Tiffany Pure Lust Band 12

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LUST AUF DEN ALLERERSTEN BLICK von CLARE CONNELLY

Seine Geheimnisse, seine Erinnerungen, seine Vorlieben – all das soll er dieser Psychologin in intimen Sitzungen erzählen? Bad-Boy-Milliardär Noah ist fassungslos. Allerdings findet er die junge Ärztin Holly ausgesprochen sexy. Mal sehen, wie sie reagiert, wenn er ihr seine sündigen Fantasien offenbart ...

BERAUSCHT VON DEINEM SEX-APPEAL von DAIRE ST. DENIS

Luca weckt in Jasmine brennendes Verlangen, wie sie es noch nie erlebt hat. Auf seinem romantischen Weingut verbringen sie lustvolle Nächte miteinander. Doch was davor geschah, weiß Jasmine nicht – sie hat durch ein traumatisches Ereignis jede Erinnerung verloren …


  • Erscheinungstag 02.03.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751523660
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Clare Connelly, Daire St. Denis

TIFFANY PURE LUST BAND 12

PROLOG

Gestern Nacht habe ich wieder von ihr geträumt. Wie sie an jenem letzten Morgen ausgesehen hat. Das Gesicht fleckig und voller Tränen, all die Entschuldigungen und Lügen, die in ihrem Blick lagen. Wie sie mich angefleht hat, ihr zu verzeihen.

Aber wie hätte ich das tun können?

Sie hat mich verlassen. So wie alle anderen es auch getan haben.

Der Traum von meiner Pflegemutter Julianne war so real, dass ich sie hätte berühren und umarmen können. Ich hätte sie anlächeln können. Durch die Zeit hinweg hätte ich ändern können, wie es damals abgelaufen ist. Wie ich sie angeschrien und weggestoßen habe, als sie versucht hat, mich an sich zu ziehen.

In meinem Traum habe ich sie nicht verflucht.

In meinem Traum habe ich mich nicht geweigert, zu ihr zu kommen.

Aber es war alles nur ein Traum. Wenn auch ein sehr eindringlicher. Er war stark genug, um mich aus meinem unruhigen Schlaf zu reißen, aber was nützte das alles? Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern.

Die Vergangenheit ist ein Teil von mir. Ich kann ihr nicht entkommen.

1. KAPITEL

Die Art, wie er mich ansieht, kann man nur als abfällig bezeichnen. Der Schwung seiner Lippen wirkt ein bisschen gelangweilt. Auf diese Lippen habe ich schon viel zu oft geblickt, seit Noah Moore vor fünf Minuten das gut besuchte Café betreten hat, das bei meiner Praxis gleich um die Ecke liegt.

Natürlich habe ich schon von ihm gehört. Wer kennt ihn nicht? Er hat es aus eigener Kraft zum Milliardär geschafft. Ihm gehört die Hälfte des Tech-Imperiums, das die Welt, wie wir sie kennen, völlig auf den Kopf gestellt hat. Innerhalb des letzten Jahrzehnts ist er von Erfolg zu Erfolg geeilt, aber in den Medien ist er ständig aus den falschen Gründen präsent. Zusammen mit seinem Geschäftspartner ist er für seinen rücksichtslosen Geschäftssinn und das Leben auf der Überholspur bekannt. Für Luxus, Glamour, Reichtum und Erfolg, für wilde Partys am Mittelmeer, besonders für die alljährliche Party im Anschluss an die Filmfestspiele in Cannes, bei der alle Celebritys dabei sein wollen. Das große Geld haben Noah und sein Partner mit ihren elektronischen Geräten gemacht, aber sie sind der Inbegriff der coolen Bad Boys in Hollywood.

Wie als letzten Beweis dafür taucht er hier zu unserem Meeting in Lederjacke und schwarzer Jeans auf. Die dunklen Haare sind ein bisschen länger, als sie sein sollten. Sein symmetrisches Gesicht ist kantig, er ist unrasiert, und seine Brauen sind dicht, die dunklen Wimpern noch dichter. Ein leichter Dunst von Alkohol umgibt seinen sehr heißen und sehr faszinierenden Körper. Über eins neunzig, überall Muskeln, riesig und von Kopf bis Fuß gebräunt. Es fällt mir schwer, mich daran zu erinnern, dass ich aus beruflichen Gründen hier bin.

„Das hier ist keine Sitzung. Ich brauche keinen Seelenklempner. Ich will … Ich will nur reden.“

Was für eine seltsame Feststellung! Und dann bezeichnet er mich auch noch als Seelenklempner. Trotzdem habe ich mich auf das Treffen eingelassen, obwohl ich genug Patienten auf meiner Warteliste habe. Offenbar hat bei mir letztlich die Neugier gesiegt.

Als achtundzwanzigjährige, geschiedene Frau habe ich im Lauf der Zeit akzeptiert, dass ich eine Schwäche für Bad Boys habe. Besonders einer davon hat mich zutiefst verletzt. Bad Boys sind für mich wie Treibsand, in dem ich unweigerlich versinke.

Je länger Noah Moore mich mit diesem abfälligen Lächeln ansieht, desto schneller rast mein Puls, und ich bin mir peinlich genau bewusst, wie Noah mir dort gegenüber sitzt. Die Beine hat er weit gespreizt, mit einem Arm lehnt er sich auf die Rückenlehne der Bank. Die andere Hand liegt locker auf seinem Schenkel, so dicht an seinem Schwanz, dass ich mich nicht traue, auch nur in die Nähe davon zu sehen.

Sein Blick weicht nicht von meinem Gesicht. Dieser Mann wirkt wie ein Magnet. Er hat die Aufmerksamkeit fast aller Frauen in diesem Café, und das hat nichts damit zu tun, dass er berühmt ist. Es liegt ganz allein an ihm selbst.

Es kostet mich all meine Konzentration, seinen Blick zu erwidern. „Also, Mr. Moore. Nachdem wir das geklärt haben, verraten Sie mir doch bitte, wieso wir hier sind.“

„Ist das nicht offensichtlich?“

„Normalerweise füllen meine Patienten vorher einen Fragebogen aus“, erkläre ich. „Sie haben mir das Formular nicht zugemailt.“

„Ich bin kein Patient.“

Beim Treffen mit zukünftigen Patienten gebe ich mich immer möglichst teilnahmslos, denn dabei geht es nicht um mich oder meine Gefühle, sondern nur um mein Gegenüber. „Verstehe. Weshalb haben Sie mich dann kontaktiert?“

„Um zu reden. Um herauszufinden, worum es überhaupt geht. Das habe ich bereits am Telefon erklärt.“

„Richtig.“ Ich unterdrücke jede sarkastische Antwort, die mir auf der Zunge liegt. „Trotzdem würde ich gern ein paar Details festhalten. Einverstanden?“

„Wenn’s sein muss …“

Ich hole mein Handy hervor und öffne die abgesicherte App, die ich für meine vertraulichen Patienteninformationen nutze. „Hier, bitte schön.“ Ich reiche es ihm, aber er macht keine Anzeichen, es entgegenzunehmen.

„Füllen Sie es selbst aus.“ Er zuckt mit den Schultern.

Mittlerweile ist er so unhöflich, dass es zum Himmel stinkt.

Allerdings mache ich das alles auch nicht erst seit gestern. Ich weiß, dass ich gut in meinem Job bin. Als Beweis habe ich viele Auszeichnungen des britischen Psychologenbunds, ich habe unzählige Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht, und auf meiner armlangen Warteliste stehen zahllose Menschen, die einen Termin bei mir bekommen wollen. Als Honorar könnte ich verlangen, was immer ich will. Das tue ich jedoch nur selten, denn am meisten von allem liebe ich es, den Menschen zu helfen. Für mich bedeutet Erfolg, das Leben meiner Patienten zu verändern. Genau deshalb mache ich meinen Job.

Patienten mit einer ernsten traumatischen Störung müssen sehr behutsam behandelt werden. Selbst Menschen wie Noah Moore, die wirken, als ob sie mit allem klarkommen, können schon bei der nächstbesten Stressbelastung die Flucht ergreifen. Dann brechen sie die Therapie ab, die für sie zu belastend wird.

Er lässt sich nicht viel anmerken, woran ich anknüpfen könnte. Abgesehen von den kleinen verräterischen Zeichen, die mir zeigen, dass er versucht, mich von sich zu stoßen. Das reicht so weit, dass er beharrlich behauptet, hier finde keine Sitzung statt und er sei kein Patient.

„Wenn Sie wollen“, sage ich verständnisvoll, und mein Lächeln drückt aus, dass wir beide genau wissen, dass er sich wie ein Arschloch aufführt.

Ganz unvermittelt sehe ich in Gedanken Ivy vor mir. Ich mache oft Überstunden, und dann vermisse ich sie schrecklich. Auf meinem Schreibtisch steht ein Foto von ihr, denn es lässt mich nie die andere Hälfte meines Lebens vergessen – die Liebe zu meiner Tochter und das Bedürfnis, dafür zu sorgen, dass sie abgesichert ist.

„Alter?“, frage ich mit den Fingern dicht über dem Formular auf dem Display.

„Sechsunddreißig.“

„Bisherige Behandlungen?“

Sein Blick wird eindringlicher, und ich weiß genau, dass er mir am liebsten noch mal sagen will, dass dies hier keine Behandlung ist. „Keine.“

„Verstehe.“ Ich tippe „keine“ ein und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Ich erstarre. Ohne jede Scham mustert er mich und nutzt die Tatsache aus, dass ich durch das Ausfüllen des Formulars abgelenkt bin.

Meine Haut fängt an zu prickeln, und ich bekomme überall eine Gänsehaut.

Noah Moore ist gefährlich.

Er besitzt all das, wovor ich mich in Acht nehmen muss. Er ist grob und arrogant, rabiat und ungezähmt. Trotzdem starre ich ihn einen Moment lang an. Ein verbotenes Verlangen rast mir durch den Körper. Zum ersten Mal seit fünf Jahren wird mir beim Anflug dieser unwiderstehlichen Lust warm. Niemals hätte ich gedacht, dass ich nach Aaron noch einmal so etwas empfinde.

„Kann ich euch was zu trinken bringen?“

Die Kellnerin steht an unserem Tisch.

„Einen Piccolo Latte“, bestelle ich.

„Für mich nichts.“ Hatte Noah nicht selbst vorgeschlagen, dass wir uns hier treffen? Und jetzt hat er beschlossen, nicht mal einen Kaffee zu trinken?

„Wieso sind Sie hier, Mr. Moore?“

„Stellen Sie mir diese Frage? Oder steht das so in dem Formular?“

„Sowohl als auch. Es erspart uns beiden Zeit, wenn wir gleich auf den Punkt kommen.“

„Aber wo bleibt da denn der Spaß, Holly?“

„Empfinden Sie das hier als Spaß, Noah?“

Seine Augen weiten sich, und in seinem Blick erkenne ich, dass er dachdenkt.

„Nein.“ Der kurze Moment ist vorbei. Noah ist wieder abweisend und mürrisch.

„Sie wollten gar nichts trinken?“, frage ich nach.

„Ich glaube, hier bekomme ich nicht, was ich gern trinken würde.“

Ich vermute, dass er auf Alkohol anspielt. „Trinken Sie jeden Tag?“

„Manchmal tagsüber. Manchmal nachts.“

„Wollten Sie sich deswegen mit mir treffen? Denken Sie, Sie haben ein Alkoholproblem?“

Sein Lachen klingt scharf. „Wenn ich jetzt Ja sage, können wir dieses Theater dann beenden und wieder nach Hause gehen?“

„Niemand zwingt Sie, hier zu sein. Schließlich ist es doch nur eine ‚Unterhaltung‘, richtig?“

Er sieht mich an und kann die innere Unruhe kaum verbergen. Ich wüsste wirklich gern den Grund dafür.

„Hauptsächlich arbeiten Sie mit Veteranen“, fährt er fort. Bei der Erkenntnis, dass er über mich recherchiert hat, empfinde ich ein seltsames Ziehen im Magen.

Wieso diese seltsame Reaktion? Dass ein Mensch sich erkundigt, bevor er einen Termin macht, ist nicht ungewöhnlich. Unter den Psychotherapeuten gibt es unzählig viele Spezialisten und die unterschiedlichsten Formen der Behandlung. Wenn Noah Moore jetzt hier ist, muss er wissen, dass ich seine beste Chance auf Hilfe bin.

Allerdings ist er mit seiner Recherche anscheinend immer noch nicht ganz fertig. Diese Unterhaltung ist Teil davon. Er will wissen, worauf er sich einlässt, wenn er sich dazu entschließt, sich in mein Behandlungsprotokoll zu fügen.

Ich denke an all die Auszeichnungen an den Wänden in meiner Praxis. Ich kann mich an all meine Patienten erinnern. An den Schmerz in ihrem Blick, der verrät, dass ein Trauma ihre Seelen bedrückt. Diese Auszeichnungen sind die Anerkennung dafür, dass ich einigen von ihnen helfen konnte.

„Ich arbeite mit Menschen, die mich brauchen.“

„Und Sie denken, ich sei einer davon?“ Alles in ihm sträubt sich dagegen.

„Sie haben mich angerufen.“

„Das ist verfickte Zeitverschwendung.“

Ich reagiere nicht so, wie ich es mir wünsche. Fairerweise muss ich mir eingestehen, dass es schon sehr lange her ist, seit ich überhaupt etwas für einen Mann empfunden habe. Auf einmal reagiert alles in mir auf diesen Mann mir gegenüber. „Es steht Ihnen frei zu gehen.“

Sein Zorn richtet sich gegen mich. Seine tief verwurzelte Ablehnung. Ganz ähnlich hat er eben reagiert, als ich ihm gesagt habe, niemand würde ihn zwingen, hier bei mir zu sein. Auch da hat er diese wütende Ablehnung ausgestrahlt.

Sein Blick geht zu meinen Brüsten, und sofort fängt es in mir zu kribbeln an. Meine Nippel richten sich auf. Der Stoff des BHs spannt darüber. Unter dem Tisch presse ich die Knie aneinander.

„Jetzt bin ich hier.“ Er zuckt mit den Schultern, als sei es ihm egal, aber ich weiß, dass das nicht stimmt. Das weiß ich, weil es mein Job ist, die Menschen zu durchschauen. Darin bin ich gut, und im Moment bin ich mir sehr sicher, weil mein sechster Sinn gerade wild Alarm schlägt. „Was soll’s. Dann zeigen Sie mal, was Sie drauf haben. Schießen Sie los mit Ihren Zaubertricks.“

Ich kämpfe den Drang nieder, ihm zu sagen, dass es bei der therapeutischen Behandlung von Traumata keine Zaubertricks gibt. Es ist harte Arbeit, dauert viele Stunden, und sowohl Patient als auch Therapeut müssen sich vollkommen darauf einlassen. Ich bin bereit, die Energie dafür aufzubringen, aber ist er es auch?

Mir kommt wieder der Verdacht, dass er sich dazu gezwungen sieht, mich zu treffen. Oder eher verpflichtet. Als müsse er sich mit mir treffen. Als sei es gar nicht sein Wunsch, geheilt zu werden.

Normalerweise würde ich den üblichen Zugang zu ihm suchen, um die Antworten aus ihm herauszuholen, aber Noah Moore wird auf die üblichen therapeutischen Maßnahmen nicht reagieren. Deshalb hat er auch darauf bestanden, sich mit mir hier im Café zu treffen und nicht in meiner Praxis. „Ich habe den Eindruck, dass Sie gegen Ihren Willen hier sind.“

„Ja. Haben Sie den Kerl nicht bemerkt, der mir die Knarre an den Kopf gehalten hat, als ich ins Café gekommen bin?“ Abfällig lacht er auf.

„Sie scheinen sich dagegen zu sträuben, meine Hilfe anzunehmen“, erwidere ich ruhig. „Es ist Ihnen wichtig, mich darauf hinzuweisen, dass dies hier keine Sitzung ist und dass wir uns nur unterhalten. Sie haben sich geweigert, zu mir in die Praxis zu kommen. Anscheinend fühlen Sie sich auf neutralem Boden wie diesem Café sicherer. Und trotzdem bleiben Sie, obwohl ich Ihnen angeboten habe zu gehen.“

Nachdem ich ihn offen damit konfrontiert habe, wirkt er jetzt misstrauisch. Gut so. Es ist entscheidend, dass ich ihn aus dem Gleichgewicht bringe. „Glauben Sie, irgendjemand könne mich dazu bringen, etwas zu tun, das ich nicht will?“

Guter Einwand. Selbst ohne seine Milliarden wirkt Noah Moore wie ein Mann, der sich durch nichts und niemanden einschüchtern lässt.

„Sagen Sie’s mir.“

„Ich habe Sie doch kontaktiert, oder?“

„Wer sagt mir, dass Ihnen dabei nicht jemand die Knarre an den Kopf gehalten hat? In übertragenem Sinne.“

So große Abwehr bin ich nicht gewohnt. Ein bisschen ist nicht ungewöhnlich, das ist Teil des Jobs. Aber normalerweise spüre ich dann auch, dass meinen Patienten das leidtut.

„In gewisser Weise.“

Dieses Eingeständnis kommt unerwartet, und ich kann meine Überraschung nicht ganz unterdrücken. So schnell wie möglich gebe ich mich wieder ungerührt, aber seine Miene zeigt mir, dass er meine Überraschung bemerkt hat und versteht.

„Schön. Die Erfahrung zeigt, dass eine Therapie die besten Ergebnisse bringt, wenn mein Patient sich willig in meine Hände begibt.“

„Heißt das, Sie können mir nicht helfen?“

Er sieht mich an und wartet auf eine Antwort. Ich betrachte sein Gesicht und frage mich, was für Geheimnisse er verbirgt. Was mag in seinem Leben vorgefallen sein, das ihn dazu gebracht hat, mich anzurufen? Wie kommt es, dass er den Wunsch in mir weckt, alle Vorsicht zu vergessen, weil ich ihn will?

„Nein“, erwidere ich schließlich. „Ich denke, ich kann Ihnen helfen. Vorausgesetzt, Sie sind bereit, mein Patient zu werden.“

„Ich habe keine Zeit, Ihr Patient zu sein.“ Es klingt so abweisend, dass es mir kalt den Rücken hinunterläuft.

„Tja, leider braucht es Zeit“, erwidere ich entschlossen. „Es gibt keine schnelle Heilung für das, was Sie zu mir geführt hat.“

„Und das behaupten Sie so selbstsicher, obwohl Sie nicht den leisesten Schimmer haben, wieso ich dieses Treffen mit Ihnen vereinbart habe?“

„Genau. Und wissen Sie, wieso, Noah? Weil ich das hier tagtäglich tue. Jeden Tag begegnen mir Menschen, die ihre Probleme wie einen Mantel tragen, den nur ich sehen kann.“

Seine Augen verengen sich.

„Es zeigt sich in Ihren verspannten Schultern und in den Tiefen Ihres Blicks. Ich erkenne das. Ein Trauma lässt sich nicht mit einem Drink hinunterspülen. Der einzige Weg der Heilung besteht darin, es aufzuarbeiten. Das ist kein angenehmer Prozess, in dem Punkt will ich Sie nicht belügen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie, wenn Sie sich Ihrem Problem nicht stellen, eines Tages daran zerbrechen. Ich frage mich, ob das nicht bereits passiert ist. Sind Sie deswegen hier?“

„Das ist alles Blödsinn.“

Ich kann nicht anders. Diese Frau ist heißer als die Hölle, aber aus ihrem hübschen Mund kommt nichts als Psycho-Scheiß.

Ich hasse diesen Mist. Wenn Gabe mir nicht dieses Ultimatum gesetzt hätte, hätte ich mich nie darauf eingelassen, mich mit ihr zu treffen. Aber für Gabe würde ich so gut wie alles tun, auch ohne die Drohung, mich von der Firma auszuschließen, bis ich „all meinen Müll für mich geklärt habe“, wie er es nennt. Ich will zu keinem Seelenklempner, und ich habe keine Lust, mich mit Dr. Scott-Leigh zu treffen. Ich will mich mit niemandem treffen. Ich habe nur eine schlechte Phase, das ist alles. Doch als ich herkam, hätte ich nicht gedacht, dass ich sie so unglaublich faszinierend finde.

„Schade, dass Sie das so empfinden“, sagt sie leise, und ich frage mich, was sie empfinden würde, wenn ich ihr die Hand unter das Kleid schiebe und an ihren Beinen hinaufstreiche bis zwischen ihre heißen Schenkel.

Es gefällt mir, wie ihre Pupillen sich weiten, wenn ich mich näher zu ihr beuge, bevor sie jede Reaktion schnell vor mir verbirgt und sie sich wieder ganz geschäftlich und professionell gibt.

Ob es einen Mr. Dr. Scott-Leigh gibt?

Kein Ehering, und ich wette, dass ihr Ehemann klug genug wäre, um darauf zu bestehen, dass sie ihn trägt. Verdammt, wenn sie mir gehören würde, würde ich sie ans Bett ketten. Alles in mir drängt darauf, etwas zu unternehmen, damit sie nicht mehr so überlegen und professionell wirkt.

Als Neunjähriger hätte ich sie als schick bezeichnet. Ihr gesamtes Outfit ist perfekt. Sie duftet und ist makellos.

Mittlerweile habe ich viele Frauen kennengelernt. Schicke Frauen werfen sich mir an den Hals, und dabei spielt es keine Rolle, wie teuer ihre Dessous waren. Sie alle reißen sich die Kleider begierig vom Leib, sobald ich ihnen nur den kleinsten Wink gebe.

Wenn sie vor Lust schreien, sind sie alle gleich.

Die Frau vor mir beobachtet mich geduldig und wartet darauf, dass ich etwas sage. Wahrscheinlich ist das eine Taktik, die sie sich im Therapieleitfaden für Anfänger angelesen hat. Es hat nicht die kleinste Wirkung auf mich.

„Also“, gibt sie den Wettstreit schließlich auf. „Ich schätze, wir könnten auch übers Wetter reden.“

„Oder wir sprechen über Sie.“

„Über mich?“ Damit habe ich sie überrascht. Wieder. „Ich stehe hier nicht zur Debatte. Sorry.“

„Dann soll ich Ihnen also mein Innerstes offenbaren, und von Ihnen bekomme ich gar nichts?“

Sie ist schwer genervt. Zum ersten Mal wird mir klar, dass es mir gefällt, sie zu nerven.

„Falls Sie sich zu einer Therapie entschließen, bekommen Sie von mir dafür nach einer angemessenen Zeit Ihren Seelenfrieden“, erwidert sie leise.

Sie hat ja keine Ahnung, was für Dämonen mich verfolgen und welche Dunkelheit mich erfüllt. Ich bin ein Gespenst meiner eigenen Vergangenheit.

„Holly, das bezweifle ich. Das bezweifle ich stark.“

2. KAPITEL

Ihr Haar ist länger, als ich gedacht hätte. Aus dieser Nähe kann ich ihren Duft nach Vanille und Honig riechen.

Ich weiß, es ist nur ein Traum, aber zum ersten Mal seit einem Monat hat eine Frau es geschafft, sie aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich fühle mich wie befreit von dem Fluch meiner Vergangenheit. Ich klammere mich an diesen zerbrechlichen Traum und sträube mich dagegen, ihn aus meinem Kopf gleiten zu lassen.

„Ich liebe es, wenn du mich küsst“, flüstert Holly mir zu. Ich greife nach ihr und ziehe sie an mich.

Willig fügt ihr Körper sich meinen Berührungen und meiner Kontrolle. Sie gibt sich mir vollkommen hin.

Ich reiße sie wild an meine Brust und genieße den leisen Seufzer, der meine Wange streift. Ihre Brüste fühlen sich noch viel besser an, als ich es mir ausgemalt habe. Mein Daumen streift ihren Nippel, verlangend und fordernd greife ich zu.

Aus ihrem Blick sprechen Unsicherheit und Verwirrung. Sie weiß nicht, wie sie reagieren soll.

Spielend leicht hebe ich sie hoch. Sie ist so zierlich, und ich bin stark. Ich schlinge mir ihre Schenkel um die Hüften. Verdammt noch mal, ich brauche sie jetzt. Obwohl das hier mein Traum ist und ich jedes Detail darin kontrollieren können müsste, trägt sie Unterwäsche. Das ist eine Barriere, die ich nicht gebrauchen kann.

Sie legt die Hände um meinen Nacken und zieht meinen Kopf näher zu sich. Dann küsst sie mich. Mit der Zunge umspielt sie meine. Es ist wie ein Duell. Die Lust wird immer heißer, und sie schließt die Augen.

Aber ich will sie nicht küssen.

Küsse bedeuten Romantik und Verpflichtungen. Sex nicht. Sex ist Leidenschaft und Begierde. Ein wilder, körperlicher Akt, bei dem alles ein Ende hat, sobald es vorbei ist.

Ich löse den Mund von ihrem und trage sie durchs Zimmer. Ich habe keine Ahnung, wo wir uns befinden. So was Seltsames kommt nur in Träumen vor.

Ich drücke sie wieder gegen eine Wand und reiße ihr das Kleid vorn auf. Sie trägt keinen BH. Ich presse den Mund an ihre Brust, lasse die Zunge über ihren Nippel streichen, bis sie vor Lust wimmert, und dann reize ich den anderen Nippel, diesmal mit den Zähnen. Sie drückt den Rücken durch, und ich spüre ihre Fingernägel, die sich mir in die Schultern krallen.

Ich bin jetzt nackt. In einem Traum kann Kleidung von einer Sekunde zur nächsten verschwinden. Mit zwei Fingern schiebe ich ihr den Slip zur Seite. Spöttisch und herausfordernd zugleich sehe ich ihr in die Augen, während ich meinen harten Schwanz zum Eingang zwischen ihren Schenkeln schiebe. Dicht davor verharre ich. Ich spüre die feuchte Glut, kurz bevor ich tief in sie eindringe.

Sie stöhnt auf. Der Laut kommt tief aus ihrer Kehle.

„Das ist erst der Anfang, Baby“, verspreche ich ihr.

Und weil mich die Dämonen jagen, die mich ständig strafen wollen, wache ich genau in diesem Moment auf. Mir steht der Schweiß auf der Stirn, und mein Schwanz ist felsenhart. Ich umfasse meine dicke Erektion und lasse die Hand daran auf und ab gleiten.

Es macht keinen Spaß.

Nachdem ich im Traum Holly gefickt habe, brauche ich jetzt mehr als das hier.

Ich taste nach meinem Handy und sehe nach der Zeit. Es ist Mitternacht. Länger als vierzig Minuten habe ich nicht geschlafen. Verdammt.

Ich scrolle in meinem Kalender zurück zum Dienstag der letzten Woche, als ich mich mit Dr. Scott-Leigh in diesem Café getroffen habe.

Ihre Kontaktdaten stehen in der Terminspalte. Ich klicke auf ihre E-Mail-Adresse.

Holly, ich muss Sie wiedersehen. Morgen.

Ich kann nur um vier Uhr nachmittags. NM

Ich lasse das Handy aufs Bett fallen und stehe auf. Schnell ziehe ich mich an, das heißt, so schnell es geht, denn mein Schwanz ragt immer noch wie eine Zeltstange vor. Dann kippe ich noch einen Wodka hinunter und rufe einen meiner Fahrer.

Insgesamt sind es vier, die sich beim Fahrdienst abwechseln. Im Moment hat Graeme die Schicht.

Von allen vieren kann er am schlechtesten verheimlichen, wie wenig er von meinem Lebenswandel hält. Das macht mir auf eine perverse Art Spaß.

„Wo geht’s hin, Sir?“ Habe ich ihn geweckt? Pech. Schließlich ist es sein Job.

„Mon More.“ Das ist ein Club in Putney. Seit einem Monat spukt mir Julianne durch meine Träume, und jetzt übernimmt Holly diese Rolle. Die einzige Art, wie ich diesem Spuk entfliehen kann, ist eine laute Bar, wo der Alkohol in Strömen fließt.

Es ist nicht so, dass ich seit unserem Treffen an ihn gedacht habe. Jedenfalls nicht nur an ihn. Mich hat eine Menge beschäftigt. Zum Beispiel muss ich mir überlegen, wie ich für Ivy ein Maria-Kostüm hinbekomme. Es muss bis zu ihrer Weihnachtsaufführung fertig werden. Und wann finde ich die Zeit, ihr mit dem Lebkuchenhaus zu helfen, das sie unbedingt für ihre Großmutter machen will?

Nein, ich habe viel zu viel zu tun, um ständig an Noah Moore zu denken.

Nur nachts, wenn ich mich ins Bett lege und versuche, die Augen zu schließen. Dann sehe ich ständig sein Gesicht vor mir. Sein wunderschönes, außergewöhnliches, gequältes Gesicht mit Augen, aus denen seine Seelenqualen sprechen. Seine sexy Lippen und sein Körper, an den ich mich anschmiegen will. Er weckt in mir den Wunsch, mich ihm vollkommen hinzugeben, um mich in seiner Nähe sicher zu fühlen.

Diese Woche habe ich eigentlich einen vollen Terminkalender, aber als ich an diesem Morgen in die Praxis komme, scheint das Schicksal sich gegen mich verschworen zu haben, denn es schubst mir Noah Moore in den Weg.

Seine E-Mail wirkt auf meinen Verstand wie eine Bombe. Er schreibt überheblich und unhöflich. So vereinbart man keinen Termin mit mir.

Zwischen Job und Privatleben muss ich eine strikte Grenze ziehen, aber für Noah Moore scheinen andere Regeln zu gelten. Ich kann es selbst kaum fassen, dass ich lächeln muss, während ich in meinem Kalender nachsehe, wann ich Zeit habe. Was ist aus meiner klinisch-nüchternen Haltung geworden, die ich üblicherweise einnehme?

Mein Arbeitstag ist mit Terminen vollgepackt. Aber wenn ich den Termin für ein Uhr auf zwölf Uhr mittags vorziehe und auf den Lunch verzichte, könnte ich meinen Vier-Uhr-Termin vorverlegen und dadurch Zeit für Noah schaffen.

Ich weiß selbst nicht, wieso, aber ich will ihm unbedingt antworten. Diesen fast verzweifelten Wunsch, ihn wiederzusehen, kann ich nicht ignorieren.

Noah, für ein weiteres Treffen müssen Sie zu mir in die Praxis kommen. Vier Uhr nachmittags. Seien Sie pünktlich, direkt im Anschluss habe ich einen weiteren Termin. Dr. Scott-Leigh

Ich schicke es ab und bin froh, wie förmlich es klingt und dass aus keinem Wort herauszuhören ist, wie unfassbar sexy ich diesen Mann finde.

Stolz und zufrieden lese ich wie üblich die News, bevor ich mit der Arbeit beginne und Beatrice mit einem Kaffee hereinkommt.

„Guten Morgen, Holly.“ Sie lächelt und geht wieder, ohne auf eine Antwort von mir zu warten.

Sie weiß, wie dringend ich meine heiligen zehn Minuten ohne jede Störung brauche. Ich schätze es sehr, dass sie mir diese Zeit lässt. Leider geht es in meinem Kopf drunter und drüber. Mich lenken alle möglichen Fragen zu Noah ab. Was sind seine Gewohnheiten, seine Probleme, seine Absichten und Bedürfnisse?

Ich will ihn kennenlernen, und ich will ihm helfen.

Leider kann ich nicht effizient therapeutisch arbeiten, wenn mich andere Dinge ablenken. Wie zum Beispiel mein brennendes Verlangen und die Tatsache, dass ich seit über fünf Jahren mit keinem Mann mehr geschlafen habe.

Ganz bewusst atme ich tief ein und aus. Ich achte auf meinen Pulsschlag und verdränge jeden Gedanken aus meinem Kopf, bis ich mich wieder mehr wie ich selbst fühle.

Trotzdem wird es ein entsetzlicher Tag.

Es kommt mir vor, als würde ich nur mit halber Kraft arbeiten. Ich quäle mich durch die Termine, und nachdem mein Drei-Uhr-Patient gegangen ist, teilt mir Beatrice über die Sprechanlage mit, dass Noah Moore eingetroffen ist.

Sofort schlägt mir das Herz bis zum Hals, und mir fangen die Finger zu zittern an. Schnell klappe ich das Etui auf, das in meiner obersten Schublade liegt, werfe einen Blick in den Spiegel, streiche mir übers Haar, das ich heute offen trage, und stehe auf, um ihn zu begrüßen.

Sobald er mein Sprechzimmer betritt, gleitet der Blick seiner grünen Augen über mich, und selbstzufrieden sehe ich, wie etwas in seinen Augen aufblitzt.

Meiner Meinung nach trage ich ein Business-Outfit, aber so wie Noah meine Umrisse mustert, fühle ich mich wie das Model auf dem Centerfold des Playboy.

„Mr. Moore. Bitte setzen Sie sich.“

Er betritt das Zimmer, lässt seinen großen Körper in einen der Sessel sinken und spreizt die Beine weit. Die Hände lässt er auf seinen muskulösen Schenkeln liegen.

„Holly. Schön, Sie wiederzusehen.“

„Fangen wir an“, stelle ich kühl fest. „Wie geht es Ihnen?“

„Fragen Sie das aus Interesse oder als Therapeutin?“

Mein Puls geht noch schneller. „Als Therapeutin.“ Es klingt eisig.

Sein Lächeln lässt mich erkennen, dass er mir nicht glaubt. Mist.

„Dann muss ich Sie wohl erinnern: Ich habe nicht eingewilligt, mich mit Ihnen zu einer Therapie zu treffen.“

„Ach, nein? Ich hätte gedacht, genau das sei geschehen, als Sie um einen Termin gebeten haben.“

„Nein.“

„Gestern Nacht waren Sie noch spät wach.“ Ich sehe, wie er die Brauen fragend hochzieht, deshalb füge ich erklärend schnell hinzu: „Sie haben mir um Mitternacht eine E-Mail geschickt.“

Er nickt, aber er erwidert kein Wort.

„Sind Sie immer so spät noch wach?“, hake ich nach.

„Ja, das bin ich“, stößt er leise aus. Er wirkt misstrauisch. Ich merke, wie er sich innerlich vor mir zurückzieht.

Den meisten Menschen würde diese winzige Veränderung in seinem Verhalten entgehen. Nur dank meiner Erfahrung bemerke ich diese Anzeichen. Nach außen hin ist Noah weiter der charmante, sexy Bad Boy, als den ihn alle kennen.

Lächelnd lehne ich mich auf meinem Stuhl zurück und lasse den Kuli auf das Notepad sinken. „Es ist kalt heute.“

Die Bemerkung überrascht ihn. Sein Misstrauen steigert sich noch. Stirnrunzelnd erwiderte er meinen Blick, sagt jedoch kein Wort.

„Haben Sie Pläne für Weihnachten?“

„Weihnachten?“ Es klingt fast hasserfüllt. „Bis Weihnachten sind es noch Wochen.“

„Es kommt schneller, als man glaubt.“ Unwillkürlich sehe ich wieder zu dem Foto der lächelnden Ivy, und sofort bin ich wieder fokussierter.

„Haben Sie denn an Weihnachten was vor?“, erwidert er die Frage und wirkt dabei angespannt, während seine ganze Aufmerksamkeit auf mich gerichtet ist.

Normalerweise würde ich auf diese Frage nicht antworten. Es ist viel zu persönlich. Doch jetzt höre ich mich sprechen und lächle. „Nichts Großes. Dieses Jahr gibt es nur eine kleine Familienfeier.“

Sein Blick geht zu meinen Fingern. Offenbar fragt er sich, was ich unter „Familie“ verstehe. Auf diesen Punkt gehe ich nicht weiter ein. So habe ich es in der Ausbildung gelernt, aber das sagt auch der gesunde Menschenverstand. Ivy ist nicht Teil meiner Berufswelt. Sie gehört ganz mir. Dieser süße, unschuldige kleine Mensch.

„Ich mache einen Christmas Pudding nach dem Rezept meiner Großmutter. Wir sitzen vor dem Baum und singen Weihnachtslieder. Das Übliche. Haben Sie irgendwelche Weihnachtsbräuche?“

Er weiß genau, dass ich versuche, ihm das Misstrauen zu nehmen. Vielleicht ist ihm auch bewusst, dass er mir zumindest ein bisschen entgegenkommen sollte, wenn ich schon meinen ganzen Terminplan umkremple, damit er jetzt hier sein kann. „Allerdings. Mich hemmungslos besaufen.“

Fragend sehe ich ihn an.

„Für mich ist es ein Tag wie jeder andere, Doc.“

„Keine Familie?“, frage ich nach.

Ich bekomme den seltsamen Eindruck, dass er etwas sagen möchte. Die Versuchung, sich mir zu öffnen, bedrängt ihn, aber dann schüttelt er nur kurz den Kopf.

Es ist nicht unüblich, dass Patienten sich anfangs verschließen. Normalerweise werde ich nicht so deutlich, aber jetzt sage ich: „Noah, ich möchte Ihnen wirklich helfen, aber Sie liefern mir nicht den kleinsten Punkt, an dem ich ansetzen könnte.“

Streitlustig sieht er mich an.

Oft habe ich mit Soldaten zu tun, die aus Kriegsregionen zurückkehren. Diese Männer und Frauen haben unvorstellbare Grausamkeiten miterlebt und ausgeführt. Sie haben Dinge getan, die keinem Menschen jemals zugemutet werden sollten. Sie haben die Trostlosigkeit und Verzweiflung der totalen Zerstörung miterlebt. Ich kann verstehen, was diese Menschen verfolgt, und normalerweise weiß ich genau, wie ich ihnen helfen kann. Jetzt bei Noah ist alles völlig anders. Ich muss ihm die Informationen behutsam entlocken, aber ich brauche unbedingt zumindest irgendeinen Anhaltspunkt. „Wann haben Sie beschlossen, sich Hilfe zu suchen?“

Er mustert mich. Das Blut schießt mir durch die Adern, als hätte mich überall gerade ein Stromschlag getroffen.

„Noah.“ Mein entschlossener Tonfall soll ihm zeigen, wie ernst es mir ist. „Ich habe hierfür all meine Termine von heute umorganisiert. Wollen Sie jetzt meine Zeit vergeuden?“

Er scheint sich noch weiter von mir zurückzuziehen. Nicht so, wie es viele meiner Patienten tun, indem sie sich aufregen und einkapseln. Vielmehr sieht er mich an, als wolle er mich auffressen.

Jetzt steht er auf und kommt auf mich zu. Aber ich weiche nicht zurück. Es ist entscheidend, dass ich bei dieser Sitzung weiterhin das Sagen habe. Jetzt steht er dicht bei mir. Er sieht zu mir hinunter.

Lange erwidere ich schweigend seinen Blick und warte darauf, dass er etwas sagt. Auf keinen Fall will ich diesen wortlosen Wettstreit verlieren.

Schließlich schluckt er. „Ich brauche keine Therapie.“

„Verstehe.“ Ich nicke und gebe mir Mühe, keinerlei Urteil über seine Behauptung zu fällen. Ich frage nicht nach, wieso er mir dann um Mitternacht eine E-Mail schreibt.

„Es ist nur so, dass …“ Fahrig streicht er sich durchs Haar und schüttelt den Kopf. „Das ist doch alles total albern.“

„Wieso ist es das?“

„Ich kann nicht schlafen.“ Er wendet sich von mir ab und tritt einen Schritt auf meinen Schreibtisch zu. Mit einer Hand umfasst er verkrampft die Ecke des Holztisches.

Es widerspricht jeder Regel, dass Patienten sich auf dieser Seite meines Sprechzimmers aufhalten. Aber da er gerade anfängt, sich mir zu öffnen, darf ich ihn nicht auf diesen Fehler hinweisen. Ich nähere mich ihm und lege ihm beruhigend eine Hand auf den Ellbogen.

Sein ganzer Körper strahlt Anspannung aus, fast so, als habe er mit dem Eingestehen dieser winzigen Schwäche bereits alles verraten, was seine übermächtige Männlichkeit ausmacht. Als ich ihn berühre, zuckt er zusammen und sieht mich durchdringend an.

Anscheinend spürt auch er dieses Verlangen, das mich wie gefangen hält. Diese verbotene Lust erfüllt uns beide. Mit einem Nicken deute ich auf den Sessel, in dem er gesessen hat.

„Bitte setzen Sie sich.“ Immer noch sieht er mir in die Augen, und ich erwidere den Blick wie gebannt.

Die Versuchung scheint uns beide einzuhüllen. Ich könnte mich auf die Zehen stellen, das Gesicht anheben und ihn küssen … Gerade als ich einen Schritt zurücktreten will, streicht er mir durchs Haar und umfasst es mit seiner großen, männlichen Faust. „Ist das hier echt?“

Die Frage kommt für mich völlig unerwartet. Fast hilflos erwidere ich seinen Blick. Da ist sie wieder, meine große Schwäche für Bad Boys.

Er ist zu mir gekommen, weil er Hilfe sucht.

Und so was wie dies hier tue ich nicht.

„Was genau?“

Geh zurück! Geh einfach einen Schritt zurück! schreit es in meinem Verstand, doch ich rühre mich nicht. Stattdessen schlucke ich, und sein Blick streift meinen Mund und wandert noch tiefer auf meinem Hals. Dann sieht er wieder fasziniert auf meine Lippen.

Zwischen den Schenkeln spüre ich die feuchte Hitze. Meine Nippel pressen sich an den BH, und mir rieselt es den Rücken hinab.

„Das hier. Ihr Haar.“ Er bewegt die Faust höher. Langsam legt er die Hand an meinen Kopf, die Finger immer noch tief in mein blondes Haar geschoben. Er hebt mein Gesicht an, und unsere Blicke sind wie gefesselt. Nur wenige Zentimeter trennen uns. Das hier ist mit Abstand das Intimste, was ich je bei einem Mann empfunden habe.

„Ja.“ Vor Verlangen klingt meine Stimme heiser und schwach. „Es ist echt.“

Er nickt, aber abgesehen davon rührt er sich nicht. Wenn ich nicht irgendetwas unternehme, überlasse ich ihm die Kontrolle über die Situation, und dann stecke ich in großen Schwierigkeiten.

„Noah.“ Ich räuspere mich und trete einen Schritt zurück. „Bitte setzen Sie sich.“ Es klingt wenig überzeugend. Dennoch fügt er sich, kehrt zu seinem Sessel zurück und lässt sich darauf sinken.

Aber ich nehme nicht mehr hinter meinen Schreibtisch Platz. Stattdessen lehne ich mich an die Tischkante und schlage die Beine an den Knöcheln übereinander.

Das ist riskant, weil ich ihm sehr nahe bin, aber ich habe den Eindruck, dass wir die Verbindung, die gerade zwischen uns geherrscht hat, nicht einfach so wieder aufgeben sollten.

„Sie können also nicht schlafen?“, frage ich leise nach.

„Nein, Doc.“

„Gar nicht?“

„Ich schlafe ein bisschen. Zehn, zwanzig Minuten.“

„Und dann? Was dann?“

„Dann wache ich wieder auf.“

„Haben Sie Träume?“

„Nein.“

Lügner. Ich gehe jedoch nicht darauf ein. Es ist noch zu früh. Gerade hat er angefangen, etwas einzugestehen, und das ist bereits ein riesiger Schritt. Er muss Vertrauen zu mir aufbauen.

„Gab es in letzter Zeit irgendwelche Veränderungen in Ihrem Leben?“

„Abgesehen von dem Treffen mit Ihnen?“ Er sieht mir wieder in die Augen, und da ist auch sein charismatisches Lächeln wieder. Er ist wieder der sexy Bad Boy.

„Ich meinte Veränderungen, die Sie vom Schlafen abhalten könnten.“

„Oh, letzte Nacht haben Sie mich definitiv vom Schlafen abgehalten.“

Das kommt so unerwartet für mich, dass ich einen Moment lang meine Beherrschung verliere und mir die Verblüffung anmerken lasse. Er merkt sicher, wie ich darauf reagiere, und einen Moment lang ist die Versuchung in mir stärker als die Vernunft.

Aber nur einen Moment lang.

Ich bin eine erfahrene Therapeutin, das darf ich nicht vergessen.

3. KAPITEL

„Ich habe eine Stunde eingeplant, aber ich kann jetzt bereits sagen, dass es keinen Sinn macht, Sie so lange hierzubehalten.“

„Sind Sie mich jetzt schon leid, Holly?“

„Sie wollen nicht hier sein. Trotzdem sind Sie gekommen.“

„Ich war nur neugierig, wo Sie praktizieren“, erwidere ich und weiß selbst, wie dumm das klingt. Sie ist zu klug, um auf so einen Blödsinn reinzufallen.

„Also gut.“ Sie redet weiter, als hätte ich meine Frage überhaupt nicht gestellt. „Spielen wir ‚Fünf Fragen‘.“

„Fünf Fragen?“ Das ist ja leicht.

„Aber …“ Sie hebt einen Finger und kann sich das Lächeln kaum verkneifen. „Sie müssen mir ehrlich und schnell antworten. Kein langes Grübeln, um sich irgendetwas auszudenken. Und Sie dürfen der Frage nicht ausweichen.“

Wenn ich Holly gestatte, Macht über mich zu bekommen, wird sie mich umstoßen, und ich versinke im Ozean. Das werde ich nicht zulassen.

Ich stehe auf und sehe sie eindringlich an, damit ich mitbekomme, welche Wirkung ich auf sie habe. Sie versucht, es zu verbergen, aber man kann Verlangen nicht völlig verbergen. Die Anzeichen habe ich oft genug gesehen, und ich erkenne sie auch jetzt. Ihre Wangen werden rot, die Pupillen weiten sich, bis ihre Augen fast schwarz wirken, und ihr Atem geht immer schneller.

Dicht vor ihr bleibe ich stehen und sehe sie immer noch unverwandt an. Ganz leicht öffnet sie die vollen roten Lippen, und ihr Blick wirkt verführerisch, obwohl ich genau weiß, dass sie sich große Mühe gibt, kühl und professionell zu bleiben. „Unter einer Bedingung.“

Ihr Blick landet auf meinem Mund, und ich sehne mich danach, sie an mich zu ziehen und zu küssen.

Nein, ich will sie rücklings gegen dieses Fenster drücken und über sie herfallen.

„Was für eine Bedingung, Mr. Moore?“

Jetzt versucht sie, das Gespräch zurück auf eine professionelle Ebene zu führen.

Ich hebe einen Finger und berühre sie sanft an der Wange. Verblüfft zuckt sie zurück, dann hebt sie langsam den Blick, bis sie mir in die Augen sieht. „Für jede von Ihren Fragen beantworten Sie mir auch eine. Es gelten dieselben Regeln.“

„Ich habe es Ihnen bereits letzte Woche gesagt. Ich stehe hier nicht zur Debatte.“

„Oh, da bin ich anderer Meinung, Holly. Haben wir einen Deal?“

Sie ist hin- und hergerissen und kämpft dagegen an.

„Ich schätze, das ist nur fair“, sagt sie einen Herzschlag später und nickt, als wolle sie sich selbst bestätigen, dass sie mitspielt. „Soll ich anfangen?“

Sie wählt ihre Worte sehr sorgfältig und beobachtet mich, während sie nachdenkt.

„Hatten Sie als Kind ein Lieblingsspielzeug?“

Von allen denkbaren Fragen hätte ich damit bestimmt am wenigsten gerechnet. Ich muss lachen. „Nein. Ich bin dran. Haben Sie an mich gedacht, seit wir uns letzte Woche getroffen haben?“

Ihre Augen weiten sich. Ihr Blick geht zu einem Punkt an der Wand hinter mir. „Natürlich habe ich das“, sagt sie. „Sie sind mein Patient.“

„Nein, das bin ich nicht. Bis jetzt bin ich einfach nur ein Mann, den Sie kennen. Und Sie wissen genau, wie ich die Frage gemeint habe.“

„So lautete die Frage, die Sie gestellt haben“, erwidert sie und sieht mich herausfordernd an. „Ich bin dran. Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung?“

Eine Sekunde lang sehe ich sie reglos an. Mir wird unbehaglich. Ein Hobby? Sie will wissen, welches Hobby ich habe? Ich neige den Kopf ganz dicht zu ihr, und dann flüstere ich ihr leise direkt ins Ohr: „Schöne Frauen ficken.“

Ich ziehe den Kopf wieder zurück, um ihre Reaktion mitzubekommen. Ihr Blick wirkt jedoch fast mitleidig, und das macht mich noch heißer. „Ich bin dran.“

Nachdenklich betrachte ich ihr Gesicht, dann sehe ich ganz bewusst zu ihren Brüsten. Lieber Himmel, sie hat wirklich fantastische Brüste. „Wann sind Sie das letzte Mal flachgelegt worden?“

Wieder schluckt sie. „Noah.“ Es klingt halb tadelnd, halb flehend.

Ich schüttelte den Kopf. Mit meinem Blick halte ich sie gefangen. Sie darf sich nicht rausreden. „Keine Lügen.“

Das Schweigen umgibt uns drückend.

„Das ist schon sehr lange her.“

„Und das ist keine genaue Antwort“, erwidere ich. Der Triumph fühlt sich aufregend an. Heiß wie Lava rast mir das Blut durch die Adern.

„Vor fünf Jahren“, fährt sie mich an, bevor sie sich mühsam wieder beherrscht. „Wie lautet der Mädchenname Ihrer Mutter?“

Ich zucke nicht mal mit der Wimper. „Alison Parker.“ Sie hat mich auf die Welt gebracht, aber sie als meine „Mutter“ zu bezeichnen, würde zu weit gehen. Sechsunddreißig Jahre lang wünsche ich mir jetzt schon, ihren Namen nicht zu kennen, geschweige denn, ihr Blut in mir zu haben.

„Stehen Sie ihr nahe?“

Ich schüttle den Kopf. „Ich bin dran, schon vergessen?“

Sie wendet sich ab und nimmt ein Glas Wasser von ihrem Schreibtisch. Unwillkürlich bin ich ihr gefolgt, und ich entdecke ein Foto gleich rechts von ihr. Das kleine Mädchen auf dem gerahmten Foto sieht Holly so ähnlich, die beiden müssen verwandt sein. „Wer ist das?“

Sie sieht mich an und folgt meinem Blick zu dem Foto. Eine Sekunde lang bin ich überzeugt, dass sie meine Frage nicht beantworten oder lügen wird, dann zuckt sie mit den Schultern. „Meine Tochter“, antwortet sie. „Stehen Sie Ihrer Mutter nahe?“

Mit dieser Frage habe ich gerechnet. „Nein.“

„Sie mögen sie nicht?“

Sie stützt sich seitlich auf den Tisch und sieht mir in die Augen. Es fühlt sich an, als könnten jeden Moment die Funken sprühen. „Nein.“

Ihre Miene zeigt mir, dass sie diese Antwort analysiert. „Haben Sie auch auf eine Art an mich gedacht, die nichts mit Ihrem Beruf zu tun hat?“

Wieder weicht sie meinem Blick aus. Seltsam, dass eine so kluge Frau wie sie sich so leicht verrät! „Ich …“

„Beantworten Sie die Frage mit Ja oder Nein, Doc.“ Ich stütze mich mit beiden Händen seitlich von ihr auf den Schreibtisch. Holly steckt dazwischen wie in einem Käfig fest. Als sie antwortet, liegt in ihrem Tonfall wieder der Mut, den ich an ihr bewundere. Sie ist stark und entschlossen, und sie hat keine Angst.

„Ja.“

Es kostet mich all meine Willensstärke, sie nicht rücklings auf den Schreibtisch zu drücken und es mit ihr zu treiben.

„Sie sind nicht bei Ihren Eltern aufgewachsen, richtig?“

Wenn sie mich jetzt ansehen würde, würde sie erkennen, wie sehr diese Frage mich einen Moment lang aus der Bahn wirft. Sie hat die richtige Frage gestellt, sie aber falsch formuliert. Bei wem sind Sie aufgewachsen? wäre besser gewesen. Das hätte mich gezwungen, ihr die zahllosen Pflegefamilien aufzuzählen, die ich durchlaufen habe. Oder ich hätte erklären müssen, dass niemand sich jemals wirklich Zeit für mich genommen hat und dass ich letztlich allein aufgewachsen bin. „Nein, das bin ich nicht.“

Jetzt sieht sie mich an, und ich komme ihr so nahe, dass meine Lippen fast ihre berühren. „Wollen Sie Sex mit mir?“

Sie ringt nach Luft, und noch bevor sie antworten kann, drücke ich meinen Mund auf ihren, hebe eine Hand an ihren Hinterkopf und dringe mit der Zunge vor.

Ich höre ein leises Stöhnen. Dann erwidert sie den Kuss. Mit der Zunge umspielt sie meine, schlingt einen Schenkel um meine Hüfte und drückt mich eng an sich. Mein Schwanz presst sich hart an ihre Pussy.

Schwer atmend lässt sie den Kopf nach hinten sinken. Sie gibt sich mir hin, und ich falle über sie her. Mit jedem Kuss versuche ich, sie dafür zu bestrafen, dass sie mich dazu gebracht hat, über meine verdammte Mutter zu reden. Ich küsse sie, weil ich gar nicht anders kann.

Und sie küsst mich.

Aber sie hat meine Frage nicht beantwortet, und ich bestehe darauf. Es reicht mir nicht zu spüren, wonach sie sich sehnt. Ich will, dass sie dazu steht. Sie soll es mir gegenüber eingestehen.

Verdammt, wenn sie seit fünf Jahren keinen Sex mehr hatte, könnte ich sie wahrscheinlich auf der Stelle kommen lassen. Um es zu testen, dränge ich mich wieder an sie, und sie stößt meinen Namen aus. Tief und leise, heiser und flehend.

„Noah.“ Es ist nur ein tonloses Flüstern, doch es klingt nach tiefer Sehnsucht. „Verdammt, Noah …“

Ja, ich will sie ficken, aber das hier zu tun, wäre überstürzt. Damit würde ich die Gelegenheit versäumen, sie dazu zu bringen, sich aus tiefster Seele nach mir zu sehnen.

„Willst.“ Ich nehme ihr Ohrläppchen zwischen die Zähne und gleite mit der Zungenspitze darüber.

„Du.“ Ich zerre ihren Pullover aus dem Rock, bevor ich ihr über die nackte Taille streiche.

„Mit.“ Mit dem Daumen gleite ich an der Unterseite ihrer weichen, runden Brust entlang.

„Mir.“ Sie zieht mich mit dem Schenkel um meine Hüften enger an sich.

„Jetzt.“ Ich packe ihren Fußknöchel hinter meinem Rücken und streiche mit der Hand an ihrer Wade hinauf.

„Sex.“ Ich schiebe den elastischen Saum ihres Slips im Schritt zur Seite. Mit einem Finger dringe ich in ihre feuchte Wärme ein. Sie seufzt immer flehender. Mit ihren klammernden Fingern kratzt sie mir über die Haut.

„Haben?“

Sie blinzelt eine Sekunde lang, dann nickt sie nur.

Ich bewege meinen Finger in ihr, und sie atmet immer schneller.

Ich senke den Kopf und umschließe durch den BH hindurch einen Nippel mit den Lippen. Mit der freien Hand ziehe ich ihr den Rock noch höher und umkreise mit dem Daumen ihre erregte Klitoris. Unablässig bewege ich den Finger in ihr.

Es dauert keine Minute, und sie kommt in meinen Armen.

Sie schreit so laut und intensiv, dass ich den Mund von ihrer Brust lösen und ihr stattdessen den Mund verschließen muss, nur um sie zum Schweigen zu bringen. Ich nehme ihre Schreie in meinen Mund auf. Sie spannt sich um meinen Finger an, und das Zittern, das sie durchläuft, hört nicht auf. Ihre Lust erfüllt das gesamte Zimmer. Die Luft um uns herum scheint zu vibrieren.

Es ist ein Anfang, aber es reicht mir bei Weitem nicht.

„Es muss noch höher, Mummy.“

„Hierhin?“ Behutsam befestige ich die kleine Figur an dem Zweig.

„Oooh neeeeeiiiiin!“ Ein so entnervtes und enttäuschtes Seufzen bekommen nur Vierjährige hin. „Da oben hin!“

Ich spüre es immer noch in meinem Körper kribbeln. Es fühlt sich ungewohnt und zugleich himmlisch an. Es sind kleine Lustwellen, die mich ganz unerwartet durchziehen.

Ich blinzele und sehe ihn in Gedanken wieder vor mir, wie er danach ausgesehen hat. Als er den Finger wieder aus mir gezogen hat. Dann ist er einen Schritt zurückgetreten.

„Morgen komme ich wieder.“

Mehr hat er nicht gesagt. Es war eher ein Befehl als eine Frage. Er hat es so entschieden.

Und ich habe nur genickt! Was, verdammt, habe ich mir dabei bloß gedacht? Ich hätte Nein sagen sollen. Dass wir uns nicht mehr wiedersehen dürfen.

Ich hätte ihm erklären müssen, wie falsch es von uns war … das zu tun. Oh Gott! In mir zieht sich alles zusammen. Ich weiß, wenn ich Ivy jetzt hier allein lasse und ins Bad gehe, dann wird mein Slip wieder feucht vor Verlangen sein. Seit ich mich Noah hingegeben habe, wirkt mein Körper wie verändert. Dabei habe ich von ihm nicht mehr als seine Brust gesehen.

Ich darf ihn nicht wiedersehen. Aber ich muss ihn wiedersehen. Ich bin so durcheinander. Langsam und tief atme ich durch. Ich weiß genau, dass ich ihn als Therapeutin nicht wiedersehen darf.

Offiziell ist er noch nicht mein Patient. Er hat nichts ausgefüllt, und ich habe ihm noch nichts in Rechnung gestellt. Wenn ich ihm sage, dass ich ihn in meiner Praxis nicht wiedersehen kann, bin ich dann frei und kann ihn privat treffen?

„Mummy!“ Ivy stampft mit dem Fuß auf. „Du guckst einfach nur an die Wand!“

„Entschuldige.“ Ich wende mich wieder der Aufgabe zu, die ich zu erledigen habe.

Ich befestige die Figur am zweithöchsten Zweig, und anscheinend ist Ivy damit zufrieden. Sie nickt, bevor sie in den Karton greift und vorsichtig die nächste Figur auspackt.

Noah hat sich Hilfe suchend an mich gewandt, und obwohl unsere Beziehung nicht die eines Patienten und seiner Therapeutin ist, mache ich mir Sorgen, wie diese Entwicklung sich auf ihn auswirken kann. Und ja, ich mache mir auch Sorgen, wie es sich auf mich auswirkt.

„Was ist das hier?“ Ivy zieht die Nase kraus und reicht mir die Verzierung.

Ich zwinge mich dazu, mich wieder auf Ivy und den Baum zu konzentrieren, und versuche all die verworrenen Sorgen zu verbannen, die mir durch den Kopf spuken. „Ah. Das habe ich gemacht, als ich zehn Jahre alt war.“ Ich betrachte die kleine Styroporkugel, die ich mühsam mit Stoff beklebt und anschließend mit Pailletten verziert habe. „Das hat ziemlich lange gedauert.“

„Wirklich?“ Wahrscheinlich will Ivy gar nicht so abfällig klingen. Ich muss lachen.

„Ja, meine Süße.“ Ich stecke die Kugel auf einen Zweig und warte darauf, dass sie mir das nächste Stück reicht.

„Ebony James sagt, es ist noch zu früh zum Schmücken.“

Nachsichtig lächle ich sie an. „Alle haben unterschiedliche Bräuche. Vielleicht wird in der Familie von Ebony James der Baum erst später aufgestellt.“

„Schmücken denn die meisten Leute jetzt schon den Baum?“

„Es gibt sie jetzt schon zu kaufen, oder?“

Autor

Clare Connelly
Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis  E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes  Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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