickeln wie bei ihrer ersten romantischen Begegnung. Nur wird sie sich diesmal nicht von der sinnlichen Aura des Thronfolgers blenden lassen. Schließlich hat er sie damals mit Geld nicht nur eiskalt abserviert, er wollte auch von ihrem gemeinsamen Sohn nichts wissen. Malik jetzt in seinen Wolkenpalast folgen? Für Grace undenkbar … bis der Wüstenprinz ihr ein schockierendes Geständnis macht …


  • Erscheinungstag 10.10.2017
  • Bandnummer 2305
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708689
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sie verzauberte ihn. Malik al Bahjat, Thronfolger von Alazar, beobachtete das Mädchen aus der Ferne. Sie war keine Schönheit im klassischen Sinn, doch gerade das machte sie so aufregend. Das goldbraune Haar fiel ihr in lockigen Wellen wild über den Rücken, die Nase zierten lustige Sommersprossen, und ihre grünbraunen Augen funkelten übermütig. Sie wirkte lebenssprühend und glücklich … auf eine Weise, die Malik nicht kannte.

In modisch zerrissenen Jeans, weißem Schlabbertop und knallroten Turnschuhen, die langen gebräunten Beine angezogen, saß sie gelöst auf der Armlehne eines Sofas. Und natürlich war sie von Männern umringt, die mit ihr flirteten und sie mit Blicken verschlangen. Sie sprühte vor Temperament, alles an ihr wirkte unglaublich lebendig und mitreißend.

Während Malik sich seit Jahren wie ein ferngesteuerter Roboter fühlte. Gebannt kam er näher, bewegte sich langsam auf das Mädchen zu. Er ging sonst nicht zu Partys. Zurzeit hielt er sich in Rom auf, um seinen Großvater bei Verhandlungen über ein neues Wirtschaftsabkommen mit der Europäischen Union zu unterstützen. Alazar legte Wert auf starke Beziehungen zu Europa, um die schwächelnde Wirtschaft seines Landes und der gesamten Arabischen Halbinsel zu stabilisieren.

Die Besprechungen waren überaus wichtig für sein Land, das wusste Malik. Seit Jahren hatte Asad al Bahjat ihn darauf programmiert, dass der Frieden und Wohlstand Alazars von Konferenzen wie dieser abhing.

Heute hatte ein Freund aus der Militärakademie aus heiterem Himmel angerufen und ihn zum Essen eingeladen. Und da Malik sich solche Gelegenheiten selten boten, hatte er die Einladung spontan angenommen. Endlich ein Abend, der nur ihm gehörte – an dem er tun und lassen konnte, was er wollte. War das zu viel verlangt? Nach jahrelanger Rücksicht auf das Staatswohl hatte er einen freien Abend mehr als verdient.

Malik tat noch einen Schritt auf das Mädchen zu, dann wieder einen. Obwohl er noch einige Meter von ihr entfernt war, drehte sie sich um. Ihre Blicke trafen sich – es war, als hätte ihn ein Stromstoß getroffen. Er konnte nicht atmen, wagte nicht einmal zu blinzeln, weil er fürchtete, die Fremde könnte sich abwenden.

Sie wirkte fast erschrocken, öffnete überrascht die Lippen. Auch sie blinzelte nicht. Wie hypnotisiert ging Malik auf sie zu.

Wie konnte er sie ansprechen, sie in ein Gespräch verwickeln? Was sollte er ihr sagen? Sein Erfahrungsschatz mit Frauen ließ zu wünschen übrig. Zu seinem Schutz waren stets Sicherheitsleute zur Stelle. Er war im Palast aufgewachsen, umgeben von Luxus und Überfluss, doch letztlich völlig isoliert – bis auf die Jahre in der Militärakademie, wo strengste Disziplin mit eigenen Herausforderungen und Regeln herrschte. Zum ersten Mal besuchte er eine private Party, musste Malik sich ironisch eingestehen – abgesehen von diplomatischen Pflichtauftritten und Wohltätigkeitsveranstaltungen.

„Hallo.“ Es kam etwas heiser heraus, und er räusperte sich.

Kein toller Anfang … doch sie strahlte ihn so offenherzig an, es war, als träfe ihn ein goldener Sonnenstrahl.

„Hallo.“ Sie hatte eine dunkle, melodische Stimme.

Einen Moment lang sahen sie sich einfach nur an. Malik wurde bewusst, dass er verlegen lächelte. Keiner von ihnen schien eine gute Anmache auf Lager zu haben.

Dann lachte das Mädchen schallend, und ihre Augen funkelten übermütig. „Wollen Sie mir nicht endlich Ihren Namen verraten?“

„Malik.“ Er überlegte blitzschnell. Es tat ihm gut, dass sie sich ihm nun voll widmete. „Und wie heißen Sie?“

„Grace. Aber alle nennen mich Gracie. Damit ging es schon los, als ich noch ein Baby war. Und irgendwie hatte ich den Spitznamen dann weg. Eine Weile habe ich versucht, die anderen auf Grace umzupolen, aber keiner spielte mit. Ich bin einfach nicht der kultivierte aristokratische Typ wie Grace Kelly.“ Sie machte ein betrübtes Gesicht, doch das schalkhafte Funkeln in ihren Augen verriet sie.

Gracie. Malik ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Selbst den mochte er. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Gracie. Und Ihr Name gefällt mir sehr.“

„Sie haben einen leichten Akzent.“ Sie neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte ihn prüfend. „Sind Sie Italiener?“

„Nein.“

„Was dann?“

„Ich bin …“ Wieder hielt er inne. Heute Abend wollte er nicht der Thronfolger sein, der darauf getrimmt wurde, Sultan zu werden. Thronanwärter war er seit seinem zwölften Geburtstag.

Azim gibt es nicht mehr. Also hör auf mit den Knabenspielen. Jetzt musst du deinen Platz an der Spitze einnehmen und ein Mann sein.

„Ich stamme aus Alazar.“

„Alazar?“ Sie krauste die Nase. „Nie gehört. Ist das in Europa?“

„Im Mittleren Osten. Nicht verwunderlich, dass Sie noch nicht davon gehört haben. Es ist ein kleines Land.“ Schulterzuckend tat er sein Land, seine Erziehung, sein ganzes Leben einfach ab. „Und Sie? Ich vermute, Sie sind Amerikanerin?“

Wieder das Aufblitzen in ihren Augen. „Woran merken Sie das? An meinen schrecklichen Dialekt?“

„Ihr Akzent ist bezaubernd.“

Wieder lachte sie schallend. „Also das höre ich wirklich zum ersten Mal! Heute Morgen habe ich Leute nach dem Weg gefragt, und die schauderten.“

„Dann waren die Leute nicht nur dumm, sondern auch beleidigend.“

Wieder lachte sie, und es gefiel ihm, dass er Gracie erheitern konnte. In ihrer Gesellschaft brauchte er keinen Drink. „Was machen Sie in Rom?“

„Ich reise mit dem Rucksack durch Europa, ehe ich im Herbst in Illinois aufs College gehe.“ Sie schnitt ein Gesicht und lächelte keck. „Ich wollte schon immer möglichst viel von der Welt sehen, aber das verstehen meine Leute zu Hause nicht.“

„Nein?“

„Nein. Die meisten halten mich sogar für verrückt.“ Nun legte sie mit dem Slang so richtig los: „Warum in der Weltgeschichte rumgondeln, Gracie? Da draußen lauern nur Gefahren.“ Sie warf den Kopf zurück, sodass ihr die Locken wie ein Wasserfall über den Rücken flossen. „Yep. Das bin ich: Verrückt, weil ich ein bisschen von der Welt sehen will.“

„Ich halte das überhaupt nicht für verrückt.“

„Dann sind wir schon zwei.“ Sie lächelte übermütig. „Und was machen Sie in Rom?“

„Ich bin geschäftlich mit meinem Großvater hier. Ziemlich langweilig.“ Er wollte nicht über sich reden. „Wo wohnen Sie in den Staaten?“

„Addison Heights. Was da hoch sein soll, ist mir schleierhaft“, setzte sie lachend hinzu. „Alles dort ist so platt wie Pfannkuchen. Wunschdenken, würde ich sagen.“

„Sie sind also anders als Ihre Freunde“, stellte Malik fest. Ihm war noch keine Frau begegnet, die so voller Leben war. Er wollte mit ihr zusammen sein, einfach nur, um ihr unbändiges Temperament, ihr Interesse zu genießen.

Nein … er wollte mehr als das. Er wollte ihre seidige Haut berühren, diese zartroten Lippen küssen. Die Erkenntnis schockierte ihn. Sexuelles Verlangen hatte er seit Jahren verdrängt. Jetzt, mit zweiundzwanzig, spürte er seine unwiderstehliche Macht.

„Hi Gracie.“ Ein junger Mann in zerknittertem Polohemd mit zwei Bierflaschen in den fleischigen Fingern bahnte sich einen Weg durchs Gedränge auf sie zu.

Malik spannte sich an. Der Störenfried gefiel ihm nicht. Gut, dass Gracie das auch so sah, denn sie machte ein abweisendes Gesicht.

Der Mann bedachte Malik mit einem Blick, der ihn aus dem Feld schlagen sollte, baute sich vor ihm auf und drückte Gracie eine Flasche in die Hand. „Hier. Dein Bier.“

„Danke.“ Widerstrebend nahm sie die Flasche, ohne einen Schluck zu trinken.

Malik verlagerte das Gewicht so, dass er den Mann mit der Schulter streifte. Der zuckte zusammen. Mit fast einem Meter neunzig überragte Malik den Kerl beachtlich und war entsprechend kraftvoller und schwerer gebaut. Bisher hatte er seine Körperkräfte nur beim Training eingesetzt, doch jetzt hielt ihn nichts davon ab, sie hier buchstäblich an den Mann zu bringen. Das schien Gracie auch zu erkennen, denn in ihren Augen blitzte es auf. Ermunternd lächelte sie ihm zu.

„Also … eigentlich habe ich keinen Durst“, erklärte sie dem Störenfried, der nun sichtlich schwitzte. Sie gab ihm die Flasche zurück und wandte sich Malik zu. „Jetzt brauche ich dringend frische Luft.“

„Ich auch“, gab er ihr umgänglich recht und reichte ihr die Hand.

Als Gracie sie ergriff, zuckte er wie elektrisiert zusammen.

„Gehen wir.“ Sie lächelte ihm zu und folgte ihm.

Was war nur auf einmal in sie gefahren?

Mit aufgeregt kribbelndem Magen folgte Gracie dem Fremden aus dem Stadthaus zum Trevi-Brunnen. Im Juni war die Luft wunderbar warm und mild, die Nacht erfüllt von lebendigen Stadtgeräuschen: in der Ferne knatterte ein Moped, aus einem Café in der Nähe scholl Gläserklirren und Gelächter zu ihnen herüber.

Vor dem Stadthaus blieben sie stehen, umfächelt von samtiger Luft und dem unvergleichlichen Lebensgefühl der Ewigen Stadt.

Ohne ihre Hand freizugeben, wandte Malik sich ihr zu. Im nächtlichen Wechselspiel von Licht und Dunkel konnte Gracie nur seine irisierend hellen Augen, die stolzen Umrisse seiner Züge ausmachen. Er war der umwerfendste Typ, den sie je gesehen hatte. Vom ersten Moment an hatte er sie fasziniert – ein Mann, wie er im Buch stand: groß, breite Schultern, athletisch gebaut. In blütenweißem Hemd und anthrazitgrauer Hose wirkte er in der bunt zusammengewürfelten Menschenmenge – Studenten und Multikultis in abgewetzten Jeans und T-Shirts – geradezu atemberaubend. Königlich. Und ausgerechnet sie, Gracie, hatte er aus dem bunten Völkchen herausgepickt …

Unwillkürlich erschauerte Gracie. Normalerweise war sie nicht so forsch und direkt. Sie war Gracie Jones aus dem Dreitausendseelennest Addison Heigths in Illinois und hatte noch nie einen Freund gehabt. War durch die High School gegangen, ohne geküsst zu werden. Doch das war in Ordnung. Schon immer hatte sie auf den Einen gewartet, mit dem das wahre Leben erst beginnen würde.

War das jetzt?

„Wohin möchten Sie?“ Seine dunkle Stimme ging ihr durch und durch.

„Keine Ahnung. Ich bin erst gestern in Rom angekommen und hier noch fremd.“ Sie zuckte die Schultern. „Schlagen Sie etwas vor.“

Er lächelte entschuldigend. „Leider kenne ich die Stadt so wenig wie Sie. Auch ich bin erst seit gestern hier.“

„Dann sind wir hier beide Neulinge“, stellte Gracie heiter fest.

„Wie sind Sie auf der Party gelandet?“, wollte Malik wissen.

Gracie schnitt ein Gesicht. „Ich habe den Typ mit dem Bier bei einer Sightseeingtour getroffen. Und als er mich einlud, dachte ich, warum nicht?“ Sie hatte es aufregend gefunden, ins wahre Leben der Großstadt einzutauchen – doch dieses Abenteuer mit Malik war entschieden besser. „Wie wär’s mit einem Café?“, schlug sie ihm vor.

Amüsiert betrachtete er sie. „Ich dachte, Sie hätten keinen Durst.“

„Hab ich auch nicht“, gab sie zu. „Aber irgendwohin müssen wir doch gehen – oder?“ Ihr wurde heiß, als ihr bewusst wurde, dass dieser Malik sich ehrlich für sie zu interessieren schien. Nun fiel ihr alles Mögliche ein, was sie unternehmen könnten …

Was lächerlich war, weil sie keine Erfahrung besaß. Außerdem kannte sie den Mann kaum. Zu leichtsinnig durfte sie am ersten Tag in Europa auf keinen Fall werden. Dennoch fühlte sie sich stark zu dem Unbekannten hingezogen – was auf Gegenseitigkeit zu beruhen schien. Zwischen ihnen hatte es gefunkt. Sollten sie etwas daraus machen?

„Da haben Sie natürlich recht.“ Unternehmungsvoll drückte er ihre Finger und zog sie auf ein kleines Café am Trevi-Brunnen zu, hinter dem sich majestätisch der Palazzo Poli erhob.

Das Straßencafé war voll besetzt, doch nachdem Malik einige Worte mit dem Ober gewechselt hatte, wurden sie an einen Tisch abseits der turbulenten Menge geführt, wo sich ihnen ein ungestörter Blick auf den berühmten Brunnen bot.

Gracie setzte sich und genoss den Anblick des berühmten Brunnens, der von unsichtbarer Unterwasserbeleuchtung erhellt wurde. Doch noch überwältigender war der umwerfende Mann mit den silberhellen Augen, der den Blick nicht von ihr abwenden konnte. Ihr war, als jage Feuer durch ihre Adern.

Wieso interessierte dieser aufregende Fremde sich so offensichtlich für sie? Zugegeben, er war der bestaussehende Mann, der ihr je begegnet war. Zwischen ihnen knisterte es gefährlich, aber da war mehr als Seelenverwandtschaft oder sexuelle Anziehung. Oder lag das an der unerwarteten, romantischen Situation, in der sie sich befanden? Noch vor zwei Tagen hatte sie bei einem Familienbarbecue im beschaulichen Addison Heights einen gegrillten Hamburger gegessen – und jetzt saß sie in einem Café in Rom und war hingerissen von einem fabelhaft aussehenden Fremden, der gerade eine Flasche sündhaft teuren Champagner bestellt hatte.

„Ich liebe Champagner“, erklärte sie ihm impulsiv. Dabei hatte sie die Marke erst zweimal probiert – die unverschämt teuer war, soweit sie wusste.

„Gut. Ich finde nämlich, wir haben etwas zu feiern.“

„Und das wäre?“

Er sah sie eindringlich an. „Unsere Begegnung.“

„Na ja … wir kennen uns doch eigentlich gar nicht“, wiederholte Gracie atemlos, und ihr Lachen fiel etwas matt aus. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment vom Hochseil abzustürzen. Doch obwohl sie unsicher war, fühlte sie sich herrlich lebendig. „Eigentlich kenne ich nur Ihren Namen.“

„Und woher ich komme.“ Malik spreizte die Hände. „Aber Sie können mich alles fragen.“

„Alles?“

Seltsam eindringlich sah er sie an. „Alles.“

Natürlich fiel ihr ausgerechnet jetzt nichts ein. Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. In diesem Moment gab es für sie nur diesen Mann …

„Hm …“ Gracie lachte verlegen. „Wie alt sind Sie, Malik?“

„Zweiundzwanzig.“

Zweiundzwanzig? Irgendwie wirkte er älter und sehr viel vornehmer und kultivierter. Er strahlte selbstverständliche Autorität, fast so etwas wie Arroganz aus, was sie faszinierte. War das angeboren oder anerzogen? Was, um alles in der Welt, sah er in ihr?

„Und wie alt sind Sie?“, fragte er.

Fast ein wenig entschuldigend lächelte Gracie. „Neunzehn.“

„Und Sie wollen aufs College gehen, sagten Sie?“

„Ja. Im September. Um Sonderpädagogik zu studieren.“ Aber vorher wollte sie ein bisschen leben.

Erstaunt sah Malik sie an. „Sonderpädagogik?“

„Ja, es geht da um Kinder mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen“, klärte Gracie ihn auf. „Mein kleiner Bruder Jonathan leidet unter dem Down-Syndrom und hat dank guter Lehrer und fachlicher Unterstützung erstaunliche Fortschritte gemacht. Das Gleiche möchte ich später für andere Kinder tun.“

„Ich finde es bewundernswert, dass Sie sich aus Dank für das, was andere für Ihre Familie tun, auf die gleiche Weise einsetzen wollen“, erwiderte Malik ernst. „So denke ich auch.“

„Ja?“ Etwas geschah mit ihr … der Mann wurde ihr immer sympathischer. „Was machen Sie denn beruflich?“ Sie wusste praktisch nichts von ihm, hatte keine Ahnung, wo Alazar lag. Im Mittleren Osten … hatte er gesagt.

„Ich unterstütze meinen Großvater“. Er schien seine Worte jetzt sehr sorgfältig zu wählen. „In verschiedenen Bereichen und verantwortlichen Funktionen. Er ist … ein bedeutender Mann in Alazar.“

„Aha.“ Das erklärte vielleicht, wieso Malik so würdevoll wirkte. Was mochte sein Großvater sein? Geschäftsmann? Diplomat? Ein Scheich?

Wie aufregend!

In diesem Moment brachte der Ober die teuer aussehende Champagnerflasche, öffnete sie mit einem Knall und schenkte mit elegantem Handschwung perlende Flüssigkeit in zwei Kelche.

„Auf was wollen wir trinken, Gracie?“, fragte Malik und reichte ihr ein Glas.

Sie überlegte einen Moment. „Auf die Zukunft“, schlug sie dann vor, weil ihr nichts Besseres einfiel. „Auf unsere Zukunft!“

Nun lächelte er, sah ihr in die Augen und hob das Glas an die Lippen. „Auf unsere Zukunft“, wiederholte er bedeutsam und trank einen Schluck.

Gracie tat es ihm nach. Der perlende Champagner ging ihr sofort ins Blut, sie fühlte sich herrlich beschwingt und übermütig. Die ganze Situation war lustig – völlig unglaublich und verrückt. Doch mit einem Mal wurde Malik ernst und fragte sie seltsam eindringlich: „Empfinden Sie auch so wie ich?“

Gracies Herz führte einen wilden Tanz auf, mit unsicherer Hand stellte sie das Champagnerglas auf den Tisch zurück. „Ja“, flüsterte sie. „Ich denke schon.“ Obwohl das alles nur ein Traum sein konnte.

Malik lachte leise. „Jetzt frage ich mich, ob meine Fantasie mit mir durchgeht. Ich kenne Sie doch überhaupt nicht.“

„Nein …“

„Dennoch ist da etwas zwischen uns …“

„Ein magisches Band.“

Einen Moment lang sah Malik sie nachdenklich an, und Gracie schluckte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht …?

„Ja“, sagte er endlich. „Ein magisches Band. Eine Art Seelenverwandschaft.“

Malik hatte seinen Champagner kaum angerührt, doch etwas geschah mit ihm … seine Haut prickelte, er fühlte sich beschwingt, alles in ihm erwachte zum Leben. Wann war er das letzte Mal so erregt, so voller Tatendrang und Hoffnung gewesen?

Eigentlich nie. Dennoch …

Ein flaues Gefühl im Magen schien ihn zu warnen. Er wusste, dass es mit Gracie nur eine kurze, flüchtige Begegnung geben konnte – einen One-Night-Stand –, wenn überhaupt. Sein Leben gehörte ihm nicht. Darüber zu entscheiden, stand ihm nicht zu. So war es seit seinem zwölften Geburtstag gewesen, als er aus der Schule genommen, seines unbeschwerten Lebens beraubt worden war und auf seine Bücher und die Modellflugzeuge verzichten musste.

Hart und erbarmungslos hatte sein Großvater ihm eröffnet: Azim ist tot. Jetzt bist du der Thronfolger.

In diesem Augenblick hatte sein Leben sich radikal verändert. Aus dem scheuen Bücherwurm Malik, der jederzeit tun und lassen konnte, was er wollte, war der zukünftige Sultan geworden, der stets unter der Knute des Hofprotokolls und im Fokus der Medien stand, entrückt von all den Dingen, die er geliebt, den Menschen, an denen er gehangen hatte.

Nach zehn Jahren Pflicht pur konnte er sich wenigstens einen Abend gönnen ….

Mit einer Frau …

Malik beugte sich vor, er musste Gracie einfach berühren, herausfinden, wie sie sich anfühlte.

Ihre Augen blitzten unternehmungslustig. „Und wohin gehen wir?“

„Irgendwohin.“ Er wollte nur mit ihr zusammen sein.

„Wir könnten eine Münze in den Trevi-Brunnen werfen.“ Unbekümmert strich sie das Haar über die Schultern zurück und lächelte verheißungsvoll. „Ein bisschen leben.“

Genau das wünschte Malik sich auch. Mehr blieb ihm nicht. Ein bisschen … leben.

„Na gut.“ Er stand auf und bezahlte den Champagner, dann zog er Gracie unternehmungslustig mit sich in die Nacht hinaus. Er würde sie erst gehen lassen, wenn ihm nichts anderes übrig blieb.

Die Plaza war voller Menschen und Musik, dennoch kam es ihm vor, als bewegten sie sich in einer eigenen Welt, als sie am lichtschimmernden Brunnen vorbeischlenderten.

„Kennen Sie die alte Tradition, Malik?“, fragte Gracie ihn vergnügt.

Er schüttelte den Kopf.

„Sie müssen sich mit dem Rücken zum Brunnen hinstellen und mit der rechten Hand eine Münze über die linke Schulter werfen.“ Lachend machte sie es ihm vor, und er beobachtete sie fasziniert.

„Was passiert dann?“

Sie lächelte verheißungsvoll. „Dann kehrt man nach Rom zurück, heißt es. Aber da gibt es noch eine Tradition …“ Nun zögerte sie.

„Noch eine?“, fragte er erwartungsvoll.

„Man muss drei Münzen in den Brunnen werfen“, erklärte sie ihm geheimnisvoll. „Eine zweite, damit einem die große Liebe begegnet, und eine dritte …“ Sie wurde verlegen.

„Drei? Wozu drei?“

„Damit man nach Rom zurückkehrt. Zwei, um die große Liebe zu finden. Und drei, um sie zu heiraten.“ Das Lachen gelang ihr nicht ganz. „Verrückt, finden Sie nicht?“

Prompt griff Malik in seine Tasche, und Gracie verfolgte, wie er sich mit dem Rücken zum Brunnen aufstellte und eine Münze über die Schulter warf. Aufspritzend landete sie im Wasser. Er ließ ihr eine zweite folgen, und Gracie atmete tief ein.

Ihr Herz begann stürmisch zu pochen, gespannt stand sie da, als er sich wieder zu ihr umdrehte.

Dann tat Malik, was er schon den ganzen Abend tun wollte.

Er zog sie in die Arme und küsste sie.

2. KAPITEL

Die Berührung seiner Lippen elektrisierte Gracie, alles in ihr erwachte zum Leben, als Malik mit der Zunge in ihren Mund eindrang und sie leidenschaftlich küsste. Überwältigt ließ Gracie sich an ihn sinken.

Malik löste sich atemlos von ihr und sah sie fragend an.

„Das war mein erster Kuss“, gestand sie ihm leise.

Einen Moment sah er sie erstaunt an, dann lächelte er entschuldigend. „Meiner auch.“

„Wie bitte?“ Sie richtete sich auf und tastete nach dem Brunnenrand. „Das ist doch nicht möglich!“

„Und warum nicht?“

„Aber … Sie sind… du bist so …“ Verwirrt betrachtete sie seine athletische Gestalt. „Du musst doch so viele Frauen …“ Sie war völlig durcheinander, suchte nach den richtigen Worten.

„Ich habe sehr zurückgezogen und bewacht gelebt – notgedrungen.“ Malik atmete tief aus. „Heute bin ich zum ersten Mal ausgebrochen und habe mir ein bisschen Freiheit gestohlen.“

„Aber wieso …?“

Er zuckte die Schultern. „Dafür gibt es viele Gründe …“

Ihm war anzumerken, dass er jetzt nicht darüber sprechen wollte – während Gracie vor Neugier brannte. Seine verschlossene Miene hielt sie davon ab, mit Fragen in ihn zu dringen. „Wenn das dein erster Abend in Freiheit ist, sollten wir das Beste daraus machen“, schlug sie ihm kühn vor. „Meiner ist es übrigens auch.“

„Wieso das?“

Jetzt war es an ihr, die Schultern zu zucken. „In unserer amerikanischen Kleinstadt im Mittleren Westen habe auch ich sehr behütet gelebt. Außerdem war ich das jüngste von sechs Kindern. Bei uns zu Hause ging es herrlich verrückt zu. Aber natürlich fehlte uns das Geld, um in Restaurants zu gehen und Urlaub zu machen – oder gar in der Weltgeschichte herumzuziehen. Meine Eltern waren glücklich und zufrieden mit der Vorstellung, in Addison Heights zu leben und zu sterben. Für sie war der übliche Jahrmarkt das Höchste an Vergnügen und Luxus. Und obwohl ich das in Ordnung fand, träumte ich von jeher davon, Abenteuer zu erleben.“

Und Malik kennenzulernen, war das größte Abenteuer. Sie wollte ihn noch einmal küssen. Jetzt … vor dem Brunnen. Vor ganz Rom.

Er musste spüren, was in ihr vorging, denn er blickte auf ihre Lippen. „Gracie …“, sagte er heiser und küsste sie. Und sie klammerte sich an ihn, wollte mehr …

Ein Mann in der Nähe pfiff bedeutsam und lachte.

Fast erschrocken löste Malik sich von ihr. „Nicht hier“, sagte er leise.

Gracie wagte kaum, es auszusprechen: „Wo dann?“

Einen Moment lang blickte er starr auf seine Hand, dann strich er Gracie behutsam über die Wange. „Würdest du mit mir ins Hotel kommen?“, schlug er ihr zögernd vor. „Ich habe eine Suite im Hassler … ganz in der Nähe.“

Ihr Herz pochte wie verrückt. Die Vorstellung, die Nacht mit ihm zu verbringen, war berauschend – und machte ihr gleichzeitig Angst.

Und kam ihr so richtig vor …

Aber lief es nicht auf das dumme Klischee hinaus: Romantische Träumerin verliebt sich in geheimnisvollen Fremden? Die Familie wäre entsetzt – oder hielte sie für verrückt.

Hatte sie nicht schon immer von Verrücktheiten geträumt?

Reisen, Gracie? Wozu denn das? Alles, was du dir wünschst, kannst du auch hier haben.

Ihre Eltern hatten Illinois seit zehn Jahren nicht verlassen. Und Jenna, ihre beste Freundin aus der High School, wollte nur studieren, um mit ihrem Jugendfreund zusammen zu sein. Niemand hatte verstanden, wieso Gracie Sehnsucht nach der großen weiten Welt und dem prallen Leben hatte.

„Gracie?“ Wieder streichelte Malik ihre Wange, und sie erschauerte. „Du musst das nicht tun. Wir können auch hier bleiben.“

„Ich möchte es aber.“ Sie lächelte kokett. „Vergiss nicht: Du bist der Erste, den ich geküsst habe. Ich habe keine Erfahrung in diesen Dingen …“

„Ich auch nicht“, erinnerte er sie. „Ich möchte einfach mit dir zusammen sein. Wir müssen die Grenzen nicht überschreiten …“

Doch als Malik sie küsste, wollte sie alles Mögliche …

„Na gut“, flüsterte sie und ließ sich von ihm entführen.

Autor

Kate Hewitt

Aufgewachsen in Pennsylvania, ging Kate nach ihrem Abschluss nach New York, um ihre bereits im College angefangene Karriere als Schauspielerin weiter zu verfolgen. Doch ihre Pläne änderten sich, als sie ihrer großen Liebe über den Weg lief. Bereits zehn Tage nach ihrer Hochzeit zog das verheiratete Paar nach England, wo...

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