Fest der Liebe mit dem Boss?

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Kurz vor Weihnachten reist Eventplanerin Erin mit Tycoon Hugo Harrington nach London, um die Eröffnung seines Luxushotels vorzubereiten. Ein Job, mehr nicht! Auch wenn die alleinerziehende Mutter heimlich für Hugo schwärmt, ist er als ihr Boss tabu! Doch als dichtes Schneegestöber sie eines Abends zwingt, bei Hugo in seiner Penthouse-Suite zu übernachten, ist es um sie geschehen: Nach einem ungeahnt romantischen Dinner verbringt sie den Rest der Nacht in seinen Armen. Ein Fehler? Am Morgen muss sie fürchten, dass Hugo ihr Entscheidendes verschwieg …


  • Erscheinungstag 30.11.2021
  • Bandnummer 242021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507158
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Ende November

In seinem tiefsten Sinn war Betrug immer etwas Persönliches. Er hinterließ tiefe Narben in der Seele eines Mannes.

Obwohl Hugo erst siebzehn Jahre alt gewesen war, als ihm der ultimative Verrat widerfahren war, hatte er die Emotionen bekämpft, die ihn zu ersticken drohten. Er war für die Unterschlagung seines Stiefvaters verantwortlich gemacht worden, und seine Mutter hatte sich auf die Seite ihres zweiten Mannes gestellt, als dieser Hugo befohlen hatte, sein Zuhause zu verlassen.

Ihm war keine Zeit geblieben, sich von seinen beiden Zwillingsgeschwistern zu verabschieden. Man hatte ihm gesagt, er solle packen und verschwinden. Jedes Jahr hatte er seinen Geschwistern eine Weihnachtskarte geschickt, aber niemals eine Antwort erhalten. Es war, als ob er aus ihrem Leben gelöscht worden war. Ausradiert und vergessen.

Trotzdem hatte er sich geweigert, sich von seinen traumatischen Verlusten oder den Wunden, die diese gerissen hatten, vernichten zu lassen. Nachdem er erkannt hatte, dass er den Rest seines Lebens isoliert verbringen würde, wenn er sich Trauer und Selbstmitleid hingab, hatte sein Verstand die Regie übernommen. Hugo musste nicht die Schuld für etwas auf sich nehmen, was er nie getan hatte. Manche Verluste waren schlicht inakzeptabel, manche Fehler mussten gerächt werden. Denn einige Wunden heilten einfach nicht ohne Gerechtigkeit.

Er hatte ganze siebzehn Jahre auf die Chance gewartet, das Londoner Harrington Park Hotel zu kaufen und seinem Bruder und seiner Schwester einen Olivenzweig zu reichen. Nun war es endlich so weit.

„Mr. Harrington?“ Die Stimme seiner persönlichen Assistentin ertönte über den Lautsprecher des Telefons.

Hugo wandte sich von der gläsernen Wand seines Büros ab, die einen atemberaubenden Blick auf die Skyline von Manhattan bot. Die Gebäude gegenüber schienen in greifbarer Nähe zu sein. Das Gefühl, die ganze Welt im Griff zu haben, erfüllte ihn. Es war nicht einfach gewesen, an diesen Punkt zu gelangen. Aber er hatte sich entschlossen nach ganz oben gekämpft.

„Ja, Victoria?“

„Ihr Zehn-Uhr-Termin ist da.“

„Schick sie rein!“ Er ging vom Fenster zu seinem Schreibtisch, setzte sich aber nicht.

Die Tür öffnete sich, und Erin Hunter trat ein. Ihr glattes rotes Haar fiel ihr in einem gerade geschnittenen Bob auf die Schultern, eine Frisur, die Hugo immer an ihre ausgesprochen sachliche Einstellung zur Arbeit erinnerte. Auch ihr schlichtes dunkelblaues Kostüm erschien ihm passend – aus der Sicht des zugeknöpften Geschäftsmanns, der er war.

Zurzeit lebte er in Manhattan, aber aufgewachsen war er in London. Und dort wie hier war er es gewohnt, sich nur mit dem Besten vom Besten zu umgeben.

Erin Hunter war die Beste.

„Guten Morgen, Erin.“ Er deutete auf die Stühle gegenüber von seinem Schreibtisch. „Bitte, nehmen Sie Platz.“

Sie setzte sich kerzengerade hin und kreuzte ihre Beine.

„Ich habe ein neues Projekt. Wahrscheinlich das wichtigste Projekt meines Lebens“, informierte er sie.

Ihre Augenbrauen hoben sich, doch sie wartete geduldig ab.

„Die Immobilie ist ziemlich alt und stark renovierungsbedürftig. Sie befindet sich in London und war früher einmal in Familienbesitz …“ Er verschluckte sich fast an diesen Worten, würde ihr aber sicherlich nicht erklären, dass es seine Familie gewesen war. Die schreckliche Wahrheit würde früh genug herauskommen.

Vielleicht in London, nachdem sie ein paar Tage im Hotel verbracht hatten. Dann wäre der Stich hoffentlich nicht mehr so scharf und schneidend. „Es fiel in die Hände eines inkompetenten Geschäftsführers und ging in Konkurs. Ich habe es bei einer Zwangsversteigerung erworben.“

Sie lächelte, weil sie ein gutes Geschäft genauso zu schätzen wusste wie er.

„Und ich möchte, dass die Eröffnung Heiligabend stattfindet.“

Überrascht sah sie ihn an. „Heiligabend? Also in vier Wochen?“

„Genau.“

Zu seiner großen Überraschung und Bestürzung stand sie vom Stuhl auf. „Es tut mir leid, Mr. Harrington. Ich bin ausgebucht.“

„Ausgebucht?“

„Auf jeden Fall kann ich es mir nicht erlauben, die nächsten Wochen in London zu verbringen.“ Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr glänzend rotes Haar hin- und herschwang. „Weihnachten in London … das ist unmöglich.“ Um die Absage etwas zu mildern, lächelte sie ihn an, professionell und freundlich.

Zum ersten Mal, seit Hugo sie kannte, reagierte er darauf, dass sie außergewöhnlich schön war. Zwar hatte er das schon früher bemerkt, doch irgendetwas an dem Funkeln in ihren Augen, als sie sein Angebot ablehnte, verlieh ihr etwas Atemberaubendes und brachte seinen sonst so ruhigen Puls durcheinander.

Aber das war ja lächerlich!

Unauffällig holte er Luft, um einen klaren Kopf zu bekommen. Hugo Harrington trennte stets das Geschäft vom Vergnügen, darum ergab das plötzliche Knistern in der Luft auch überhaupt keinen Sinn. Es musste eine vorübergehende Verwirrung sein.

„Was meinen Sie damit, es sei unmöglich?“, hakte er nach.

Sie hob beide Hände. „Ich habe andere Dinge geplant. Außerdem ist Ferienzeit. Normalerweise habe ich wesentlich mehr Vorlauf für einen Auftrag dieser Größenordnung.“

„Es gibt einen guten Grund für die Eile“, erklärte er und bedeutete ihr, sich wieder zu setzen. „Das Grundstück war völlig unerwartet verfügbar, da habe ich ein Gebot abgegeben, das sie nicht ablehnen konnten. Mir blieb also auch keinerlei Vorlaufzeit.“

„Vielleicht können Sie einen späteren Eröffnungstermin ins Auge fassen“, schlug sie vor.

Er starrte sie an. „Nein! Schon in seiner Blütezeit war das Hotel für seine aufwendigen Heiligabendfeiern bekannt. Das ist die perfekte Zeit für einen erfolgreichen Relaunch. Der beste Weg, um zu demonstrieren, dass das Hotel, an das sich jeder erinnert, wieder zurück ist und in seinem alten Glanz erstrahlt!“

Und eine ideale Gelegenheit, sich seinem Bruder und seiner Schwester wieder etwas anzunähern, damit sie die Konflikte der Vergangenheit bereinigen konnten.

„Vielleicht nächstes Jahr Heiligabend?“

Eine seltsame Hitze schoss durch seinen Körper. Es war fast so, als würde er es genießen, mit ihr zu diskutieren. Dabei tat er das nie mit Subunternehmern. Er bezahlte sie, damit sie seine Anweisungen ausführten. Nicht mehr und nicht weniger.

Ihm fiel auf, dass sie sich nicht wieder setzte.

„Dieses Hotel ist mir sehr wichtig“, hob er erneut an. „Man könnte sogar sagen, dass es mir persönlich am Herzen liegt.“

„Es tut mir leid.“ Echtes Bedauern lag in ihrem Blick. „Aber zur Weihnachtszeit nicht in New York zu sein, funktioniert bei mir einfach nicht.“ Sie reichte ihm die Hand, und er nahm sie verblüfft in seine. „Danke, dass Sie bei diesem Angebot an mich gedacht haben.“

Damit war sie auch schon aus der Tür. Wie vom Donner gerührt blieb Hugo hinter seinem Schreibtisch vor dem herrlichen Blick auf die Skyline von Manhattan stehen und überlegte, wann ihm zum letzten Mal etwas abgeschlagen worden war.

Er hörte, wie sich die Aufzugstüren öffneten und wieder schlossen, und seine verwirrten Gedanken klärten sich allmählich. Sie hatte es angeblich bedauert, ihm absagen zu müssen, es aber dennoch getan. Was zum Teufel konnte so wichtig sein, dass sie einfach ablehnte?

Hastig nahm er seinen Mantel vom Haken und stürmte nur Sekunden später am Schreibtisch seiner Assistentin vorbei. „Lassen Sie bitte sofort meinen Wagen vorfahren!“

„Jawohl.“

Er drückte den Aufzugsknopf, und eine von drei Doppeltüren öffnete sich. Hoffentlich erwischte er Erin noch in der Lobby. Falls nicht, würde er ihr folgen, wohin auch immer sie an diesem kalten Tag Ende November auch ging. Zu Fuß oder mit dem Auto. So leicht ließ er sich nicht abschütteln!

Hartnäckigkeit war sein zweiter Vorname. Wenn er Pläne machte, gab es nicht nur einen Plan B, sondern auch noch die Varianten C bis F!

Und er verlor niemals – schon gar nicht jemand so wichtigen wie Erin. Sie war mit großem Abstand die beste Eventmanagerin in Manhattan, und er hatte sie schon überall in den USA eingesetzt. Wenn jemand seine Erinnerungen an einen perfekten Heiligabend im Harrington Park Hotel zum Leben erwecken konnte, dann war sie es.

Am Bordstein holte er sie ein. Als sie ihn plötzlich neben sich auftauchen sah, weiteten sich ihre blauen Augen.

„Wir haben noch gar nicht über Geld gesprochen“, sagte er.

Abweisend runzelte sie die Stirn. „Dafür gibt es auch keinen Grund. Ich bin ausgebucht.“

„Für ein paar Büro-Weihnachtsfeiern?“ Er stieß einen verächtlichen Laut aus. „Was ist, wenn ich Ihnen das Dreifache Ihres normalen Tarifs zahle?“

Ein Taxi hielt neben ihnen, und Erin öffnete die hintere Tür. „Es tut mir leid, Mr. Harrington. Das Timing passt bei mir einfach nicht.“

Sie stieg ins Auto und rauschte davon. Augenblicklich nahm Hugo in seiner Limousine die Verfolgung auf und wies seinen Fahrer an, sich auf keinen Fall abhängen zu lassen.

Insgeheim rechnete er damit, dass Erins Taxi irgendwo im Geschäftsviertel anhalten würde. Vielleicht vor einem der Hochhäuser, in denen die Büros eines Kunden lagen, für den sie im Dezember arbeitete.

Doch stattdessen ging es quer durch die Stadt. Erst nach vierzig langen Minuten, einschließlich der Fahrt durch einen Tunnel unter dem Hudson River hindurch, landeten sie in Jersey City.

Jersey City?

Das Taxi parkte vor einem bescheidenen vierstöckigen Gebäude, und eine knappe Minute später stieg Erin aus, ging die Vordertreppe hinauf und verschwand im Haus.

Hugo sprang aus seinem Auto und rannte ihr nach. Er erreichte sie nicht rechtzeitig, sah aber, dass der Aufzug im dritten Stock anhielt. Als der Lift zurückkam, folgte er ihr nach oben.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und er trat vorsichtig heraus. Ganz offensichtlich war er in einem einfachen Wohnungsflur und nicht in einem Bürokomplex.

Er klopfte an der ersten Tür. Eine ältere Frau in einem Hausmantel machte auf und bestätigte seinen Verdacht.

„Hallo?“, fragte sie.

Seine Miene blieb ausdruckslos. „Entschuldigung, falsche Wohnung.“

Sie lachte. „Sicher?“

Nun musste Hugo doch lächeln. Er entschuldigte sich erneut und ging zur nächsten Tür. Dort antwortete niemand auf sein Klopfen. Die dritte Tür öffnete ein kleiner Junge, der nicht älter als drei Jahre war.

Hugo erstarrte ein paar Sekunden und sagte dann mechanisch: „Entschuldigung. Falsche Wohnung …“

„Noah! Was soll das? Du darfst doch nicht einfach aufmachen!“ Erin trat aus einer Küchenzeile und trocknete sich die Hände mit einem Geschirrtuch ab. Als sie Hugo sah, klappte ihr Mund auf.

Und er kam sich plötzlich vor wie ein Mann, der versehentlich eine Grenze überschritten hatte.

Der kleine Junge hatte genau wie Erin rote Haare und blaue Augen. Von der Tür aus sah Hugo sich um.

Die Wohnung war schlicht eingerichtet, einschließlich eines altmodischen Blumensofas, das vor einem großen Fenster mit langen beigen Vorhängen stand. Die Küchenzeile kam ohne moderne Schränke oder glänzende Granitoberflächen aus. Alle Schränke waren aus gewachstem Holz.

Lebte Erin tatsächlich hier? Und falls ja, warum? Immerhin zahlte er ihr ein kleines Vermögen. Und das Kind … Konnte es sein, dass seine hochkarätige und extrem erfolgreiche Veranstaltungsplanerin schon Mutter war?

„Darf ich reinkommen?“

Sie zögerte. Hugo konnte nicht sagen, ob ihr Gesicht Verlegenheit oder Verärgerung ausdrückte. Und er hasste es, nicht zu wissen, was ihn in den nächsten Minuten erwartete. Vor allem, wenn es um seine Angestellten ging – obwohl man Erin natürlich nicht als Angestellte bezeichnen konnte.

Trotzdem wollte er wissen, woran er war.

„Ich habe den Eindruck, wir haben mein Projekt noch nicht ausreichend besprochen“, begann er.

Sie ging zu dem kleinen Jungen, Noah, und legte ihre Hände auf seine schmalen Schultern. „Gut, kommen Sie gern herein. Möchten Sie einen Kaffee oder ein Wasser?“

„Ein Kaffee wäre großartig.“

Mit einem Nicken betrat Hugo Erins Wohnung und streifte seinen Kaschmirmantel ab.

Ihre Geschäftsbeziehung war immer sachlich und sehr professionell gewesen, daher wunderte es Erin, dass Hugo Harrington ihre Absage nicht akzeptierte und einfach zu ihr nach Hause kam.

Aber er war hier. In ihrer kleinen Wohnung. Ihr wohlhabendster und attraktivster Klient – sexy wie die Sünde. Er war groß und breitschultrig, hatte kastanienbraunes Haar, das im Neonlicht ihrer Küchenzeile schimmerte, und ernste graue Augen.

In den zweieinhalb Jahren, die sie schon zusammenarbeiteten, war Hugo häufig Gegenstand ihrer heimlichen Fantasien gewesen. Sie hatte nie ein Wort darüber verloren, nie etwas in dieser Richtung unternommen, sondern war immer streng professionell geblieben, weil sie nicht bereit für einen Mann in ihrem Leben war, aber es tat ja nicht weh, einmal hinzuschauen.

Natürlich würde nie etwas daraus werden, obwohl sie sich von ihm angezogen fühlte. Doch das würde sie schon selbst zu verhindern wissen!

Während sie gerade eine zweite Tasse in die automatische Kaffeemaschine stellte, rief ihre Mutter durch den Flur: „Erin? Wenn du jetzt erst mal zu Hause bist, gehe ich raus, um meinen Spaziergang zu machen.“ Als die ältere Dame hereinkam und Hugo sah, blieb sie abrupt stehen. „Oh, hallo.“

„Das ist Hugo Harrington, Mom. Mr. Harrington, das ist meine Mutter, Marge Winters.“

Er sah ihre Mutter mit seinem umwerfenden Lächeln an. „Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Mrs. Winters.“

Insgeheim verdrehte Erin die Augen. Sicher, sie fand Hugo unwiderstehlich, hatte aber auch bemerkt, wie kritisch er sich in ihrer Wohnung umgesehen hatte. Außerdem … die Anziehungskraft zwischen ihnen war nie gegenseitig gewesen.

Andere Kunden luden sie regelmäßig zu Partys und zum Abendessen ein, um diverse Projekte zu besprechen, aber mit Hugo Harrington traf sie sich ausschließlich in seinem Büro.

Was vermutlich das Beste war, wenn man bedachte, wie attraktiv sie ihn fand.

„Kann Noah zum Spazieren mitkommen?“, fragte sie.

„Sicher“, erwiderte ihre Mutter fröhlich, die genau wusste, wie wichtig Hugo Harrington als Klient für ihre Tochter war.

In weniger als einer Minute hatte Erins Mutter Noah seine Jacke angezogen und seine Strickmütze auf die roten Locken gesetzt. Erin ging in die Hocke, küsste ihren Sohn und sah zu, wie die beiden die Wohnung verließen.

Dann reichte sie Hugo eine Tasse Kaffee, und gemeinsam setzten sie sich an den kleinen Esstisch in der Mitte des Zimmers.

„Ich bin mir nicht sicher, warum meine Entscheidung noch Raum für weitere Diskussionen lassen sollte. Mein Entschluss steht fest.“

Er sah sich in ihrem kargen Zuhause um. „Ich habe Ihnen das Dreifache der üblichen Vereinbarung angeboten.“

„Ein Leben hat mehr zu bieten als nur Geld.“ Auch wenn sie natürlich darauf hinarbeitete, sich und ihren Liebsten ein besseres Dasein zu ermöglichen. Noah war der einzige Teil ihres verstorbenen Mannes, der ihr geblieben war. Er war ihre Welt. Nicht ihre Karriere und schon gar nicht Geld.

Hugo Harrington blinzelte, als wäre ihm das Konzept, dass es im Leben mehr als guten Umsatz gab, völlig fremd.

Sie unterdrückte einen Seufzer. „Die Vorweihnachtszeit im Dezember ist für mich wichtig: Man redet über den Weihnachtsmann, kauft Geschenke, und ich möchte meinem Sohn wirklich ein paar zauberhafte Tage ermöglichen. In Manhattan kann ich normalerweise nach einem geregelten Zeitplan arbeiten und habe viel Zeit für ihn. Aber das geht nicht, wenn ich in London bin.“

Erin sah Hugo an, wie wenig Verständnis er für ihr Dilemma hatte. Dass sie ihm die Vorfreude auf Weihnachten praktisch erklären musste, zeigte ihr das wahre Bild von Hugo Harrington. Er war nicht der romantische, sinnliche Mann, der ihre Tagträume beherrschte, sondern ein hartgesottener Geschäftsmann, der keine Zeit für eine eigene Familie hatte und die Bedeutung des Wortes Familie gar nicht verstand. Er lebte nur, um zu arbeiten.

Bei ihr war das anders. Zwar war ihre Mom nach Joshs Tod bei ihr eingezogen, damit sie sich um Noah kümmern konnte, aber für Erins kleinen Jungen war es nicht dasselbe, wie einen Vater zu haben.

Sie schloss kurz die Augen und kämpfte gegen das Gefühl der Trauer und Verzweiflung an, das sie beim Gedanken an den unerwarteten Herzinfarkt ihres Mannes überfiel.

Wie verraten und betrogen sie sich gefühlt hatte, als sie erfuhr, dass er seit Monaten krank gewesen war und es ihr nicht gesagt hatte! Stattdessen hatte er sich einer Frau anvertraut, mit der er zusammengearbeitet hatte … Sie hatte Erin später erzählt, dass Josh seiner Frau den Kummer während ihrer Schwangerschaft hatte ersparen wollen.

Aber so gut seine Absichten auch gewesen sein mochten, er hatte Erin hintergangen und damit bewiesen, dass sie nicht die tiefe, wundervolle Bindung hatten, an die Erin immer geglaubt hatte. Am Ende hatte sie hochschwanger an seinem Grab gestanden, ohne die Gelegenheit gehabt zu haben, sich von ihm zu verabschieden.

Sie hätte mit ihm weinen und um seine Gesundheit kämpfen können. Sie hätten Videos von ihm für seinen Sohn aufnehmen können, wie er für Noah lachte und mit ihm sprach. Oder andere Dinge tat, die ein Vater mit seinem Kind teilen wollte …

„Sie haben gerade keine anderen Kunden, oder?“

Erin zwang sich zurück in die Gegenwart und zu ihrem Gespräch mit Hugo Harrington, dem sexy Geschäftsmann mit dem Herz aus Stein.

„Es sieht für mich so aus, als könnten Sie es sich nicht leisten, mich zu verlieren.“

Mutig hob sie ihr Kinn. „Natürlich habe ich andere Kunden. Besonders im Dezember.“

„Aber keine, die so viel zahlen wie ich. Ein paar Weihnachtsfeiern und diverse Eröffnungen, die Pauschaltarife bringen. Mein Angebot liegt deutlich über der Norm.“

Ein Teil von ihr wollte sich einfach mit einer Notlüge rausreden. Andererseits war es nicht ihr Stil, es sich einfach zu machen, indem man die Wahrheit verschwieg. Josh hatte es getan, und das konnte sie ihm kaum verzeihen.

„Es stimmt, Sie sind mein wichtigster Kunde.“

„Dann lassen Sie mich einen Kompromiss vorschlagen.“

Eine leise Hoffnung keimte in ihr auf. „Ich könnte das Projekt auch von New York aus beaufsichtigen?“, erkundigte sie sich.

Sofort schüttelte er den Kopf. „Nein. Aber ich könnte Ihren Sohn und Ihre Mom mit Ihnen nach London schicken.“

Ihr Atem stockte, als er das Wort Mom aussprach, weil es so anders und irgendwie seltsam vertraut klang. Fast intim und gar nicht nach dem nüchternen Hugo Harrington. Für ein paar Sekunden war er wieder der Mann ihrer Träume, mit dem sie sich fast alles vorstellen konnte. Ein attraktiver Kerl mit kastanienbraunem Haar und faszinierenden grauen Augen.

„Wir haben auch einen richtigen Weihnachtsmann in London. Und viele wundervolle Geschäfte und herrlich dekorierte Straßen.“ Er sah sie aufmunternd an. „Betrachten Sie es doch als eine Gelegenheit, Noah ein bisschen was von der Welt zu zeigen.“

Nachdenklich erwiderte sie seinen Blick, blieb jedoch stumm.

„Ich würde Sie in keinem Hotel unterbringen, sondern Ihnen eine schöne Wohnung mieten, die Sie dann ausgiebig dekorieren können. Und ich werde für faire Arbeitszeiten sorgen, damit Sie Ihren Sohn jeden Abend selbst ins Bett bringen können.“

Immer noch schweigend starrte sie ihn an. Es reizte sie tatsächlich, ihrem Sohn mehr von der Welt zu zeigen als nur die Nachbarschaft in New Jersey. Noah würde eine der schönsten Städte der Welt besuchen und neue Traditionen kennenlernen. Reisen erweiterte schließlich den Horizont, und Hugos Angebot war ausgesprochen großzügig.

Doch die Skepsis blieb. „Würde ich trotzdem noch das Dreifache meiner üblichen Gebühr bekommen?“ Lächelnd hob sie die Augenbrauen. „Denn ich werde extra Personal engagieren müssen, damit meine Projekte in Manhattan trotz meiner Abwesenheit reibungslos ablaufen.“

Sein Lächeln verriet, dass ihm die Verhandlung Spaß machte – schließlich befand er sich damit wieder auf vertrautem Terrain. „So wie ich das sehe, werden Sie für diese Projekte ja bezahlt und können das Geld leicht an ihre Stellvertreter weiterleiten“, warf er ein.

„Und schon schwindet meine Motivation, nach London zu gehen“, warnte sie ihn. „Halten Sie sich lieber an unseren Deal!“

„Das bleibt aber eine Ausnahme“, brummte er. „Ich lasse mich nämlich nicht ausnutzen.“

„Daran würde ich nicht einmal im Traum denken. Ich bin einfach jemand, der weiß, wie man sich behauptet.“ Ihr Lächeln wurde strahlender. „Ob Sie es zugeben oder nicht, Sie mögen diese Seite an mir, weil ich damit sehr gute Preise bei meinen verschiedenen Lieferanten aushandle. Gerade konzentriert sich mein betriebswirtschaftliches Geschick einmal direkt auf Sie. Nehmen Sie es sportlich.“

Er verdrehte die Augen und seufzte. „In Ordnung. Dreimal so viel wie üblich. Und die Unterkunft in London für drei.“

„Plus Flug.“

„Plus Flug“, willigte Hugo ein.

Erin streckte ihre Hand aus. „Wir haben einen Deal.“

1. KAPITEL

„Ich verstehe nicht, warum du nicht einfach ein bisschen flirten kannst.“

Es war zwei Wochen vor Heiligabend, und Erin Hunter stopfte die Berichte, an denen sie in der Nacht zuvor gearbeitet hatte, in ihre Aktentasche. Ihre Mutter hielt Noah an der Hand und stand hinter ihrer Tochter in der Wohnung, die Harrington Enterprises in London für sie gemietet hatte.

„Ich meine, sieh dir dieses Apartment doch mal an“, fuhr Erins Mutter fort und zeigte auf die hellgrauen Wände, die zum Teil mit glänzend weißem Holz verkleidet waren, das zu den weißen Schränken in der Küche passte. Schwarz-weiße Bodenfliesen trennten den Kochbereich vom riesigen Wohn- und Essbereich, dessen polierte Holzböden durch hellblaue Teppiche akzentuiert wurden.

„Nur jemand, der dich wirklich mag, würde sich die Mühe machen, uns eine so schöne Wohnung zu besorgen. Und ich habe bemerkt, wie du ihn angesehen hast, als er bei uns war, um dich anzuflehen, dass du nach London kommst. Dir war anzusehen, wie du für ihn schwärmst. Mir machst du nichts vor, junge Dame!“

Erin hatte schon mehrere solcher Kommentare ihrer Mutter ignoriert, seit feststand, dass sie Weihnachten in London verbringen würden. Dabei hatte sie geglaubt, ihre heimlichen Träume von Hugo Harrington gut zu verbergen. Sah man ihr dermaßen deutlich an, wovon sie fantasierte?

„Ich war nur ziemlich schockiert, als er plötzlich bei uns aufgetaucht ist“, verteidigte sie sich.

„Das war wahrscheinlich der Grund, warum du deine wahren Gefühle nicht länger verbergen konntest“, zog ihre Mutter sie auf.

Seufzend suchte Erin weitere Papiere zusammen und steckte sie in ihre Aktentasche. Was sie für Hugo Harrington empfand, war einseitig und falsch. Aber sie wollte ihrer Mutter auch nichts vormachen. „Wie dem auch sei, es ist völlig irrelevant.“

„Warum denn? Du bist seit über drei Jahren allein“, widersprach ihre Mutter und folgte Erin, als diese in den Flur ging, um ihren Mantel zu holen. „Es ist an der Zeit. Auch wenn nichts dabei herauskommt, solltest du wenigstens mit ihm flirten. Wenn auch nur, um dein Ego wieder etwas zu stärken.“

„Mein Ego?“ Fassungslos starrte Erin ihre Mutter an. „Das hat mich noch nie interessiert. Ich habe mich im College verliebt, bevor ich wusste, was es damit überhaupt auf sich hat. Und Josh war der süßeste und netteste Kerl, den man sich vorstellen konnte. Aber denk daran, was er mir angetan … wie gnadenlos er mich hintergangen hat!“

Der Gesichtsausdruck der älteren Frau wurde traurig. „Erin, du musst das loslassen.“

„Was loslassen, Mom? Die Tatsache, dass er mir nie von seinem Krebs erzählt hat? Oder dass er sich einer anderen Frau anvertraut und sich bei ihr ausgeweint hat?“

„Bei einer Kollegin. Und das hat er getan, um dich zu schützen. Sie wusste, dass er an einer Studie zu einer neuen Behandlungsform gegen den Krebs teilnahm, und konnte dem Rettungsteam bei seinem Herzinfarkt wertvolle Hinweise geben. Es ist schrecklich, dass Josh gestorben ist, aber zumindest hat er eine Chance bekommen, den Kampf gegen die Krankheit aufzunehmen.“

„Am Ende haben die Behandlungen, denen er zugestimmt hat, ihm mehr geschadet als genützt. Er konnte nicht einmal mehr sein eigenes Kind kennenlernen. Wenn er mit seinen Sorgen rechtzeitig zu mir gekommen wäre, hätte ich ihn nicht etwas so Riskantes ausprobieren lassen.“

„Im Angesicht des Todes lassen sich die Menschen zu den seltsamsten Dingen hinreißen. Außerdem ist dein Hugo höchstwahrscheinlich ein ganz anderer Typ als Josh.“

Erin schlüpfte in ihren Mantel. „Er ist nicht mein Hugo.“ Genau das war das Problem und auch der Grund, warum die Kommentare ihrer Mutter sie so beunruhigten. Denn wenn sie bemerkte, dass ihre Tochter sich für Hugo Harrington interessierte, versteckte Erin ihre Gefühle nicht so gut, wie sie geglaubt hatte.

Und nun hatte er sich ihr auch noch von seiner netten Seite gezeigt. Verdammt!

„Ich denke, er könnte dein Hugo sein, wenn du nur willst“, flötete ihre Mutter und hob Noah auf den Arm.

Erin ignorierte das und fragte stattdessen: „Geht es dem Kleinen gut?“

„Und wie! Er liebt es hier. Ich habe dir doch von unseren langen Spaziergängen erzählt.“

„Ja, und ich bin froh, dass ihr oft draußen unterwegs seid.“

„Gib mir noch zwei Tage, und wir kennen die Nachbarschaft wie unsere Westentasche.“ Die ältere Frau zwinkerte ihrer Tochter liebevoll zu. „Bist du sicher, dass du heute Jeans und ein T-Shirt tragen willst? Vielleicht solltest du dir den teuren blauen Pullover überziehen, den ich dir zum Geburtstag gekauft habe?“

„Ich soll meinen einzigen schönen Pullover in einem Hotel tragen, das momentan eine Baustelle ist?“ Erin lachte. „Ich brauche Sachen, die ich sofort in die Waschmaschine stecken kann, wenn ich abends nach Hause komme.“

Ihre Mutter seufzte und war eindeutig enttäuscht. „Na, gut, dann mach es so, wie du denkst.“

„Keine Sorge, das werde ich.“ Von wegen, das eigene Ego stärken! So etwas endete nur in einer Katastrophe.

Sie musste aufhören, an Hugo Harrington zu denken und sich einzureden, dass er eigentlich ein netter Kerl war. Er war ein knallharter Geschäftsmann. Und er hatte sie nur nach London gebracht, weil er ihre Arbeit schätzte.

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