Braut nur nach Freigabe! - 5-teilige Serie

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MEINE WIDERSPENSTIGE PRINZESSIN
Liebe? Nein. Mit kühler Vernunft sucht der erfolgreiche Geschäftsmann Luc seine Braut aus: Prinzessin Gabrielle. Aber die hübsche Fürstentochter ist widerspenstig: Sie flieht in der Hochzeitsnacht. Luc rast vor Wut. Denn er bekommt immer, was er will - und er will Gabrielle …

TANGO DER LEIDENSCHAFT
In den Armen des attraktiven Millionärs Don Rafael verspürt die schöne junge Isobel zum ersten Mal die Erotik des Tangos. Eine Sehnsucht regt sich in ihr - heiß und verboten. Sie darf diesen Mann nicht begehren! Sie muss woanders hinschauen, irgendwohin, nur nicht in diese verführerisch dunklen Augen. Denn auch wenn Argentiniens begehrtester Junggeselle und sie wie ein strahlendes Traumpaar scheinen, liegt ein dunkler Schatten auf Isobels Glück. Immer mehr spricht dafür, dass Rafael nur sein berechnendes Spiel mit ihr treibt. Sie aber hat schon längst ihr Herz verloren …

NIE VERGAß ICH DEINE KÜSSE
Seine Augen funkeln wie Diamanten - geheimnisvoll und unergründlich. Wer ist der attraktive Fremde, der ihr so seltsam vertraut vorkommt? Als Emelia aus einer Ohnmacht erwacht, hat sie das Gedächtnis verloren. Sie weiß bloß eins: Dieser Mann erregt ihre Sinne wie sonst keiner!

VERLIEBT IN DEN BRUDER DES PRINZEN
Sein Kuss verzückt sie. Wer ist der aufregende Fremde vom Strand? Schockiert erfährt Demetria: Es ist Kristo Stanrakis. Aber sie ist mit seinem Bruder, dem Erbprinzen von Angyra, verlobt! Das bittere Ende eines Märchens? Oder gibt es doch eine Hochzeit im Fürstenhaus?

WOGEN DER SEHNSUCHT
Ihr silberblondes Haar weht im Sommerwind, das seidige Kostüm umspielt schmeichelnd ihren Körper, gibt den Blick auf endlos lange Beine frei - und Tristan Romero ist wie elektrisiert von dieser Frau! Fasziniert beschließt der spanische Aristokrat: Sie will er während des Maskenballs auf Stowell Castle erobern! Eine Nacht - dann muss er in die Wirklichkeit zurückkehren, in ein Leben, in dem kein Platz für Liebe ist … Doch unerwartet sehen sie sich wieder. Und diesmal macht Lily ihm ein Geständnis, das alles, für das Tristan gekämpft hat, in Gefahr bringt …


  • Erscheinungstag 25.10.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738167
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Caitlin Crews, Abby Green, Melanie Milburne, Janette Kenny, India Grey

Braut nur nach Freigabe! - 5-teilige Serie

IMPRESSUM

Meine widerspenstige Prinzessin erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2009 by Caitlin Crews
Originaltitel: „Pure Princess, Bartered Bride“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 331 - 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Anke Brockmeyer

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733738297

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

Luc Garnier glaubte nicht an die Liebe.

Von der Liebe blieb doch nie etwas anderes übrig als schreckliche Schmerzen, Verzweiflung und zerschlagenes Geschirr. Für Luc zählten nur Fakten, wasserdichte Verträge und das Gesetz des Geldes. Sein Leben lang hatte er zielstrebig und konzentriert gearbeitet, und mittlerweile war er einer der erfolgreichsten Männer des Landes. Mit Glück hatte das nichts zu tun.

Auch bei der Wahl seiner zukünftigen Braut verließ er sich nicht auf Gefühle, sondern nur auf seinen Verstand.

Die Côte d’Azur zeigte sich in der warmen Nachmittagssonne von ihrer schönsten Seite, und Luc genoss es, durch die kleinen Seitenstraßen Nizzas zu schlendern, ehe er in die Promenade des Anglais einbog. Hier lag das berühmte Luxushotel „Negresco“ mit seiner imposanten Fassade im viktorianischen Stil und den breiten Bogenfenstern, von denen aus man freien Blick auf den weiten Strand und das glitzernde Mittelmeer hatte. Das Negresco war seit Langem eines von Lucs Lieblingshotels in Frankreich, doch heute hatte er einen besonderen Grund, es aufzusuchen.

Am frühen Morgen war er von Paris aus nach Nizza geflogen, um eine schöne junge Frau in Augenschein zu nehmen. Auf Fotos sah sie unglaublich attraktiv aus, und nun wollte er feststellen, ob sie auch in der Wirklichkeit hielt, was die Bilder versprachen.

Wenn ja, würde er sie heiraten.

Doch er machte sich keine zu großen Hoffnungen. Auf Fotos hatten bisher alle Frauen ausgesprochen gut ausgesehen, die in seine engere Wahl kamen. Zudem stammte jede von ihnen aus hochherrschaftlichen Familien, so wie Lady Emma, seine letzte Favoritin. Nachdem er sie ein paar Tage lang in London von Party zu Party begleitet hatte, war ihm aufgefallen, dass sie eine heimliche Vorliebe für recht ungehobelt wirkende Herren hegte.

Natürlich hatte heutzutage jede Frau auch eine Vorgeschichte. Allerdings war es Luc wichtig, dass die Vergangenheit keinen Stoff für Schlagzeilen bot wie „Lady Emma zieht ihrem Luc wilde Typen vor“. Er sah die großen Lettern auf den Titelseiten förmlich vor sich.

„So sind die Frauen heute eben“, hatte Alessandro versucht, ihn zu beschwichtigen, nachdem Luc seinem besten Freund erzählt hatte, dass Lady Emma sich nachts gern ausgiebig in Bars herumzutreiben pflege.

„Meinetwegen können sich alle Damen dieser Welt amüsieren, wie sie wollen. Aber nicht meine zukünftige Frau. Ist das zu viel verlangt?“

„Nein. Aber das ist ja längst nicht alles, was du von deiner Braut erwartest“, hatte Alessandro trocken bemerkt und an den Fingern abgezählt, welche Bedingungen Luc an seine Traumfrau stellte. „Ihre Familie muss vermögend sein, nach Möglichkeit sogar blaublütig. Die Frau sollte ehrlich und ohne dunkle Geheimnisse sein. Am besten war sie niemals jung und naiv, damit keine Peinlichkeiten aus ihrer Vergangenheit ans Tageslicht kommen können.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Diese Frau, Luc, gibt es nicht.“

„Vielleicht hast du recht“, gab Luc zu. „Meine Mutter war das beste Beispiel dafür, dass sich hinter einer schönen Fassade oft nur Verrat und Unehrenhaftigkeit verbergen. Doch wenn es eine Frau gibt, die meinen Vorstellungen entspricht, dann werde ich sie finden.“

„Und wenn sie dich nicht heiraten will?“

Doch Luc lachte nur. „Ich bitte dich!“ Lässig lehnte er sich zurück und sah seinen Freund amüsiert an. „Warum sollte sie mich nicht heiraten wollen? Ich kann einer Frau alles bieten. Sie muss nur meine Erwartungen erfüllen.“

Gequält stöhnte Alessandro auf, als hätten die Worte seine romantische italienische Seele tief verletzt. „Frauen mögen es, verwöhnt zu werden. Sie möchten charmante Worte hören, du musst ihnen die Welt zu Füßen legen. Sie wollen nicht geheiratet werden, nur weil sie deine Erwartungen erfüllen.“

„Nun, aber genauso ist es“, beharrte Luc achselzuckend. „Die Frau, die ich heirate, wird sich damit abfinden müssen.“

„Dann stelle dich darauf ein, dass du noch lange suchen wirst, mein Freund.“

Diese Aussicht konnte Luc nicht erschüttern. Und als er nun vor dem Hotel Negresco mit seiner prachtvollen Fassade stand, fühlte er sich seinem Ziel ein Stück näher. Am Beispiel seiner Eltern hatte er erlebt, wohin Liebe führen konnte. Die kurzen Zeiten überschwänglichen Glücks waren überschattet worden von hässlichen Szenen der Eifersucht und würdelosen Streitereien. Deshalb waren romantische Gefühle ihm niemals erstrebenswert erschienen. Stattdessen hatte er sich mit Feuereifer ins Berufsleben gestürzt, ohne unnütze Zeit mit kraftraubenden Liebesgeschichten zu vergeuden. Und der Erfolg gab ihm recht. Seine Konkurrenten hatte er längst abgehängt.

Doch mittlerweile ging er auf die vierzig zu und wollte eine Familie gründen. Und dafür brauchte er eine Frau, die aus einem ebenso guten Hause kam wie er, um die edle Linie seiner Ahnen weiterführen zu können. Dazu fühlte er sich verpflichtet.

Zielstrebig trat er auf den weitläufigen Eingangsbereich des Hotels zu, ließ sich von dem Portier in goldbetresster Uniform die Tür öffnen und durchschritt das Foyer mit seinen glänzenden Marmorböden, unzähligen schimmernden Kronleuchtern und riesigen Gemälden. Doch Luc hatte keinen Blick für den Luxus, der ihn umgab. Entschlossen stieß er die Flügeltür zum Salon Royal auf und sah sich suchend um. Dann entdeckte er sie – Prinzessin Gabrielle von Mazzanera.

Mit ihrer kühlen Eleganz hob sie sich von der Masse der anderen Gäste ab, die an der Bar und an den polierten Ebenholztischen leise plauderten. Sie würde diese Woche in Nizza bei mehreren Wohltätigkeitsveranstaltungen Gastgeberin sein, wusste Luc, und er wollte sie bei dieser Gelegenheit erst einmal unerkannt in Augenschein nehmen.

Sie war tatsächlich eine Schönheit, stellte Luc zufrieden fest, doch sie schien sich dessen nicht bewusst zu sein. Ihre Natürlichkeit war bezaubernd.

In ihrem gerade geschnittenen Cocktailkleid kam ihre zartgliedrige Figur hervorragend zur Geltung. Das lange Haar war zu einem lockeren Knoten gesteckt. Kleine unaufdringliche Diamantohrringe und eine schmale Perlenkette waren ihr einziger Schmuck. Sie wirkte sehr anmutig und durch und durch wahrhaft fürstlich.

Was er sah, gefiel Luc ausgesprochen gut.

Vielleicht hatte er seine Braut tatsächlich endlich gefunden.

1. KAPITEL

„Du wirst deine Pflicht tun“, erklärte ihr Vater mit donnernder Stimme. „Ich möchte stolz auf dich sein können.“

Für ihn war damit alles gesagt.

Noch immer hallten die Worte in Prinzessin Gabrielles Kopf nach. Die nahezu drei Meter lange Schleppe ihres seidenen Hochzeitskleids zwang sie dazu, langsam zu gehen. Genau so muss eine fürstliche Braut aussehen, dachte sie seufzend. Entschlossen richtete sie sich auf und hob den Kopf. Haltung bewahren, was auch geschieht, sprach sie sich Mut zu.

Doch so schwer war es ihr bisher noch nie gefallen, ihre Gefühle zu verbergen. Tränen der Verzweiflung brannten in ihren Augen, und sie war froh, dass der Schleier schützend vor ihrem Gesicht lag.

Tapfer schritt sie am Arm ihres Vaters zu den feierlichen Klängen der Orgel zum Altar. Nur Ehrengäste hatten heute Zugang zu der Kathedrale, doch der weite Platz vor der Kirche war gesäumt von gerührten und jubelnden Untertanen. Ihr Leben lang hatte Gabrielle sich bemüht, den Ansprüchen ihres Vaters, Fürst Guiseppe von Mazzanera, zu genügen und hatte doch immer wieder das Gefühl gehabt, dabei zu scheitern.

An der Universität hatte sie Tag und Nacht fleißig dafür gearbeitet, um die Beste ihres Jahrgangs zu werden, während ihre Kommilitonen gefeiert und die Zeit in London genossen hatten. Jetzt besaß sie einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften, doch was hatte er ihr genützt? Ihr Vater wäre entsetzt gewesen, wenn sie ernsthaft hätte arbeiten wollen. Also hatte sie sich gefügt und sich der Arbeit in Wohltätigkeitsorganisationen gewidmet, wie es von einer Thronfolgerin erwartet wurde.

Heute heiratete sie nun sogar einen Fremden, den der Fürst für seine Tochter ausgewählt hatte.

Warum lasse ich das zu? fragte sie sich. Schließlich leben wir nicht mehr im Mittelalter. Ich hätte einfach Nein sagen können. Oder vielleicht doch nicht? Versuche ich tatsächlich so verzweifelt, meinem Vater zu gefallen?

„Endlich wird es in unserer Familie wieder eine Hochzeit geben“, hatte er ihr eines Morgens vor drei Monaten erzählt und dabei nicht einmal von seiner morgendlichen Lektüre aufgesehen.

„Tatsächlich?“ Gabrielle war erfreut gewesen. Obwohl ihre Mutter schon seit vielen Jahren nicht mehr lebte, hatte ihr Vater niemals erwähnt, dass er wieder heiraten wolle.

„Es scheint mir die perfekte Verbindung zu sein. Aus hochherrschaftlichem Hause, gleichzeitig sehr vermögend und attraktiv“, fuhr der Fürst fort. „Die Zukunft unseres Landes ist gesichert.“

Der Gedanke an eine Stiefmutter traf Gabrielle überraschend. Doch sie stellte es sich nett vor, nicht mehr mit ihrem Vater allein in dem riesigen Palast wohnen zu müssen. Sie liebte ihn sehr, doch er war kein unkomplizierter Mann.

„Es wird keine lange Verlobungszeit geben.“ Zum ersten Mal während des Gesprächs sah er auf. „Dafür habe ich keine Geduld.“

„Nein, gewiss nicht“, bestätigte Gabrielle lächelnd. „Wer ist denn eigentlich die Glückliche?“

Irritiert schaute er sie an. „Du hast mir offenbar nicht zugehört“, stellte er stirnrunzelnd fest. „Du bist die Braut.“ Damit legte er seine Zeitung zur Seite, stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

Wenn Gabrielle jetzt daran dachte, ergriff sie noch immer Panik. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, die Schleppe ihres Kleides schien zentnerschwer und sie befürchtete, jeden Moment ohnmächtig zu werden.

Ihr Vater würde es ihr niemals verzeihen, wenn sie ihm hier, vor allen Leuten in der Kirche, eine Szene machte. Sie musste das Spiel mit Würde mitspielen.

Ihre Hochzeit.

Ihre Zukunft.

Mit jedem seiner gleichmäßigen Schritte führte er sie weiter auf ein Schicksal zu, auf das sie keinen Einfluss hatte.

Am Altar wartete ihr Bräutigam. Ein Fremder, dem sie nie zuvor begegnet war. Sie konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken, doch zum Glück ging es in den letzten Orgelklängen unter.

Es gab keinen Weg zurück. Dafür war es zu spät.

Ihr Leben lang hatte sie getan, was ihr Vater von ihr verlangte. Niemals hatte sie sich aufgelehnt, rebelliert, ihre eigenen Vorstellungen durchgesetzt. Immer war sie seinen Anweisungen gefolgt, in der Hoffnung, er werde sie endlich ernst nehmen. Nein, mehr noch, gestand sie sich ein. Sie hatte gehofft, sie könne so seine Liebe gewinnen.

Stattdessen hatte er sie an den meistbietenden Geschäftsfreund verschachert.

Siegesbewusst und triumphierend verfolgte Luc, wie Fürst Guiseppe mit seiner eleganten Tochter durch den Mittelgang der Kathedrale schritt.

Endlich!

Kurz dachte Luc an seine Mutter, die mit ihren Launen und Affären das Leben seines Vaters zerstört hatte. Das konnte ihm nicht passieren. Er hatte eine Frau ausgewählt, die nicht mit Skandalen von sich reden machen würde.

Jahrelang war er auf der Suche gewesen nach einer passenden Braut. Das Warten hatte sich gelohnt. Luc war ein Mann, der keine Kompromisse einging. Nur deshalb hatte er schließlich die perfekte Partnerin gefunden.

Prinzessin Gabrielle wusste, was sie ihrem Land schuldig war. Ein Leben lang war sie von ihrem Vater dazu erzogen worden, eigene Belange zurückzustellen. Sie war fügsam, nachgiebig, freundlich.

Mit tiefer Zufriedenheit betrachtete er, wie sie gemessenen Schrittes näher kam, um in eine Hochzeit einzuwilligen, die ihr Vater für sie arrangiert hatte.

Prinzessin Gabrielle war niemals in den Klatschspalten der Zeitschriften aufgetaucht. Wenn ein Magazin über sie berichtete, dann wegen einer ihrer vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen. Fast schien es, als sei sie eine Heilige. Für Luc war sie eine hervorragende Wahl. Denn alles, womit er sich umgab, musste perfekt sein. Seine Frau durfte da keine Ausnahme sein.

Wochenlang hatte er Nachforschungen angestellt, ob es tatsächlich keinen Makel im Leben seiner Auserwählten gab. Dabei verließ er sich nur auf sich selbst, denn andere Menschen machten zu viele Fehler. Erst als er ganz sicher war, dass Gabrielle genau seinen Ansprüchen entsprach, hatte er sich an ihren Vater gewandt.

In Paris, in der Fürstensuite des Hotels „Le Bristol“ mit einem zauberhaften Blick auf Sacre-Coeur, hatten sie den Vertrag besiegelt.

„Möchten Sie meine Tochter nicht zuvor kennenlernen?“, hatte der Fürst erstaunt gefragt.

„Das ist nicht nötig“, erwiderte Luc. „Außer natürlich, es ist Ihr ausdrücklicher Wunsch.“

„Für mich spielt es keine Rolle“, erklärte Fürst Guiseppe achselzuckend. „Die Hochzeit ist besiegelt.“

„Sind Sie sicher, dass Ihre Tochter einwilligen wird? Immerhin ist es in der heutigen Zeit etwas … ungewöhnlich, eine Heirat als Geschäft unter Männern zu arrangieren.“

„Gabrielle weiß, was sie ihrem Land schuldig ist. Ich habe sie zu Gehorsam und Pflichterfüllung erzogen.“

„Und das ganz offensichtlich mit Erfolg“, ergänzte Luc. „Überall spricht man mit großer Achtung von ihr.“

„Selbstverständlich.“ Für den Fürsten schien dies nicht der Rede wert. „Sie wird eines Tages eine gute Fürstin sein. Aber sie braucht eine führende Hand, dann werden Sie keine Probleme mit ihr haben.“

Und genau das war es, was Luc sich von dieser Heirat versprach.

„Auf die Zukunft von Mazzanera.“ Der Regent hob sein Glas und betrachtete den perlenden Champagner.

„Auf die Zukunft Ihres Landes.“ Doch Luc hatte an etwas ganz anderes gedacht. Mit dieser Frau an seiner Seite konnte er endlich beweisen, dass er anders war als seine Eltern. Die Schande seiner Familie würde nicht länger auf ihm lasten.

„Und auf Frauen, die wissen, wo ihr Platz ist“, hatte der Fürst schmunzelnd hinzugefügt.

Nun also war es so weit. In diesem Moment trat sie auf ihn zu – Prinzessin Gabrielle, seine Braut.

Sie war perfekt. Wenige Minuten noch, dann war sie seine Frau.

Heute sah sie ihn zum ersten Mal – Luc Garnier, ihren Bräutigam. Groß und aufrecht stand er vor dem Altar und wartete auf sie.

Nachdem sie erfahren hatte, dass sie diesen Mann heiraten sollte, hatte sie natürlich Erkundigungen über ihn eingezogen. Die Familie seiner Mutter entstammte einem uralten italienischen Adelsgeschlecht. Sie hatte den Sohn eines französischen Millionärs geheiratet, doch ihre Eltern hielten diese Ehe nicht für standesgemäß. Und tatsächlich war ihr Zusammenleben geprägt von Streitigkeiten, Affären, Skandalen und Drogen gewesen. Als sie bei einem Segelunfall ums Leben kamen, hatte Luc gerade sein Studium beendet. Jeder, der ihn kannte, beschrieb ihn als äußerst schwierigen Einzelgänger und unnachgiebigen Geschäftsmann. Nun bildete sie sich ein, seine Rücksichtslosigkeit sogar auf diese Entfernung in seinen dunklen Augen erkennen zu können.

Ich kann das nicht –

Aber sie war schon mittendrin.

Sie hatte keine Wahl mehr.

Sekundenlang schloss sie die Augen, um die Tränen zurückzudrängen, und spürte nur, dass ihr Vater sich zurückzog und ihre Hand in Lucs legte. Mit seiner großen, warmen Hand umschloss er ihre zitternden Finger.

Sie wollte diesen Mann nicht ansehen, diesen Fremden, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen musste. Ohne den Blick zu heben, schritt sie an seinem Arm die letzten Meter auf den Bischof zu.

Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt und ihr Herz pochte wild. Unbeherrschbare Angst und ein anderes Gefühl, das sie nicht kannte, ließen das Blut schneller durch ihre Adern rauschen.

Er war so männlich, schien so unbeugsam. Neben ihm wirkte sie klein und zerbrechlich. Sein ganzer Körper strahlte eine unbändige Kraft aus und ließ sie erzittern.

Mit äußerster Willensanstrengung zwang sich Gabrielle, tief durchzuatmen.

Dies also war der Mann, an den ihr Vater sie verkauft hatte.

Wieder schloss Gabrielle die Augen und dachte an das Meer, das glitzernd in der Sonne lag, und an ihr wunderschönes, kleines Land, das sich in einem weiten, fruchtbaren Bogen oberhalb der Adria erstreckte.

Für dieses Fürstentum und für ihren Vater würde sie alles tun.

Selbst dies.

Doch sie hielt die Augen geschlossen und wünschte sich weit weit fort.

„Sieh mich an“, forderte Luc leise, aber bestimmt, als der Geistliche mit der Trauzeremonie begann.

Er spürte, wie sie zusammenzuckte und ihre Hände erneut zitterten. Ihr Gesicht war hinter dem Schleier verborgen, dennoch konnte er die Verzweiflung in ihrer Miene erahnen.

„Ich kann nicht“, flüsterte sie und ihr Flüstern rührte ihn an. Er ließ den Blick über ihren zarten feingliedrigen Körper gleiten und dachte daran, wie er bald jeden Zentimeter davon zärtlich begrüßen würde.

Die Heftigkeit des Verlangens, das ihn bei dieser Vorstellung durchströmte, überraschte ihn. Natürlich war sie wunderschön, und er hatte sich darauf gefreut, die Hochzeitsnacht mit ihr zu verbringen. Doch niemals hätte er sich träumen lassen, dass sie eine solch starke Wirkung auf ihn haben würde.

Der Bischof stand direkt vor ihm, dennoch waren seine Gedanken keineswegs frommer Natur. Selbst die zaghafte Berührung ihrer schmalen Hand ließ seine Lust erwachen.

Plötzlich hatte er Mitleid mit seiner sanften, ängstlich zu ihm aufschauenden Braut. Anscheinend hatte sie der Hochzeit längst nicht so problemlos zugestimmt, wie ihr Vater erwartet hatte.

„Es wird dir gut gehen bei mir“, versprach er leise und hielt ihre Hand ein wenig fester. In ihm wuchs der Wunsch, sie zu beschützen. Und dieses Gefühl war vollkommen neu für Luc Garnier.

Mit aller Macht zwang Gabrielle sich, den Fremden anzusehen. Ihren Bräutigam. Sie spürte seine Nähe, seine kräftige Hand, die ihre hielt, und konnte es kaum ertragen.

Wie gut, dass der Schleier mein Gesicht verbirgt, dachte sie zum wiederholten Mal.

Der Bischof sprach die althergebrachten Worte der Eheschließung, und Gabrielle spürte Panik aufsteigen. Das ging alles viel zu schnell.

„Ja, ich will“, sagte Luc in diesem Moment. Zum ersten Mal hörte sie die laute wohltönende Stimme ihres Mannes. Und der Klang berührte etwas tief in ihr.

Als er dann nach dem Ringtausch den Schleier zurückschlug und sie mit seinen dunkelgrauen, fast schwarzen Augen ansah, fühlte sich ihre Kehle wie zugeschnürt an. Aus lauter Furcht, dachte sie im ersten Moment. Doch dann musste sie zugeben, dass es nicht nur Angst war, die sie ergriffen hatte. Es war ein unbekanntes tiefes Verlangen. Sie wollte ihn. Obwohl er ein Fremder war.

Plötzlich schien es nur noch sie und ihn zu geben. Schutzlos und verletzlich stand sie vor ihm. Schon vorher hatte sie durch ihre Recherchen gewusst, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen. Und jetzt ahnte sie, warum das so war.

Sein dichtes dunkles Haar fiel bis auf den Kragen seines weißen Hemdes. Unter dem dunklen Anzug zeichneten sich seine breiten Schultern ab. Die Gesichtszüge erschienen ebenmäßig und perfekt wie in Stein gemeißelt. Und obwohl er ernst und unnahbar wirkte, entdeckte Gabrielle kleine Lachfältchen in seinen Augenwinkeln.

Seine Männlichkeit raubte ihr den Atem, und als er sie ansah, meinte sie, unter seinem verlangenden Blick zu verbrennen.

Mit seiner Hand berührte er sanft ihre Wange. Gabrielle war unfähig, sich zu bewegen. Ihre Knie drohten unter ihr nachzugeben.

Die verlockende Wärme seiner Handfläche durchströmte ihren Körper, und ihr Atem ging flach. Als er seine Lippen sanft und dennoch bestimmt auf ihre senkte, wusste sie, dass es weit mehr war als ein Kuss.

Er nahm sie damit in Besitz.

Am liebsten hätte Gabrielle aufgeschrien. Verzweifelt erkannte sie, dass er ihr Leben ebenso in seinen eisernen Griff nehmen würde wie zuvor ihr Vater. Luc Garnier wollte eine fügsame Frau. Und er wollte Erben. Nur dafür war sie da.

Wie hatte sie dieser Hochzeit nur zustimmen können?

Sie kam sich vor wie in einem Albtraum, als sie sich von Luc aus der Kirche führen ließ. Die feierlich läutenden Glocken nahm sie gar nicht wahr.

Sie waren Mann und Frau.

Und während er stolz und kraftvoll neben ihr schritt, bäumte sich alles in ihr auf gegen diese Verbindung, die sie nicht gewollt hatte.

„Warum mache ich dir Angst?“, verlangte Luc leise zu wissen, während sie die Reihe der Gratulanten am Palast abschritten.

Gabrielle lächelte, grüßte, schüttelte Hände – sie war eine ausgezeichnete Gastgeberin. Verstohlen sah sie ihn kurz an.

„Das tust du nicht“, gab sie ebenso flüsternd zurück, während sie weiterhin verbindlich lächelte und einen entfernten Cousin begrüßte, Baron de la Vazza.

Eigentlich hatte Luc genau diese Antwort erwartet. Schließlich war sie schon als kleines Mädchen dazu erzogen worden, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen.

„Meinen Glückwunsch“, wandte sich der Baron an Luc und reichte ihm seine fleischige Hand. Luc kannte den Baron von unzähligen Fotos bekannter Klatschblätter, die ihn auf ausschweifenden Partys mit viel Alkohol und jungen Mädchen zeigten.

Höflich nahm der Bräutigam die Glückwünsche entgegen, während er insgeheim Abscheu empfand. Er hatte sich geschworen, niemals dieses leere nutzlose Leben zu führen, das viele der oberen Zehntausend so sehr zu genießen schienen.

Gabrielle stand direkt neben ihm, und er spürte ihre Anspannung. Besorgt sah er sie an. Natürlich war es gut, wenn sie akzeptierte, dass er in dieser Ehe das Sagen hatte. Aber es behagte ihm nicht, dass er Furcht einflößend auf sie wirkte.

Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war er von ihrer Anmut, ihrem guten Aussehen und ihrer Zurückhaltung begeistert gewesen. Doch Gabrielle hatte weit mehr zu bieten als das, erkannte er jetzt. Die blaugrüne Farbe ihrer Augen erinnerte ihn an das glitzernde Meer, an dem das Fürstentum lag. Ihr dichtes honigblondes Haar trug sie heute kunstvoll aufgesteckt und geschmückt mit einem funkelnden Diadem. Ihr Mund, auf den sie in Sekundenschnelle ein freundliches Lächeln zaubern konnte, war voll und von einem tiefen Rot. Doch viel wichtiger als alles andere – sie war tugendhaft. Und von nun an war sie seine Frau.

Als er in der Kathedrale gesehen hatte, wie sie mühsam die Tränen zurückgehalten hatte, war der Beschützer in ihm erwacht. Normalerweise interessierte es ihn nicht, was die Menschen von ihm dachten. Entweder taten sie, was er erwartete, oder sie gingen ihm aus dem Weg. Doch Gabrielles ängstliche Verwirrung hatte ihn seltsam angerührt.

„Komm mit“, forderte er sie auf, nachdem sie die letzten Gäste begrüßt hatten. Ohne auf ihre Antwort zu warten, führte er sie durch den mit bodentiefen Bogenfenstern verglasten Wintergarten auf die breite Veranda, die rings um den Palast lief. Von hier bot sich ein atemberaubender Blick auf die grünen Hügel Mazzaneras und das weite Meer, auf dem ein paar Fischerboote ihre Spuren zogen.

„Aber das Essen …“, wandte sie ein.

Ihre Stimme war ruhig und klangvoll. Perfekt, wie alles an ihr, dachte er.

Als er ihren Arm berührte, spürte er, wie ein leichter Schauer sie durchfuhr. Kaum sichtbar lächelte er.

„Die Gäste warten auf uns“, unternahm Gabrielle einen zweiten Versuch.

Auf der Veranda wehte ein leichter Wind und brachte angenehme Abkühlung. Unten im Tal läuteten die Glocken aller Kirchen – ihnen zu Ehren, wie Luc wusste.

Zufrieden lehnte er sich gegen die Brüstung und betrachtete seine Frau. Mit der Hochzeit war sein Leben nun genauso, wie er es immer geplant hatte.

Doch noch immer wich Gabrielle seinem Blick aus. Angestrengt schaute sie aufs Meer, als könne sie dort Trost und Mut finden.

„Sieh mich an!“ Sein Ton war freundlich, aber bestimmt.

Nur langsam wandte sie den Blick ab vom Horizont und schaute ihn an. Angestrengt biss sie sich dabei auf die Lippe.

Wie gern hätte er sie geküsst und den Schmerz gelindert. Eine unbändige Lust ergriff ihn, und nur mit Mühe konnte er sie im Zaum halten. Er wollte nichts überstürzen, sondern sie langsam daran gewöhnen, verheiratet zu sein.

„Ist es so schlimm, mich anzusehen?“ Mit einem leichten Lächeln wandte er sich ihr zu.

„Ich habe einen völlig Fremden geheiratet“, entfuhr es ihr.

„Heute noch bin ich ein Fremder für dich“, räumte Luc ein. „Aber du wirst mich schnell kennenlernen. Auch wenn dir im Moment alles unglaublich schwierig erscheint.“

„Schwierig“, wiederholte sie mit einem bitteren Lachen und wich seinem Blick erneut aus. „Ja, so kann man es nennen.“

Behutsam fasste er ihr Kinn und drehte sanft ihr Gesicht in seine Richtung. Um ihn ansehen zu können, musste sie den Kopf in den Nacken legen.

Die Berührung löste ein begieriges Verlangen in ihm aus. Sie war sein. Von ihrem juwelenbesetzten Diadem bis zu den schmalen Füßen in den goldenen hochhackigen Sandalen gehörte sie ihm.

Es behagte ihr nicht, von ihm angefasst zu werden, das merkte er sofort. Dennoch konnte er sich nicht von ihr lösen. Ihre Nähe entfachte ein Feuer in ihm, das er keineswegs wieder löschen wollte. Sanft streichelte er ihre Wange und fuhr mit der Fingerspitze über ihre vollen weichen Lippen.

Empört wandte Gabrielle sich ab. Er sah, wie sie flammend errötete.

„Lass mich. Ich kenne dich doch gar nicht“, bat sie mit zitternder Stimme.

„Aber du wirst deine Pflicht tun. Für das Fürstentum, für deinen Vater“, erinnerte er sie.

„Ich … ich beuge mich den Wünschen meines Vaters“, sagte sie leise.

„Du wirst sehen, dass ich ein Mann bin, der sein Wort hält. Du kannst dich auf mich verlassen, Gabrielle.“

Verwirrt wandte sie sich um und verließ die Veranda.

Und er ließ sie gehen.

Doch er hatte bemerkt, dass sich ihr Puls beschleunigte, als er sie liebkoste. Und er wusste, dass sie ihn ebenso wollte wie er sie. Vielleicht fürchtete sie sich vor dieser ersten Nacht – doch damit konnte Luc umgehen.

Und er würde nicht mehr lange warten.

Das Hochzeitsmahl war eine Qual.

Unruhig rutschte Gabrielle auf ihrem Stuhl hin und her und versuchte, mehr Abstand zu Luc zu bekommen, der neben ihr saß. Doch alle Blicke waren auf sie gerichtet, und so konnte sie nicht einfach von ihm abrücken.

„Warum hast du eigentlich nicht früher geheiratet?“, fragte sie ihn schließlich, um das Schweigen zwischen ihnen zu beenden. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, eine Situation nicht im Griff zu haben. Aber das ist völlig normal, sagte sie sich. Niemand würde damit umgehen können, mit einem fremden Mann verheiratet zu werden.

Verheiratet. Das Wort hallte in ihrem Kopf nach und erschien ihr immer mehr wie ein dunkles Schicksal, dem sie niemals würde entkommen können.

Mit einem durchdringenden Blick aus seinen fast schwarzen Augen sah er sie an. „Ich habe auf dich gewartet“, gab er aufrichtig zur Antwort.

Der Klang seiner Stimme ließ das Blut schneller durch ihre Adern jagen.

„Ich wollte nur eine schöne anständige Prinzessin heiraten. Keine andere als du sollte es sein.“

„Aber du kennst mich doch gar nicht.“

„Das stört mich nicht weiter.“

Ärger stieg in ihr auf. „Genau. Warum sollten wir uns vor der Hochzeit kennenlernen? Das wäre ja reine Zeitverschwendung gewesen“, versetzte sie bissig.

Missbilligend sah er sie an. Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. Doch ihr Zorn verflog und machte einem anderen, unbekannten Gefühl Platz. Es schien, als habe sich die Luft zwischen ihnen aufgeheizt, sodass sie kaum mehr atmen konnte.

„Als ich dich sah, stand meine Entscheidung fest“, wiederholte er.

„Ich verstehe. Du hattest beschlossen, heiraten zu wollen, und ich passte ins Bild.“

War sie etwa ein kostbares Reitpferd, oder ein Rassehund, den man nach seiner Abstammung aussucht? Sie konnte kaum fassen, was er da sagte. Brüsk griff sie nach ihrem Champagnerkelch und nahm einen großen Schluck.

„Gab es bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen? Eine Liste, die du abhaken konntest?“ Wundert mich das wirklich? fragte sie sich jedoch insgeheim. Er war offensichtlich wie ihr Vater. Die Gefühle anderer Menschen interessierten ihn nicht.

„Gabrielle.“

Die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ sie erschauern.

„Verzeih mir“, sagte sie und ärgerte sich im gleichen Moment erneut über sich selbst. Warum benehme ich mich wie ein kleines Schoßhündchen, das man zur Ordnung ruft?

„Du solltest etwas essen. Der Tag war schon lang“, schlug er freundlich vor, und der Hauch eines Lächelns spielte um seine Mundwinkel. „Und du wirst Deine Kräfte noch brauchen.“

Entsetzt sah sie ihn an. Er meinte hoffentlich nicht das, was sie annahm. Er erwartete doch nicht im Ernst …

„Woran denkst du?“, wollte er wissen und rückte näher. Heiß spürte sie seine Haut an der raschelnden Seide ihres Kleides.

„Du kannst nicht …“, begann sie und schenkte ihm einen verzweifelten Blick.

„Iss“, sagte er, und diesmal hörte es sich nach einem Befehl an.

Folgsam griff sie zur Gabel und stocherte halbherzig in dem an sich köstlichen Essen auf ihrem Teller herum. Sosehr ihr Verstand auch gegen diesen Mann rebellierte, ihr Körper gehorchte ihm.

Während sie ein Stück gegrillten Fisch aß, überlegte sie, wie das Leben mit ihm sein würde. Sie versuchte, sich einen ganz normalen Dienstag vorzustellen oder einen Samstagmorgen. Doch es funktionierte nicht. Das Einzige, woran sie denken konnte, war seine Hand auf ihrem Arm. Seine dunklen Augen, wie er sie von Kopf bis Fuß musterte. Nackte Haut auf nackter Haut in der Hitze der Nacht.

„Entschuldigung“, murmelte sie, legte das Besteck zur Seite und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. Keinen Augenblick länger konnte sie seine Nähe ertragen, ohne völlig den Verstand zu verlieren. „Ich bin gleich zurück.“

„Selbstverständlich.“ Luc erhob sich, rückte ihr den Stuhl zurecht und winkte einen Kellner herbei, um ihr mit der Schleppe zu helfen.

Er wirkte wie der perfekte Ehemann.

Doch sie wusste es besser.

Gedankenverloren ließ Luc die Rede seines Schwiegervaters über sich ergehen.

„Mazzanera heißt seinen künftigen Fürsten willkommen“, sagte dieser gerade. Der Fürst war in seine prachtvolle Galauniform gekleidet, die Goldlitzen glänzten mit dem polierten Tafelsilber um die Wette. „Allerdings hoffe ich, dass es noch lange nicht Zeit für einen Thronfolger ist“, fügte er lachend hinzu.

Luc interessierte sich weit mehr für seine Braut als für die Lebenserwartung von Fürst Guiseppe, dennoch fiel er in das Lachen der anderen Gäste ein.

Seit sie mit in den riesigen Ballsaal zurückgekehrt war, saß sie still und unbewegt neben ihm.

So streitlustig wie vorhin hatte sie ihm besser gefallen, musste er zugeben.

„Und du?“, griff er den Faden ihres Gesprächs wieder auf, als sei sie nicht fluchtartig verschwunden.

Wieder spürte er ihre Anspannung. Doch es war mehr in ihrer Haltung als nur Angst, erkannte er. Erwartung, Verlockung. Allerdings schien sie sich dessen nicht bewusst zu sein.

„Ich?“, fragte sie verwirrt.

„Warum hast du beschlossen, mich zu heiraten?“, wollte er wissen. Wieder fühlte er das Bedürfnis, sie zu beschützen, ihr die Furcht zu nehmen. Nie zuvor hatte er sich um eine Frau bemühen müssen. Doch sie, das ahnte er, war es wert.

„Beschlossen?“, wiederholte sie mit einem bitteren Lachen. Doch sofort hatte sie sich wieder unter Kontrolle. „Mein Vater erwartete, dass ich meine Pflicht tue“, fügte sie schlicht hinzu und spielte verlegen am Faltenwurf ihres Kleides.

„Du bist fünfundzwanzig. Andere Frauen in deinem Alter leben mit ihrem Freund zusammen, feiern bis tief in die Nacht und denken gar nicht daran, ihre Pflicht zu tun.“ Unverwandt sah er sie an, während er sprach.

„Ich bin eben nicht wie alle anderen“, gab Gabrielle abweisend zurück. Ihre Miene blieb vollkommen unbewegt, doch an dem nervösen Spiel ihrer Finger und an ihrer angespannten Haltung erkannte Luc, dass das Gespräch sie nicht kalt ließ.

„Meine Mutter starb, als ich noch ein Kind war, und mein Vater hatte nur noch mich.“ Sie atmete tief durch, ehe sie fortfuhr. „Eines Tages werde ich Herrscherin über Mazzanera sein. Ich muss im Sinne meines Volkes handeln.“

Während sie sprach, ruhte ihr Blick auf ihrem Vater. Luc erinnerte sich, dass er ganz ähnlich Worte gebraucht hatte. In diesem Moment hatte der Fürst seine Rede beendet und nahm wieder Platz. Nicht ein einziges persönliches Wort hatte er an seine Tochter gerichtet, stellte Luc fest. Und er spürte, dass Gabrielle deshalb verletzt war.

Plötzlich hatte er das Bedürfnis, sie zu trösten. „Er ist sehr stolz auf dich“, sagte er. „Du bist ein Diamant, der dieses Fürstentum zum Strahlen bringt.“

Nur kurz hatte er die Trauer in ihrem Blick erkennen können. Jetzt sah sie ihn erneut ausdruckslos aus ihren meerblauen Augen an. „Manche Edelsteine haben einen ganz persönlichen unermesslichen Wert für ihren Besitzer. Für andere dagegen nennt man einfach ganz kühl einen Preis.“

„Du bist ganz sicher unbezahlbar“, erwiderte er und glaubte, das Thema damit zu beenden. Schließlich liebten Frauen es, wenn man ihnen derart schmeichelte.

„Nun, mein Vater scheint meinen Wert ziemlich genau zu kennen. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er seinen angeblich unbezahlbaren Diamanten verkauft – und nun sitzen wir hier und sind verheiratet.“

Missbilligend runzelte Luc die Stirn. Genau das kam dabei heraus, wenn man seinen Gefühlen nachgab. Er hätte sich niemals auf dieses Gespräch einlassen dürfen. Hatte sie wirklich erwartet, bei der Hochzeit einer künftigen Fürstin gehe es um die große Liebe?

„Sagen Sie mir, Prinzessin“, begann er und beugte sich näher zu ihr – einerseits konnte er sie verstehen, andererseits wollte er endgültig klarstellen, warum er sie geheiratet hatte –, „was haben Sie sich vorgestellt? Wie wollten Sie Ihren Prinzen finden? Im Internet? Oder auf einer Weltreise? Hätten Sie gern eine Auszeit von den Regierungsgeschäften genommen und unerkannt ein Jahr lang mit Drogen, Alkohol und wechselnden Liebhabern am Strand von Australien gelegen?“

Jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. „Niemals würde ich so etwas tun“, erklärte sie mit fester Stimme. „Das Wohl meines Landes geht mir über alles andere.“

„Dann erzähl mir nichts über Verträge und Preise, als seist du getäuscht worden.“ Sanft hob er ihr Kinn und schaute sie lange an. „Mit solchen Worten kränkst du uns beide.“

Ihr Blick verriet Kampfgeist. Das faszinierte ihn und ärgerte ihn doch gleichermaßen. Rebellion, Bitterkeit, Intrigen würde er nicht dulden. In dieser Ehe hatte er das Sagen, und er verlangte völlige Hingabe.

Allerdings erwachte tief in ihm Widerstand gegen diese Vorstellung. Sie ist keine Angestellte, keine marode Firma, die du aufkaufst, meldete sich eine innere Stimme, von der er bisher nichts geahnt hatte.

Sie war seine Frau. Und er musste zugeben, dass sie Saiten in ihm zum Klingen brachte, die er noch nicht kannte.

„Genug jetzt“, meinte er versöhnlich und lächelte sie charmant an. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir den Tanz eröffnen.“

Sein Lächeln war atemberaubend.

Dieses Gesicht, unbewegt und wie aus Stein gemeißelt, wirkte plötzlich weich und freundlich. Das Lächeln ließ ihn strahlen, es verzauberte ihn. Mit einem ahnungsvollen Schauer musste sie zugeben, dass Luc Garnier ein gefährlich attraktiver Mann war.

Gefährlich für sie.

Sie hatte das Gefühl, ihm bereits verfallen zu sein, obwohl sie in den vergangenen Stunden versucht hatte, jegliche Berührung zu vermeiden.

Als er ihr die Hand reichte, reagierte sie ohne Zögern. Seine Aufforderung zum Tanz war keine Frage gewesen, sondern ein Befehl. Kurz fragte sie sich, was er tun würde, wenn sie sich losrisse und in der Menge verschwand. Doch diese Vorstellung war absurd. Sobald er sie berührte, gehorchte ihr Körper ihm.

Vor Luc hatten schon einige andere Bewerber um ihre Hand angehalten. Nahezu jeder von ihnen war ein selbstgefälliger Playboy gewesen, der sie mit ein paar oberflächlichen schmeichelnden Worten um den Finger wickeln wollte. Dieser Mann aber war anders. Er schien es nicht nötig zu haben, mit ihr zu flirten. Vermutlich war er es gewohnt, sich zu nehmen, was er haben wollte, dachte sie erbost. Doch dann dachte sie an sein unbeschreibliches Lächeln eben, und eine Woge der Lust überlief sie.

Zielstrebig führte er sie zur Mitte der Tanzfläche. Zum Glück hatte sich Gabrielle vor dem Tanz von ihrer schweren Schleppe getrennt, doch das lange Kleid mit den unzähligen Lagen raschelnder Seide ließ ihr dennoch jeden Schritt erscheinen, als wate sie durch zähflüssigen Honig.

Dann aber setzte der Hochzeitswalzer ein, Luc legte seinen Arm um sie und begann, sich mit ihr im Takt der Musik zu bewegen. Und plötzlich fühlte sie sich schwerelos, mit jeder Drehung verschmolz sie mehr mit ihm, bis sie eins zu sein schienen. So schwierig es schon gewesen war, dicht neben ihm zu sitzen und unbeteiligt zu wirken – ihm jetzt beim Tanz so nah zu sein, jedes Spiel seiner kraftvollen Muskeln zu spüren, war eine einzige Qual.

Hier konnte sie sich nicht mehr verstellen. Das kunstvoll bestickte Mieder ihres Kleides strich an dem weichen Stoff seines Jacketts entlang, und entsetzt spürte sie, wie ihre Brüste auf die ungewollte Berührung reagierten. Als sie ihn ansah, verlor sie sich vollkommen in dem dunklen Grau seiner Augen, und es schien, als könne er direkt in ihr Herz schauen. Alles um sie herum verschwamm. Ihr schwindelte. Waren es die schwungvollen Drehungen des Walzers oder war es seine Nähe, die sie aus dem Gleichgewicht brachte?

„Ich habe mich immer gefragt, worüber ein Brautpaar beim Hochzeitstanz spricht“, redete sie drauflos, um die Spannung zu durchbrechen. „Aber wenn man verliebt ist, muss man vielleicht nicht viel reden.“

„Du vergisst dich schon wieder“, rügte er sie kühl. „Die meisten Gäste hier sind von altem Adel. Meinst du, viele von ihnen haben aus Liebe geheiratet? Die meisten Ehen in unseren Kreisen werden aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen geschlossen.“

Welch ein grausamer, eiskalter Mann. Wie konnte er sie so demütigen.

„Entschuldige bitte“, gab sie zurück. Doch nicht fügsam dieses Mal, sondern voller Spott. „Ich hatte leider keine Zeit, mir vor meiner Ehe Gedanken darüber zu machen. Schließlich wurde ich sehr kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt.“

Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, nur sein Griff schloss sich noch eiserner um ihren Rücken, sodass Gabrielle kurz aufstöhnte.

Sie versuchte, ein unverfängliches Thema zu finden. „Du bist vierzig, nicht wahr?“

„Was soll das Geplapper, Gabrielle?“ Seine Stimme war gefährlich leise.

„Ich versuche nur, dich ein bisschen kennenzulernen“, verteidigte sie sich.

„Dafür hast du den Rest deines Lebens Zeit. Und ob dir gefällt, was du siehst, oder nicht: Finde dich damit ab – ich bin dein Ehemann.“

Hasserfüllt sah sie ihn an. „Du scheinst Angst davor zu haben, dass ich deine dunklen Seiten entdecke. Warum sonst solltest du schon auf einfache Fragen so zornig reagieren?“

Innerlich wappnete sie sich gegen einen Wutausbruch. Aber Luc warf nur den Kopf zurück und lachte. Seine Augen glitzerten, und sie sah die kleinen Lachfältchen, die ihn noch männlicher wirken ließen.

Dieser Moment erschien ihr magisch.

Sie erkannte, dass sie diesem Mann nicht würde widerstehen können.

Alles in ihr sehnte sich nach ihm. Und als er sie ansah, das Lachen noch in den Augenwinkeln, durchzog sie ein wohliger Schauer.

Die viele Aufregung heute, die ist daran schuld, sagte sie sich. Und der viele Champagner.

2. KAPITEL

Während der Trubel und das Gelächter aus dem Ballsaal hinaufschallte, saß Gabrielle in ihrem Ankleidezimmer vor dem kunstvoll vergoldeten Spiegel und betrachtete ihr ebenmäßiges Gesicht.

Das ist lächerlich, rief sie sich zur Ordnung. Die Fantasie ging mit ihr durch. Einzig das eng geschnürte Mieder war daran schuld, dass sie atemlos und schwindlig war. Kein Mann der Welt konnte das jemals bewirken.

Gerade hatte sie sich mehr oder weniger beruhigt, als die Tür leise geöffnet wurde.

Luc trat ein.

Ein Frösteln ließ Gabrielle kurz zusammenzucken.

Bisher waren sie sich nur in der Kapelle und in dem geräumigen Ballsaal begegnet. Nun aber waren sie zum ersten Mal gemeinsam in der privaten Atmosphäre eines kleinen Zimmers.

Als Luc die Tür schloss, schien der Raum durch ihn ausgefüllt.

Zwar drehte sie sich nicht zu ihm um, doch im Spiegel sah sie, wie intensiv er sie betrachtete und den Blick über ihren Körper gleiten ließ. Es war fast so, als berühre er sie. Brennendes Verlangen ergriff sie.

„Ich …“ Doch sie hatte keine Ahnung, was sie ihm sagen wollte. Unsicher legte sie die Perlenohrringe auf die Glasplatte des Spiegeltisches und wandte sich zu ihm um.

Noch immer stand er im Türrahmen, hochgewachsen und muskulös, und sie empfand seine Nähe so intensiv, als hielte er sie bereits in seinen Armen.

„Ich kann nicht …“ Das verführerische Glitzern in seinen Augen ließ sie verstummen. Der Raum schien angefüllt mit heißer Lust. In seinem Blick erkannte sie befriedigten Stolz, als gehöre sie ihm, mit Leib und Seele. Selbstgefällig und zerstörerisch, das ist er, dachte sie wütend. Dennoch fühlte sie sich unsäglich stark von ihm angezogen.

Es war unerträglich.

„Ganz sicher erwartest du nicht …“ Auch dieser Satz blieb unvollendet. Als er auf sie zutrat, sah sie seine kraftvolle entschlossene Miene, die sein Gesicht noch etwas männlicher machte. Plötzlich wusste sie genau, was er wollte. Und dass sie sich nicht dagegen wehren konnte – nicht wehren wollte.

„Was hast du vor?“, protestierte sie schwach, doch ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren lächerlich. Schon stand er direkt vor ihr, sodass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn ansehen zu können.

Ihre Gedanken rasten. Er hatte gesagt, traditionelle Werte seien ihm wichtig. Aber wie traditionell? Er erwartete doch wohl nicht, dass sie die Hochzeitsnacht mit ihm verbrachte? Mit einem Mann, den sie heute zum ersten Mal gesehen hatte!

Wortlos umfing er sie mit seinen starken Armen und zog sie hoch. Im Ballsaal, vor all den Leuten, hatte sie sich sicher gefühlt. Doch hier war ihr die Nähe viel zu gefährlich. Die weiche Seide ihres Mieders berührte den festen Stoff seines weißen Hemdes, und ihr Herz klopfte schneller. Ein Stöhnen kam über ihre Lippen – vor Angst, aus Protest? Gabrielle wusste es nicht.

„Keine Angst, ich werde dich heute Nacht zu nichts drängen“, reagierte er auf ihre unausgesprochenen Befürchtungen.

„Danke“, stammelte Gabrielle und war wütend auf sich selbst. Schließlich war es nicht allein seine Entscheidung, wann sie ihre erste Liebesnacht miteinander verbrachten!

„Allerdings finde ich, wir sollten unsere Hochzeitsnacht auf jeden Fall zelebrieren“, erklärte er in einem schmeichlerischen Ton.

Mit klopfendem Herzen blickte Gabrielle auf seinen Mund und erinnerte sich, wie sie seine Lippen auf ihren gespürt hatte. Fest und herrisch. Dennoch wurden ihre Knie weich, als sie an den ersten Kuss dachte.

„Es wäre schade, diesen Augenblick verstreichen zu lassen, oder?“, fuhr er fort.

„Ich möchte nicht …“

Aber es war nicht wirklich eine Frage gewesen.

Unnachgiebig und fordernd nahm er ihre weichen Lippen in Besitz. Noch ehe sie protestieren konnte, ließ er von ihrem Mund ab und fuhr mit seiner Zunge sanft über ihre Halsbeuge, dann küsste er ihren Nacken, ihr Dekolleté. Als heiß und verlockend empfand Gabrielle seine Berührungen. Ohne es zu wollen, öffnete sie sich seiner Zärtlichkeit. Ihr Körper antwortete auf seine Liebkosungen mit einer heißen Woge der Erregung.

Obwohl ihr Verstand sich dagegen auflehnte, konnte sie sich nicht dagegen wehren, voller Verlangen auf ihn zu reagieren. Ich bin nicht sein Eigentum! dachte sie trotzig. Und doch strich sie mit ihren Händen langsam über seine breiten Schultern, fühlte die starken Muskeln an seinen Armen und gab sich seinen Berührungen hin.

Plötzlich aber löste er sich von ihr und sah sie mit einem Ausdruck tiefster Befriedigung an.

„Du gehörst zu mir. Vergiss das niemals“, sagte er. Behutsam strich er ihr eine Haarsträhne, die sich gelöst hatte, hinter das Ohr.

Die liebevolle Geste passte so wenig zu seinen harschen Worten, dass Gabrielle ihn vollkommen verwirrt ansah.

„Zieh dein Kleid aus“, befahl er. Als sie widersprechen wollte, wiederholte er amüsiert: „Zieh dein Kleid aus und tausche es gegen bequemere Sachen. Wir werden gleich losfahren. Diese Nacht verbringen wir nicht hier, sondern auf einer kleinen Insel in der Nähe.“ Kurz hielt er inne und musterte sie. „Meine Frau.“

Nachdem er gegangen war, stand sie lange einfach nur da, die Arme fröstelnd um ihren Körper geschlungen. Erst nach einigen Minuten begann ihr Herz wieder normal zu schlagen, und ihre Hände zitterten nicht mehr.

Doch tief in ihrem Inneren war eine neue Entschlossenheit gereift.

Dieser Mann würde sie zerstören. Und das lag nicht daran, dass er wusste, was er wollte und es sich einfach nahm. Nein, ihre eigene Schwäche war das Problem. Sie hatte Luc Garnier nichts entgegenzusetzen.

Ihre Feigheit, der Wunsch, ihrem Vater zu gefallen, hatte sie zu dieser unsäglichen Hochzeit getrieben. Ihr Leben lang hatte sie geglaubt, er werde sie anerkennen und lieben, wenn sie tat, was er von ihr verlangte. Doch genau das Gegenteil war geschehen. Ihr Vater verachtete sie und hatte sie ohne mit der Wimper zu zucken zur Opferbank geführt. Niemals hatte er Rücksicht auf ihre Gefühle genommen.

Es war schmerzhaft, das zu erkennen – jetzt, wo es zu spät war.

Mit einem tiefen Seufzer lehnte Gabrielle sich an das kühle Glas des Spiegels. Wenn sie Luc gegenüber fügsam und schwach war, würde sie sich selbst vollkommen aufgeben, erkannte sie mit einer plötzlichen Klarheit. Mit seiner Hitze und finsteren Entschlossenheit konnte sie nicht umgehen. Sie würde den Verstand verlieren.

Niemals hatte sie ihre eigene Meinung vertreten. Stets hatte sie ihre Bedürfnisse verleugnet und zugelassen, dass ihr Vater über ihr Leben bestimmte. Und künftig würde ihr Mann das Gleiche tun – schlimmer noch, er verlangte weit mehr von ihr. Ein Mann wie Luc Garnier würde die vollständige Unterwerfung seiner Ehefrau erwarten und sie damit zerstören.

Als sie sich in dem kleinen Ankleidezimmer umsah, in dem sie jeden Morgen verbrachte, schien sie den Raum mit neuen Augen zu sehen. Er war ein Gefängnis.

Und es wurde Zeit, die Flucht vorzubereiten.

Als Luc die Tür hinter sich geschlossen hatte, blieb er aufstöhnend stehen. Sein ganzer Körper sehnte sich danach, zurückzukehren und zu vollenden, was er angefangen hatte.

Es hatte ihn eine unglaubliche Überwindung gekostet, sich von ihr zu lösen.

Der Duft ihrer Haut war so verführerisch, ihre Lippen süß und verlockend. Wie gern hätte er ihr bewiesen, wie sehr sie ihn wollte. Mit geschlossenen Augen stellte er sich vor, wie sie sich liebten. Wieder und wieder, bis sie vor Erschöpfung eng aneinandergeschmiegt einschliefen.

Er hatte nicht vorhergesehen, dass er sich so sehr nach ihr verzehrte.

Natürlich war ihm klar gewesen, dass er sie begehren würde. Immerhin war sie eine wunderschöne Frau. Doch dieses Verlangen, das in ihm wuchs und ihm schier den Verstand raubte, überraschte ihn zutiefst. Nur mit äußerster Willenskraft konnte er sich zurückhalten, sie hier und jetzt zu nehmen. Sie war seine Frau, er hatte ein Anrecht darauf.

Doch er atmete tief durch und zwang sich, weiterzugehen und sie in Ruhe zu lassen. Wenigstens in dieser ersten Nacht.

Ihr ganzes gemeinsames Leben lag noch vor ihnen. Es war nur fair, sie zur Besinnung kommen zu lassen nach all dem, was an Ereignissen auf sie eingestürzt war.

Unwillkürlich musste er über sich selbst lachen. Seit wann schonte er andere Menschen, wenn er bekommen wollte, was ihm zustand? Dieser Wesenszug war ihm neu.

Nur heute Nacht würde er dieser Regung nachgeben, sagte er sich wieder.

Morgen früh würde er dort weitermachen, wo er aufgehört hatte. Und er wollte nicht eher nachlassen, bis sie ihn anflehte, er solle sie lieben.

Dann wird sie erfahren, was es heißt, meine Frau zu sein, dachte er voller Vorfreude.

Noch eine Woche später staunte Gabrielle darüber, wie einfach es gewesen war. Unter ihr strahlten die Lichter des nächtlichen Los Angeles, verlockend und üppig bot die Stadt ihre Reize dar.

Nach der gelungenen Flucht fragte Gabrielle sich, warum sie nicht schon viel früher ihre Sachen gepackt hatte.

Nachdem Luc gegangen war, hatte sie sich schnell umgezogen und ein paar Sachen gepackt. Dann war sie durch den Dienstboteneingang geschlüpft, zum Hafen gefahren und mit der nächsten Fähre nach Italien gelangt. Von Rom aus hatte sie Cassandra angerufen, ihre beste Freundin aus Universitätszeiten, die mittlerweile als Regisseurin in Kalifornien lebte. Mit wenigen Worten hatte sie ihr geschildert, was geschehen war.

„Du willst mich besuchen?“, hatte Cassandra freudig reagiert. „Ich drehe gerade in Kanada einen Film. Aber du kannst gern in meinem Haus in Los Angeles wohnen.“

Kurzerhand hatte Gabrielle den Flug gebucht und war zwei Tage später in Kalifornien gelandet. Nicht schlecht für eine Prinzessin, die ihr Leben bisher noch nie selbst in die Hand genommen hatte, dachte sie zufrieden, während sie sich wohlig im Liegestuhl auf der Terrasse ausstreckte.

Cassandra hatte geschafft, wovon jeder Regisseur träumte – Karriere in Hollywood zu machen. Der quirlige, bunte Ort gefiel Gabrielle, und sie fühlte sich wohl in dem gemütlichen Haus ihrer Freundin.

Gleich am ersten Tag hatte sie einen Einkaufsbummel gemacht und sich erstaunt und verzückt in den Spiegeln der kleinen Boutiquen betrachtet. Im Handumdrehen war aus der kühlen eleganten Prinzessin in pastellfarbenen Chanel-Kostümen eine sportliche junge Frau in Jeans und lässigen Blusen geworden.

Gedankenverloren ließ sie ihre Füße auf die warmen Holzbohlen der Terrasse gleiten und nippte an ihrem kühlen Weißwein. Die Nacht war lau, es duftete nach Lavendel und Rosmarin. Sie sah an sich hinunter, betrachtete ihre langen schlanken Beine in den ausgewaschenen Jeans, die ihr Vater als skandalös und gewöhnlich bezeichnet hätte, und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben frei.

Wie hatte sie es zulassen können, dass andere Menschen so sehr über ihre Zukunft bestimmten? War es ihr so unwichtig gewesen, was aus ihr wurde? Ihr Leben lang hatte sie immer nur ihrem Vater gefallen wollen und sich ihm dadurch vollkommen ausgeliefert. Und jetzt wartete in Mazzanera ein Ehemann auf sie, den sie nicht einmal kannte.

Als die Türglocke läutete, erhob sich Gabrielle langsam und ging barfuß über den kühlen Marmorboden des Salons. Das musste Uma sein, die Haushälterin. Sie hatte versprochen, noch einmal wiederzukommen und Gabrielle Salat und Brot zum Abendessen mitzubringen.

„Sie sind ein Engel, Uma“, rief sie, während sie die Tür öffnete.

Doch da stand nicht Uma vor ihr, sondern Luc.

3. KAPITEL

Luc, ihr Ehemann, stand da – der Fremde, vor dem sie geflohen war.

Die Gelassenheit war in Sekundenschnelle verschwunden. Gabrielle fröstelte, ihr Mund war wie ausgetrocknet.

Am liebsten wäre sie einfach davongerannt. Doch sie konnte sich nicht bewegen. Wie gebannt starrte sie in seine dunklen, fast schwarzen Augen, in denen sie unverhohlene Wut erkannte.

Er trug einen schlichten schwarzen Pullover und eine schwarze Hose, dennoch war er nicht weniger attraktiv als im eleganten Hochzeitsanzug, musste sie zugeben. Groß und kraftvoll stand er vor ihr, und sie konnte sich seiner unglaublichen Ausstrahlung nicht entziehen.

Gleichzeitig aber wirkte er bedrohlich auf sie.

Ich hätte mich hier niemals in Sicherheit wiegen dürfen, wusste sie plötzlich.

„Hallo, Gabrielle.“ Obwohl er eher amüsiert klang, zuckte sie zusammen. „Du hast etwas vergessen, als du fortgegangen bist.“ Er kam näher, und dabei fiel ihr wieder auf, dass er sie um mehr als Haupteslänge überragte.

„Ich … habe etwas vergessen?“, wiederholte sie unsicher.

Sein Mund verzog sich zu einem kaum sichtbaren Lächeln. „Deinen Ehemann.“

Ungeniert trat er ein und ignorierte, dass ihr das Glas aus den blutleeren Fingern glitt und klirrend auf dem Steinboden zersprang. Er machte einfach einen großen Schritt über die Scherben und wandte den Blick nicht von ihr.

Was erlaubt sie sich, mich so anzuschauen? fragte Luc sich. Sie hatte ihn unglaublich gedemütigt, indem sie einfach verschwunden war – und das, nachdem er sie mit Samthandschuhen angefasst hatte! Diesen Fehler würde er nicht wiederholen.

Mit einem kurzen Blick musterte er sie. Seine widerspenstige Prinzessin – und seine Frau. Er hatte sich offensichtlich völlig in ihr getäuscht.

Die Gabrielle, die jetzt vor ihm stand, hatte nichts gemeinsam mit der fügsamen nachgiebigen Braut, die seinen Beschützerinstinkt geweckt hatte. Vermutlich hatte sie ihm auch an jenem Abend nur etwas vorgespielt. Ungebändigt und wild glänzten ihre langen honigblonden Locken im Licht. Ebenso ungezähmt wie sie selbst, dachte er missbilligend, während er sie musterte. Die engen Jeans zeichneten die Kurve ihrer schmalen Hüften nach und schmeichelten ihren langen schlanken Beinen. Ohne es zu wollen, stellte Luc sich vor, wie sie diese Beine um seinen Körper schlang, und sofort war er erregt. Er wollte sie. Jetzt. Und er hasste sich dafür.

Sie hatte ihn zum Narren gehalten. Niemals hätte er sich von dem unschuldigen Blick ihrer großen Augen blenden lassen dürfen, niemals Rücksicht nehmen auf ihre Unerfahrenheit. Er hätte sich sofort nehmen sollen, was ihm zustand.

„Was tust du hier?“, wollte Gabrielle wissen.

Sie versuchte, ihm möglichst immer ein paar Schritte voraus zu sein. Unaufhaltsam folgte er ihr in den Salon. Schnell stellte sie sich hinter das am nächsten stehende Sofa, als ob sie sich verschanzen wolle.

Am liebsten hätte er sie gepackt, doch er verschränkte die Arme vor der Brust, um sich zurückzuhalten. Er wollte nichts tun, was er vielleicht später bereute.

„Was ich hier will?“, wiederholte er ihre Frage. „Ich konnte wohl kaum zulassen, dass meine Braut die Flitterwochen allein verbringt, oder?“

„Ich verstehe nicht …“

„Ist dir klar, in welch eine Verlegenheit du mich gebracht hast?“, fragte er sanft, aber mit einem drohenden Unterton. „Alle Gäste haben mitbekommen, dass du verschwunden bist.“

„Es tut mir leid“, flüsterte sie und atmete tief durch.

Ihre Brust hob und senkte sich dabei, und er konnte den Blick kaum abwenden. Wohl wissend, dass sie nicht weiter ausweichen konnte, trat er noch näher.

„Es tut dir leid? Das ist alles?“

„Kannst du mich nicht verstehen? Ich musste fort – es ging alles viel zu schnell.“

Nein, er konnte sie nicht verstehen. Alles, was er wollte, war sie. Seit sie geflohen war, hatte er voller Verlangen an sie gedacht. Und jetzt, da sie vor ihm stand, konnte er sich kaum mehr bezähmen.

„Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen?“, wollte er wissen. Lässig lehnte er sich an den gemauerten Kaminsims. „Du hast mich geheiratet, und halb Europa war bei dieser Trauung dabei. Und dann packst du einfach deine Sachen und gehst.“

„Du bist ein Fremder für mich.“

„Das wusstest du vorher. Und dennoch hast du eingewilligt“, widersprach er ungeduldig. „Du bist die Thronfolgerin von Mazzanera. Steh zu deiner Verantwortung.“

„Es ist wahr, ich hätte dieser Hochzeit niemals zustimmen dürfen“, räumte sie leise ein. „Aber ich bin es einfach nicht gewohnt, meinem Vater zu widersprechen.“

„Oh ja“, gab Luc bitter zurück. „Die demütige, folgsame Prinzessin Gabrielle. So bist du mir angekündigt worden. Als du verschwunden warst, haben alle befürchtet, du seist entführt worden. Niemand konnte sich vorstellen, dass du einfach gegangen bist.“

„Ich habe keinen anderen Ausweg gesehen.“ Flehend sah sie ihn an.

„Du bist meine Frau, Gabrielle.“ Seine Stimme war ruhig und kalt. Er ging um das Sofa herum auf sie zu und griff nach ihren Armen.

Ihre Haut schimmerte wie Seide. Wie gern hätte er ihr die Kleider vom Leib gerissen, um zu erforschen, wie sich ihr Körper anfühlte. Er wollte sie verführen, verwöhnen. Nein, er wollte sie bestrafen. Oder beides? Viel zu lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Gleich im Ankleidezimmer hätte er sie nehmen sollen.

„Bitte …“, begann sie.

„Ich bin kein Mann für eine Ehe, die nur auf dem Papier Gültigkeit hat“, sagte er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. „Das wird bei uns auch nicht so sein.“

„Was meinst du damit?“ Tränenblind und ängstlich sah sie ihn an.

„Ich meine genau das, was ich sage.“ Er zog sie ganz nah und spürte, wie ihre Brüste sich bei jedem Atemzug verlockend hoben und senkten. „Du hast mir dein Eheversprechen gegeben. Und ich erwarte, dass du es einhältst.“

„Aber …“ Gabrielle schüttelte den Kopf. Seine Hand brannte auf ihrer Haut, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. „Wir kennen uns doch gar nicht.“

„Nun, ich bin dir immerhin um den halben Erdball gefolgt, um dich kennenzulernen. Was willst du mehr?“

Seine Stimme klang zärtlich, und sie konnte sich seinem schmeichelnden Ton kaum entziehen. Dennoch unternahm sie einen erneuten verzweifelten Versuch. „Es war ein Fehler“, rief sie.

„Oh ja, das war es“, stimmte er zu. „Und wir werden ihn in diesem Moment beheben.“

Als sie den unnachgiebigen Klang seiner Stimme hörte, wusste sie, was er vorhatte. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, doch es war zu spät. Jeglichen Widerspruch erstickte er mit seinem Kuss.

Gnadenlos und fordernd presste er seine Lippen auf ihre. Und sie war verloren.

Weich und nachgiebig gab sie sich seiner Berührung hin, sie öffnete die Lippen und fühlte sich sicher und geborgen in seinen starken Armen.

Rücksichtslos nahm er sich, was er wollte. Sie gehörte ihm.

Flammendes Verlangen durchzog ihr Innerstes. Und während ihr Verstand noch rebellierte, hatte ihr Körper längst erkannt, was Luc versprach. Sein Kuss wurde inniger, er spielte mit ihren Lippen, verwöhnte sie, liebkoste sie. Ihre Hände lagen auf seiner Brust. Sie hatte ihn abwehren wollen, doch jetzt ertappte sie sich dabei, dass sie ihn zärtlich streichelte und es genoss, das Spiel seiner Muskeln durch seinen dünnen Pullover hindurch zu spüren.

Voller Leidenschaft stöhnte er auf und presste sie an sich, sodass sie sein Verlangen spüren konnte.

Kurz sah er sie mit einem wilden Blick aus seinen dunklen Augen an, dann küsste er sie erneut. Gabrielle spürte, wie ihre Brustspitzen sich vor Begehren aufrichteten und eine nie gekannte Hitze sich in ihr ausbreitete.

Wieder sah er sie an, und sie erschauerte. Sie öffnete den Mund. Wollte sie ihm sagen, er solle sie nehmen, ihrer Qual ein Ende bereiten? Oder wollte sie ihn bitten, sie gehen zu lassen? Sie würde es nie erfahren.

Denn in diesem Moment läutete es an der Tür.

Fassungslos ließ Luc von ihr ab. „Ist das der Grund, warum du nach Kalifornien geflohen bist? Erwartest du deinen Liebhaber?“

„Nein, das ist die Haushälterin. Sie bringt das Abendessen“, erklärte Gabrielle mit zitternder Stimme.

Seine Augen glitzerten drohend. „Keine Lügen mehr, Gabrielle. Ich werde nachsehen.“

Er ging hinaus.

In dem Moment wusste sie, dass sie nicht stark genug war, sich gegen ihn zu wehren.

Erleichtert ließ sich Gabrielle in das weiche Ledersofa sinken. Uma war genau im richtigen Augenblick gekommen.

Aus der Küche konnte sie Lucs dunkle herrische Stimme hören und die der Haushälterin, die ihm fröhlich und unbekümmert antwortete.

Der Raum schien heller und größer, seit er gegangen war.

Noch immer zitterten Gabrielles Knie, und ihre Lippen brannten von seinen fordernden Küssen. Wenn sie die Augen schloss, glaubte sie fast, seinen kraftvollen verlangenden Körper auf ihrer Haut spüren zu können. Ihr Herz klopfte schneller bei der Erinnerung an seine Berührungen – als wünschte sie sich, er sei noch hier. Nein, verbesserte sie sich in Gedanken. Als hätte er sie längst in Besitz genommen.

So sehr sie sich auch bemühte, Gabrielle konnte das sehnsüchtige Brennen in ihrem Körper nicht auslöschen. Sie war wie elektrisiert, alles in ihr stand unter einer unerträglichen Spannung.

Wie konnte er sie so sehr betören, dass sie ihm nicht einmal widerstehen konnte, wenn er wütend, grausam und ungerecht war?

Ihre Gefühle gehorchten ihr nicht. Jeder Zentimeter ihrer Haut sehnte sich danach, von ihm liebkost zu werden. Selbst jetzt noch.

Ihr Verstand war froh, dass Luc gegangen war. Ihr Körper aber verlangte nach seiner Gegenwart.

Gabrielle betrachtete sich, als sehe sie eine Fremde. Sie wusste, dass sie gut aussah. Für ihren Vater war es oberste Pflicht gewesen, dass die Fürstentochter stets gepflegt und attraktiv auftrat, allerdings auf eine unaufdringliche Art. Gut genug, um Wohltätigkeitsveranstaltungen zu leiten, aber nicht hinreißend genug, um den Männern den Kopf zu verdrehen, dachte sie bitter. Das hatte ihr Vater perfekt unter Kontrolle gehabt.

Heute Nacht fühlte sie sich zum ersten Mal lebendig, begehrenswert. Wild und ungezähmt.

Luc hatte eine Saite in ihr zum Klingen gebracht, von der sie nichts geahnt hatte. Einfach, indem er sich nahm, was er wollte. Ohne zu fragen, ohne höflich zu sein.

Sie gehörte ihm, das hatte er mehr als einmal deutlich gemacht. Und sie erschrak vor sich selbst, dass ihr dieser Gedanke zunehmend gefiel.

In diesem Moment trat er wieder ins Zimmer. Mit seinen undurchdringlichen dunkelgrauen Augen musterte er ihren Körper seelenruhig.

Sofort veränderte sich die Atmosphäre im Salon, eine neue Anspannung lag in der Luft. Seine erotische Ausstrahlung war daran schuld.

Gabrielle hörte die Haustür zuschlagen.

Sie waren also wieder allein.

Ihr Herz schlug bis zum Hals. Mit fahrigen Handbewegungen zog sie ihre Bluse glatt und versuchte, sich zu beruhigen.

Trotzig warf sie ihre dicken ungebändigten Locken zurück.

„Hast du Uma fortgeschickt, um weiterhin ungestört grob und rücksichtslos mit mir umspringen zu können?“, fragte sie herausfordernd. Niemals würde sie ihm zeigen, dass sie sich vor ihm ängstigte – und ihn gleichzeitig begehrte.

Verblüfft sah er sie an. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte. Seine weißen Zähne blitzten.

Dann wurde er wieder ernst, und in seinen Augen erkannte sie jenen Glanz, der sie schon am Abend der Hochzeit so sehr fasziniert hatte.

„Ja, du hast recht. Meistens bin ich grob und rücksichtslos. Und selbstgefällig. Fühlst du dich jetzt besser, nachdem du es mir an den Kopf geworfen hast?“

„Besser?“, fauchte sie. „Zu wissen, dass ich für den Rest meines Lebens an einen solchen Mann gekettet sein werde?“

„Gekettet?“, wiederholte er und trat näher, sodass sie den Kopf heben musste, um ihn ansehen zu können. „Gar keine schlechte Idee“, meinte er mit einem unerklärlichen Ausdruck in den Augen. „Das wird dir gefallen.“

Sie ahnte, was er vorhatte, und schluckte. Widerspruchslos nahm sie die Hand, die er ihr reichte, und ließ sich hochziehen. Warum wehrte sie sich nicht gegen das, was er vorhatte? War es Angst – oder etwas anderes? Wie hypnotisiert folgte sie ihm.

Es ist die pure Lust, flüsterte eine Stimme in ihr.

Sie sehnte sich danach, dass er sie küsste und sie seine Hände auf ihrer Haut spürte.

„Zieh deine Schuhe an“, riss seine Stimme sie aus ihren Tagträumen. „Wir gehen aus.“

„Was?“ Sie begriff nicht.

„Wir gehen essen.“ Und als sie ihn noch immer verwirrt ansah, fügte er hinzu: „Ich vermute, du hattest noch kein Dinner. Und ich möchte nicht, dass du hungrig zu Bett gehst.“

„Wie fürsorglich!“, gab sie bissig zurück. „Aber ich werde nirgends mit dir hingehen.“

Ungerührt sah er sie an. „Warum glaubst du eigentlich, vor mir davonlaufen zu müssen?“, wollte er wissen.

„Ich habe nur meine beste Freundin besucht. Hier fühle ich mich in Sicherheit.“ Hilflos versuchte sie, seinem durchdringenden Blick auszuweichen. Schon wieder übten seine dunklen Augen eine unglaubliche Anziehungskraft auf sie aus.

„Sicherheit ist ein sehr trügerisches Gefühl, Gabrielle“, murmelte er, während er sanft mit der Hand über ihre Wange strich.

Sie machte einen Schritt zur Seite, um ihm auszuweichen.

„Es gibt ein paar gute Restaurants in der Nähe“, fuhr er plaudernd fort, als sei es völlig normal, dass sie gemeinsame Pläne schmiedeten.

„Es überrascht mich, dass du ausgehen möchtest“, sagte sie kühl, mutig geworden durch den Abstand, den sie zwischen sich und diesen Mann – ihren Mann – gebracht hatte. „Es wird dort Zeugen geben, du wirst dich also gut benehmen müssen.“

Als sie sah, dass er die Stirn runzelte, befürchtete sie, zu weit gegangen zu sein. Doch dann brach er in ein befreiendes Lachen aus.

„Du bist stolz darauf, mir mutig Paroli zu bieten, nicht wahr?“, entgegnete er mit seidenweicher Stimme. „Aber ahnst du überhaupt, warum wir in die Öffentlichkeit gehen?“

„Vermutlich, weil du hungrig bist“, versetzte sie.

Er schüttelte den Kopf. „Weil deine Flucht nach der Hochzeit Schlagzeilen in den Klatschmagazinen ganz Europas gemacht hat.“

Luc Garnier tat nichts ohne Hintergedanken, begriff sie und erschauerte. Sie gingen nur deshalb essen, weil er zeigen wollte, dass sie wieder vereint waren.

„‚Lucs Glück auf der Flucht‘ war nur eine der Überschriften in riesigen Lettern“, fuhr er fort. „Du hast mich zum Gespött eines ganzen Kontinents gemacht.“

„Entschuldige.“ Betreten senkte sie den Blick. „Die Presse hat sich nie für mich interessiert. Ich habe einfach nicht darüber nachgedacht.“

„Selbstverständlich nicht“, räumte er spöttisch ein. „Aber ab heute, meine geliebte Frau, wirst du an nichts anderes mehr denken. Du wirst mich zärtlich anlächeln und deinen Blick nicht von mir abwenden. Du wirst alles tun, um die Fotografen davon zu überzeugen, dass du mich liebst. Verstanden?“

„Wenn du das willst, hättest du eine Schauspielerin heiraten müssen“, widersprach sie verächtlich.

„Du wirst eine perfekte Schauspielerin sein, meine Liebe“, befahl er mit drohendem Unterton.

„Ich sehe nicht …“

„Du musst nichts einsehen, sondern einfach deine Schuhe anziehen und mitkommen. Eines Tages wirst du Fürstin sein. Du magst das vergessen haben, aber ich nicht.“

„Unsere Ehe ist ein großer Irrtum. Daran ändern auch ein paar Fotos nichts“, wandte Gabrielle beharrlich ein.

„Hör gut zu.“ Mit einem einzigen Schritt hatte er den Abstand zwischen ihnen wieder verringert. Wütend sah er sie an und nahm ihren Kopf in beide Hände, sodass sie seinem Blick nicht ausweichen konnte.

„Diese Ehe ist kein Irrtum, sondern eine Tatsache.“ Seine Augen loderten voll unverhohlenem Zorn. „Du musst mich nicht mögen. Aber ich werde nicht zulassen, dass du diese Verbindung vor allen Leuten in den Schmutz ziehst. Deshalb wirst du tun, was ich will.“

Er zog sie noch näher zu sich heran. „Insbesondere dies“, murmelte er, ehe er sie küsste.

Sobald seine Lippen die ihren berührten, verflogen ihr Trotz und ihre Angst. Jeder Widerstand schmolz dahin. Gabrielle fühlte nur noch Leidenschaft. Ihre Brustspitzen wurden hart, und ihr Körper bog sich ihm entgegen. Ihre Beine trugen sie kaum mehr.

Doch so plötzlich, wie er sie an sich gerissen hatte, ließ er sie wieder los.

„Gabrielle“, sagte er mit seiner dunklen befehlsgewohnten Stimme, „zieh deine Schuhe an.“

4. KAPITEL

Luc betrachtete Gabrielle, die ihm gegenüber saß und ihn höflich anlächelte. Er hatte das „Ivy’s“ gewählt, jenes Restaurant in Beverly Hills, in dem die Prominenten der Filmszene sich trafen und entsprechend viele Fotografen auf gut zu vermarktende Schnappschüsse lauerten.

Voll unterdrücktem Zorn zerknüllte er seine Leinenserviette. Sie spielte ihre Rolle großartig, und das bewies ihm einmal mehr, welch eine perfekte Lügnerin sie war. Gleichzeitig versuchte er, sich damit zu beruhigen, dass sie nur tat, was er verlangte.

Eng umschlungen hatten sie sich dem Blitzlichtgewitter der Paparazzi gestellt, und sie hatte nicht protestiert, als er sie vor allen Reportern küsste.

Und jetzt tat sie so, als genieße sie den Abend mit ihrem Mann in Los Angeles.

Er konnte ihr Schauspiel kaum ertragen. Wer war sie wirklich? Welch eine Frau steckte unter dieser Maske perfekter Selbstbeherrschung?

Doch eigentlich, gestand er sich ein, wusste er es längst. Sie war eine Frau mit unglaublich zarten nachgiebigen Lippen und mit einem Körper, der stark auf seine Berührungen reagierte.

„Es scheint, als seist du doch keine so schlechte Schauspielerin“, erklärte er mit schneidender Stimme und bemerkte voller Genugtuung, dass sie zusammenzuckte. Das Lächeln aber blieb wie zementiert auf ihrem Gesicht.

„Wenn du damit meinst, dass ich mich in der Öffentlichkeit benehmen kann, hast du sicher recht“, gab sie kühl zurück. „Ich habe eine gute Erziehung genossen.“

„Zweifellos“, entgegnete er spöttisch. „Dein Vater war sehr stolz darauf, wie du dich auf deiner Hochzeit verhalten hast.“

Ihre Lippen zitterten kaum merklich, und ihr Körper stand unter enormer Anspannung. Nach außen aber wirkte sie ungerührt. „Das war eine Ausnahme.“ Lächelnd lehnte sie sich vor, sodass jeder Betrachter annehmen musste, sie suche seine Nähe. „Was hättest du denn in meiner Situation getan?“

Er beugte sich ebenfalls zu ihr hinüber. „Es durchgestanden. So, wie wir es den Rest unseres Lebens tun werden. Ich verstehe nicht, wie du einfach gehen konntest.“

„Du willst es nicht verstehen. Dein männlicher Stolz ist verletzt, und das ist das Einzige, was dich interessiert.“

„Wenn du nicht versuchst, es mir zu erklären, wirst du nie wissen, ob ich dich verstehe.“ Ernst sah er sie an, bis sie seinem Blick auswich.

Sie schluckte, ehe sie begann: „Es war schwierig, meinem Vater zu gefallen. Ich hatte immer das Gefühl, seinen Ansprüchen nicht zu genügen. Und dabei tat ich alles, was er erwartete.“

„Erzähl weiter“, ermunterte er sie, als sie stockte.

„Es ist nicht so spannend“, meinte sie lachend. „In all den Jahren habe ich mich nie gefragt, was ich wirklich will. Doch plötzlich, am Tag der Hochzeit, fühlte ich eine Falle zuschnappen. Für immer. Ich sah keinen anderen Ausweg als die Flucht.“

„Du hättest mit mir darüber reden können“, entgegnete er sanft.

„Mit einem Fremden? Einem Mann, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, mich kennenzulernen?“

Am liebsten hätte er ihre Hand gegriffen und ihr versichert, dass sie ihm trauen könne. Doch er widerstand der Versuchung. Woher wusste er, dass sie die Wahrheit sagte? Auch seine Mutter hatte immer hervorragend Theater gespielt und wie auf Knopfdruck die Tränen fließen lassen.

„Ich bin dein Ehemann“, sagte er deshalb nur hölzern. „Es ist meine Pflicht, dich zu beschützen.“

„Auch vor dir selbst?“, gab sie trocken zurück.

Er antwortete nicht. Doch als sie ihr Weinglas nahm, bemerkte er, dass sie zitterte. Die Art, wie sie das Glas an die Lippen setzte, war voller Sinnlichkeit. Während sie trank, beobachtete er jede ihrer Bewegungen und spürte, wie sehr er sie begehrte. Schon seit er sie in Nizza das erste Mal gesehen hatte, wollte er sie mit einer Heftigkeit, die ihm selbst fremd war.

„Du musst keine Angst vor mir haben“, beruhigte er sie. Doch noch während er sprach, wusste er, dass er log. Er wollte sie. Und er würde keine Rücksicht nehmen.

„Wie kommt es, dass ich dir nicht glauben kann?“, entgegnete sie und sprach damit, ohne es zu ahnen, seine Gedanken aus.

Schweigend beendeten sie ihr Abendessen. Bei jedem Atemzug war sich Gabrielle Lucs Nähe bewusst. Wenn seine Beine unter dem Tisch unbeabsichtigt ihre streiften, durchfuhr sie ein Schauer – wohlig, musste sie zugeben. Je länger sie dort saßen, umso mehr spürte sie, dass ihr Körper sich nach ihm verzehrte. Die kühle Seide ihres Spitzen-BHs umschmeichelte ihre Brüste, die laue Nachtluft streichelte ihre Haut. Eine Erregung erfasste sie, die sie kaum mehr ertragen konnte.

„Möchtest du noch einen Kaffee?“, erkundigte er sich freundlich. „Oder wollen wir nach Hause fahren?“

Entsetzt sah sie ihn an. Er erwartete doch wohl nicht …

„Du kannst mich bei Cassandra absetzen und in dein Hotel fahren“, stellte sie klar.

„Ich habe kein Hotelzimmer gebucht“, erklärte er ungerührt.

„Aber … es geht nicht …“

„Was geht nicht?“

„Du kannst nicht mitkommen.“

„Doch, selbstverständlich.“ Ruhig und ernst betrachtete er ihre ängstliche Miene. „Du bist meine Frau – mit allem, was dazugehört.“

„Du bist verrückt.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.

„Mach dir nichts vor, Gabrielle“, sagte er leise und griff nach ihrer Hand.

Das Blut rauschte so laut in ihrem Kopf, dass ihr schwindlig wurde. Heiß breitete sich das Verlangen in ihr aus.

In seinen Augen glitzerte der Triumph. Er spürte, dass sie bereit für ihn war.

Als sie zum Wagen gingen, versuchte Gabrielle, ihre Fassung wiederzuerlangen. Sie durfte diesem Mann nicht nachgeben, sonst war sie verloren. Und doch wusste sie längst, dass sie diesen Kampf nicht mehr gewinnen konnte. Sobald er sie berührte, wollte sie ihm gehören. Was wäre geschehen, wenn ich in der Hochzeitsnacht nicht geflohen wäre? fragte sie sich. Doch sie schob den Gedanken sofort beiseite.

Es würde heute keine Hochzeitsnacht geben. Sie kannte diesen Mann kaum! Auch wenn er auf dem Papier ihr Ehemann war, würde er sie zu nichts zwingen können.

Innerlich war sie verzweifelt, doch nach außen spielte sie weiterhin die Rolle der perfekten Braut. Charmant lächelte sie ihn an, nahm seinen Arm, als er sie zum Auto geleitete, und gab gnadenlos ein Schauspiel für die Fotografen.

Doch plötzlich spürte sie, wie er sich versteifte.

„Silvio Domenico – welch eine Überraschung“, hörte sie Luc sagen. „Was machen Sie in Kalifornien? Urlaub?“

Noch nie hatte Gabrielle ihn in einem solch eisigen Tonfall sprechen hören. Sie erschauerte. Der Fremde war offensichtlich auch ein Paparazzo, schloss sie aus der Kamera, die er um den Hals trug. Er schien den drohenden Ton nicht wahrzunehmen, sondern lächelte Luc an – ein glanzloses geschäftsmäßiges Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.

„Wo immer mein Prinz hingeht, folge ich ihm“, antwortete er mit unverhohlenem Spott. „Wie geht es Ihnen als verheirateter Mann, Garnier? Sind all Ihre Träume Wirklichkeit geworden, nachdem Sie Ihre Braut endlich gefunden haben?“

„Mehr als das“, gab Luc zurück. Sein Lächeln glich dem Zähnefletschen eines Wolfes. „Ich bin sicher, wir sehen uns noch.“

„Darauf können Sie sich verlassen“, schoss der Mann zurück.

„Ich rechne immer damit.“ Mit diesem Worten stieg Luc in den Wagen, und Gabrielle spürte die Eiseskälte, die das Treffen ausgelöst hatte.

5. KAPITEL

Während Luc das Auto durch die unzähligen schmalen Kurven steuerte, die bergauf führten, hatte er sich in Schweigen gehüllt.

Doch diese Stille war weitaus unerträglicher als alles, was er hätte sagen können, dachte Gabrielle.

Ohne ihn anzusehen spürte sie, dass er unendlich wütend war. Seine bloße Anwesenheit machte ihr es schwer zu atmen, obwohl er sie nicht einmal berührte.

Wie konnte er eine solche Macht über sie haben?

Einerseits fürchtete sie seinen Zorn, andererseits wartete sie darauf, von ihm wahrgenommen zu werden. Alles in ihr sehnte sich danach, dass er die Hand ausstreckte und sie streichelte.

Als der Wagen vor Cassandras Haus hielt, stieg Gabrielle wortlos aus dem Wagen und ging zur Tür. Sie war sich bewusst, dass Luc direkt hinter ihr war, und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.

Während sie den Schlüssel ins Schloss steckte, überlegte sie fieberhaft, wie sie es schaffen könnte, ihn nicht hineinzulassen.

Doch er kam ihr zuvor. Sobald sie die Tür geöffnet hatte, schob er sie auf und nahm ihre Hand. „Komm“, sagte er schlicht, aber mit einem Unterton in der Stimme, der sie erschauern ließ.

Er zog sie näher zu sich heran, und sie sah das Glitzern in seinen Augen. Kein Lächeln kam über seine Lippen.

„Es wird Zeit, mit dem Versteckspiel aufzuhören.“

Hastig entzog sie ihm ihre Hand, sah ihn kurz voller Entsetzen an und lief ins Haus.

Voll grimmiger Entschlossenheit folgte Luc ihr langsam. Ihn konnte sie nicht täuschen. Er hatte ihre wachsende Erregung im Restaurant gespürt und bemerkt, wie ihre Haut einen rosigen Schimmer annahm, wann immer er sie auch nur ansah.

Mit einem zufriedenen Lächeln betrachtete er den verheißungsvollen Schwung ihrer Hüften, während sie vor ihm ging.

Sie war so weit. Und er würde es genießen.

Im Salon sah Gabrielle ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe und erschrak. Ihre Wangen waren gerötet, ihr Blick wirkte gehetzt. Tief durchatmend lehnte sie die Stirn gegen das kühle Glas. Hinter sich hörte sie Luc hereinkommen. Er machte kein Licht und bewegte sich leise und behutsam. Wie ein Tiger, der seiner Beute auflauert, dachte sie voller Wut.

„Du kannst mir nicht länger ausweichen, Gabrielle.“

„Ich weiche dir nicht aus“, erwiderte sie und merkte selbst, wie kindisch es klang.

Sein Lachen jagte ihr einen erneuten Schauer über den Rücken.

„Du bist meine Frau.“

Besitzergreifend und endgültig hörten sich diese Worte an.

Sie straffte den Rücken, wandte sich aber nicht zu ihm um. „Das ist wahr. Aber ich gehöre dir nicht.“

„Du hast Pflichten. Und du wirst sie erfüllen.“

Fliehe vor ihm! schrie ihr Verstand. Sie wusste genau, was er einfordern würde. Dennoch konnte sie sich keinen Millimeter bewegen.

In der Reflexion der Fensterscheibe trafen sich ihre Blicke. Plötzlich wirkten seine Gesichtszüge weicher.

Zart legte er die Hände auf ihre Schultern und massierte sanft ihren Nacken.

Kraftvoll und zärtlich zugleich spürte sie seine Finger durch den dünnen Stoff ihrer Bluse. Langsam folgte er mit den Händen dem leichten Bogen ihrer Wirbelsäule und umfasste schließlich ihre Hüfte.

Aufstöhnend gab sie ihren Widerstand auf und schmiegte sich an ihn. Sie glaubte fast, ihre Knie würden unter ihr nachgeben, wenn er sie nicht festhielte.

Du musst dich wehren, sagte sie sich. Er ist ein Fremder.

Doch sie konnte nicht.

Noch während sie verzweifelt darüber nachdachte, wie sie ihn stoppen konnte, spürte sie seinen heißen Atem an ihrem Nacken. Er küsste die sanfte Rundung ihrer Schultern, fuhr mit den Lippen über ihr Haar und liebkoste ihre Halsbeuge mit der Zunge. Es war, als legte er eine Feuerspur über ihren Körper.

Dann drehte er sie zu sich um und sah sie an. Kurz bemerkte sie das begehrende Glitzern in seinen Augen, ehe er sich zu ihr hinunterbeugte und sie küsste.

Von diesem Moment an war sie verloren.

Ohne nachzudenken, öffnete sie hungrig ihre Lippen und gab sich seinen fordernden Küssen hin. Die Leidenschaft ergriff sie wie ein Sturm und riss sie mit.

Noch einmal versuchte sie, sich von ihm zu lösen. Denn sie wusste, wenn sie jetzt zuließ, dass er sie verführte, gab es kein Zurück mehr.

Flehend sah sie ihn an. Doch in seinem Blick erkannte sie kein Mitleid, keine Nachgiebigkeit. Er wollte sie. Und er würde sie nicht mehr freigeben.

Wenn sie ihn in ihr Leben eindringen ließ, würde nichts mehr so sein wie zuvor. Sie würde sich verändern und niemals wieder die Gabrielle sein, die sie war. Ein dumpfes Gefühl der Angst kam in ihr auf. Er würde über sie bestimmen, wie ihr Vater es getan hatte.

Verzweifelt wollte sie dagegen protestieren, dass er sie vereinnahmte, doch er verschloss ihre Lippen mit einem weiteren fordernden Kuss.

Er war erstaunt, mit welch einer Heftigkeit sie auf ihn reagierte. Ihre leidenschaftlichen Küsse stiegen ihm zu Kopf, waren prickelnder und betörender als der beste Champagner.

Langsam ließ er sich mit ihr auf das Sofa gleiten, sodass sie rittlings auf ihm saß. Als er ihre Hüfte auf seiner Männlichkeit spürte, stöhnte er auf. Daran, dass Gabrielle stoßweise atmete, erkannte er, dass auch sie wie im Fieber war.

Mit seinen Händen glitt er über ihren Rücken und zeichnete die verlockenden Kurven ihres Körpers nach. Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, wartete er auf diesen Augenblick. Ungeduldig schob er ihre Bluse hoch. Er wollte ihre Brüste nackt sehen.

„Bitte …“, wehrte sie sich mit einer heiseren Stimme, doch er löste unbeirrt den Verschluss ihres BHs und schob den kühlen Seidenstoff weg.

Voller Lust betrachtete er ihre kleinen runden Brüste, deren Spitzen sich vor Begehren aufgerichtet hatten. Aufseufzend liebkoste er die eine Knospe mit den Lippen, während er die andere sanft streichelte. Er nahm die schwellende Brust in die Hand, genoss die Vollkommenheit ihrer Rundung und atmete den Duft ihrer Haut ein.

Ihr lustvolles Stöhnen heizte ihn an.

„Luc“, keuchte sie, und er genoss es, wie sie seinen Namen aussprach. Befriedigt sah er sie an und entdeckte das blanke Begehren in ihrem Blick.

Sie gehörte ihm. Niemals wieder sollte sie das vergessen.

„Bitte“, flüsterte sie, „ich kann nicht …“

Doch er ließ nicht nach. Wieder verwöhnte er ihre Brustknospen, während er langsam seine Hüfte unter ihr bewegte.

Wild warf sie den Kopf zurück. Die Bewegung fachte Lucs Lust noch mehr an. Sie ist mein, dachte er triumphierend und konnte es kaum erwarten, sie ganz zu spüren.

Endlich!

Gabrielle glaubte zu träumen.

Sie lag in einem fremden Raum, in einem fremden Land, in den Armen eines fremden Mannes, den sie begehrte.

Als Luc sich zu ihr beugte und sie voller Sinnlichkeit küsste, wusste sie, dass es Wirklichkeit war. Sanft erhob er sich vom Sofa und bewegte sich so selbstverständlich, dass es ihr den Atem nahm. Sie sah jeden Muskel seines starken durchtrainierten Körpers, betrachtete den warmen Bronzeton seiner Haut und spürte, wie ein heißes Verlangen erneut ihr Innerstes durchzog.

Mühelos nahm er sie auf seine Arme und trug sie mit Leichtigkeit durch das Haus. Hätte er sie in ihrer Hochzeitsnacht ebenso verwöhnt? Jener Mann, dessen breite Schultern und kühle Augen sie so sehr geängstigt hatten?

Auch jetzt erschauerte sie, doch nicht aus Furcht, sondern voller Leidenschaft. Sie wollte seinen liebkosenden Mund spüren, seine Zunge, die sie an den Rand des Wahnsinns trieb, seine Hände, die jeden Zentimeter ihrer Haut verzauberten und entzückten.

Eine Woche hatte sie ihr eigenes Leben geführt und den Hauch von Selbstständigkeit gespürt. Fünfundzwanzig Jahre lang hatte sie in blindem Gehorsam getan, was von ihr verlangt wurde. So wollte sie nicht länger leben. Doch sie ahnte, dass Luc Garnier genau das von ihr verlangen würde. Er würde sie vereinnahmen und nicht zulassen, dass sie eine eigenständige Persönlichkeit entwickelte. Sie würde völlig mit ihm verschmelzen.

Und genau das geschah schon jetzt – in jedem Augenblick, in dem er sie berührte.

„Luc“, begann sie und versuchte, sich aus seinen Armen zu befreien. Doch sie war zu schwach, um sich wirklich gegen ihn aufzulehnen.

Unbeirrt ging er weiter und fand ohne Probleme den Weg zum Schlafzimmer mit dem großen, weich gepolsterten Bett. Behutsam ließ er sie in die Kissen sinken, und noch ehe sie etwas sagen konnte, spürte sie seine Hände auf ihrem Körper und war vollkommen wehrlos.

Er ließ die Finger sanft von ihren Hüften über die schmale Taille hinauf zu ihren Schultern gleiten, und dann wieder Wirbel für Wirbel über den Rücken hinunter. Sie hatte das Gefühl, er sei überall, und mit ihm die Glut der Leidenschaft, die ihren Körper erneut lichterloh brennen ließ. Als er seine muskulösen Schenkel zwischen ihre drängte, gab sie bereitwillig nach. Nur kurz küsste er ihre Lippen, dann fuhr er mit seinem Mund weiter über ihren Hals und liebkoste mit der Zunge ihr Dekolleté. Stöhnend bog sie sich ihm entgegen, wollte, dass er ihre Brüste verwöhnte.

Sie war bereit für ihn.

Nein, mehr als das. Sie wollte unbedingt, dass er sie nahm.

Als er sich abstützte, fingerte sie voller Ungeduld an den Knöpfen seines Hemdes herum. Sie wollte seine Haut berühren und spüren, dass er ebenso brannte wie sie.

Ungeduldig streifte er das Hemd ab und warf es achtlos zu Boden.

Nichts trennte sie nun mehr von ihm. Atemlos fuhr sie mit den Händen über seinen breiten Brustkorb, während das Blut rasend in ihren Adern pulsierte und die Hitze beinah unerträglich wurde. Mit den Fingerspitzen strich sie mit leichtem Druck über seinen Rücken.

„Nicht“, keuchte er. „Du machst mich verrückt.“

Mit geübtem Griff öffnete er Gabrielles Jeans und zog sie langsam und voller Genuss über ihre langen schlanken Beine. Zum ersten Mal lag sie nackt vor ihm, und ihm gefiel, was er sah.

Als er sich wieder zu ihr legte, spürte sie seine Erregung hart und fordernd an ihren glühenden Schenkeln. In seinem Blick las sie das grenzenlose Begehren, und plötzlich fühlte sie sich stark.

„Komm“, flüsterte sie.

„Ihr Wunsch ist mir Befehl, Prinzessin“, erwiderte er lächelnd.

Und ohne ein weiteres Wort drang er in sie ein und nahm sie in Besitz.

Erst als sie kurz aufschrie, hielt er inne und sah sie irritiert an.

„Entschuldige, ich habe nicht gewusst …“ Erschrocken blickte er auf sie hinab. „Du hättest mir sagen müssen …“ Doch dann brach er ab. Sie hat es mir gesagt, dachte er. Mit jedem Wort, jeder Geste, jedem trunkenen Kuss in den vergangenen Stunden. Doch er hatte es nicht glauben wollen, sondern sich rücksichtslos darüber hinweggesetzt.

„Aber – war dir das denn nicht klar? Mein Vater hat meinen Ehemann für mich ausgesucht. Ich hatte keine Gelegenheit zum …“ Verlegen errötete sie.

Kein anderer Mann hatte sie jemals angerührt. Sie ist tatsächlich mein, ganz und gar! dachte er gerührt und gleichzeitig triumphierend.

„Vertrau mir! Ich werde dir nicht wehtun“, versprach er, während er sie küsste und ihr Verlangen erneut entfachte. Ganz langsam nahm er sie und stöhnte auf, als er spürte, dass sie noch immer mehr als bereit für ihn war. Er bewegte sich behutsam in ihr, kostete es aus, sie zu spüren, und merkte, wie sie sich ihm willig entgegenbog. Gemeinsam fanden sie ihren Rhythmus, und als er sich ihr kurz und spielerisch entzog, um ihr Begehren noch mehr zu steigern, stöhnte sie auf und ließ ihn wieder in sich hineingleiten.

Sie gehört nur mir, war sein letzter Gedanke, ehe sie gemeinsam den Gipfel der Lust erreichten.

Als sie erwachte, war Gabrielle im ersten Moment verwirrt. Sie sah sich um und fragte sich, was sie geweckt haben könnte. Doch dann wurde ihr bewusst, dass Luc dicht neben ihr lag und im Schlaf den Arm um sie geschlungen hatte.

Nie zuvor hatte sie das Bett mit jemandem geteilt. Es war ungewohnt, aber sie genoss es. Ohne sich zu bewegen, betrachtete sie den schlafenden Mann neben sich. Das Bett, das ihr vorher riesig erschienen war, schien in seiner Gegenwart geschrumpft zu sein. Er war so groß, und so unglaublich männlich.

Sie schloss die Augen und dachte an die lange Nacht, die hinter ihr lag. Immer wieder hatten sie sich geliebt, und die Erinnerung an die wiederholte Befriedigung, die sie erlebt hatte, ließ sie wohlig erschauern.

Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich als Frau.

Es war, als habe sie erst jetzt ihren Körper entdeckt.

Sie konnte ihren Mann glücklich machen, und dieser Gedanke füllte sie aus.

Liebevoll sah sie Luc an, dessen scharfe Gesichtszüge im Schlaf weicher wirkten. Das ließ ihn jünger wirken, nachgiebiger, entspannter.

Vielleicht war es doch möglich, mit ihm zu leben.

Sie fröstelte, obwohl es warm war im Raum. Langsam, um ihn nicht aufzuwecken, drehte sie sich um und starrte gedankenverloren an die Decke. Hatte sie sich bereits verändert, wie sie es befürchtet hatte? Sie konnte sich die Frage nicht beantworten. Niemals hatte sie erwartet, dass es ein solch … körperlich ergreifendes Erlebnis war, mit einem Mann zu schlafen. Nicht in ihren kühnsten Träumen hatte sie sich ausmalen können, wie lustvoll es war. Die neue Erfahrung verwirrte sie noch immer.

Oder lag es nur an diesem Mann? Luc. Der erste Moment war schmerzhaft gewesen, aber dann hatte er eine Leidenschaft in ihr entfacht, die sie noch immer in jedem Winkel ihres Körpers spürte. Seine Nähe machte sie nervös, und doch wollte sie ihn so sehr. Lag es daran, dass sie zu schwach war, um sich ihm zu widersetzen? Oder zog seine unglaubliche Stärke sie machtvoll an?

„Du denkst so laut, dass man davon aufwachen muss“, hörte sie ihn plötzlich.

Erschrocken wandte sie sich zu ihm um und blickte in seine dunkelgrauen Augen.

„Tut mir leid“, sagte sie automatisch und fragte sich im nächsten Moment, warum sie sich dafür entschuldigte zu denken. „Du scheinst einen leichten Schlaf zu haben.“

Er beugte sich zu ihr hinüber und strich sanft mit den Fingerspitzen über ihre gerunzelte Stirn, um die kleinen Sorgenfalten zu glätten. Unwillkürlich streckte sie sich ihm entgegen, als sei sie eine Pflanze, die sich nach dem Sonnenlicht reckt.

„Worüber denkst du nach?“, wollte er wissen. „Mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um dich.“

Sein Tonfall war ruhig und vertrauenerweckend. Die Worte klangen fast wie ein Schwur. Keine Spur mehr von der Verärgerung und Boshaftigkeit zu Beginn des gestrigen Abends. Doch obwohl er so friedfertig wirkte, nahm allein seine Gegenwart Gabrielle fast den Atem. Dieser kraftvolle große Körper und seine unglaubliche Männlichkeit ließen sie selbst verschwindend klein wirken.

Zärtlich strich er mit der Fingerspitze über ihre Lippen, die er in der Nacht immer und immer wieder geküsst hatte. Mit klopfendem Herzen wartete sie darauf, was nun unweigerlich folgen würde.

Doch sie hatte sich geirrt.

„Es ist noch früh“, flüsterte er. „Schlaf wieder ein.“

„Ich habe keine Ahnung, was mich geweckt hat“, gab sie mit leiser Stimme zurück. Ihr kam es so vor, als würde sie den Zauber des Augenblicks zerstören, wenn sie in normaler Lautstärke spräche. Sie fürchtete, er könne sich sofort wieder verändern, wenn diese neue Harmonie zwischen ihnen verflog. Dabei wünschte sie so sehr, er werde sie noch länger mit diesem liebevollen Ausdruck in den Augen ansehen, und das sanfte Lächeln auf seinen Lippen werde nie vergehen.

Warum wünsche ich mir so etwas? fragte sie sich irritiert. Hatte er sie tatsächlich schon so sehr beeinflusst, dass sie ihren Herzenswunsch, er möge aus ihrem Leben verschwinden, vergessen hatte? War es tatsächlich schon zu spät dafür, vor ihm zu fliehen?

In der weichen Dämmerung des frühen Morgens war Gabrielle nicht sicher, ob sie die Antwort auf diese Frage wirklich wissen wollte.

„Ich glaube, ich habe ein sexhungriges Monster geheiratet“, neckte er sie. „Geht das jetzt immer so weiter? Wirst du nur ein paar Stunden schlafen, ehe du wieder verwöhnt werden willst?“

Allein der Gedanke daran, er könne sie berühren und verwöhnen wie in der vergangenen Nacht, ließ ihr Herz schneller schlagen und ihre Brustknospen hart werden. Weich und nachgiebig wartete sie auf ihn, als er sie sanft küsste.

„Vielleicht“, murmelte sie noch, dann spürte sie ihn schon hart und voller Lust in sich.

6. KAPITEL

Als Gabrielle das nächste Mal erwachte, schien die Sonne hell und warm ins Zimmer. Sie setzte sich in dem breiten Bett auf und sah sofort, dass Luc nicht mehr da war.

Unwillig warf sie ihre ungebändigten Locken zurück, reckte sich und spürte die vergangene Nacht überall in ihrem Körper. Eine tiefe Röte schoss in ihr Gesicht, als sie daran dachte, welch unaussprechliche Dinge sie getan und was Luc sie gelehrt hatte in den wenigen Stunden.

Natürlich hatte sie sich zuvor ausgemalt, wie es sein würde, mit einem Mann im Bett zu sein. Doch ihre Vorstellungen waren sehr vage und romantisch gewesen. Wie ein Foto mit Weichzeichner, dachte sie schmunzelnd.

Doch nichts an Luc Garnier entsprach diesem Bild. Alles an ihm war kraftvoll, lebendig, mit scharfen Konturen und wahnsinnig männlich.

Entschlossen schwang sich Gabrielle aus dem Bett und griff nach dem seidenen Morgenrock, der über der Armlehne eines kleinen Sessels lag. Sie streifte ihn über und wollte gerade ins Bad gehen, als sie Lucs tiefe dunkle Stimme hörte.

Ihr Herz klopfte schneller. Wie sollte sie ihm nach dieser Nacht begegnen? Würde er so kühl und herrisch sein wie zuvor, obwohl sie diese wunderbare Nacht zusammen verbracht hatten?

Rastlos presste sie die Handflächen auf ihre heißen Wangen, als könne sie sich so Abkühlung verschaffen. Dann straffte sie sich und ging ins Bad. Wahrscheinlich hatte sie keine Kontrolle darüber, wie er sich ihr gegenüber verhalten würde. Aber sie konnte bestimmen, wie sie ihm gegenübertrat. Und zwar ganz sicher nicht halbnackt und unfrisiert. Mit wenigen Handgriffen würde es ihr gelingen, kühl und unnahbar zu wirken. Das hatte sie schließlich jahrelang gelernt.

Sie dehnte die morgendliche Dusche länger aus als gewöhnlich, obwohl sie wusste, dass sie den Moment der ersten Begegnung damit nur hinauszögern, nicht aber vermeiden konnte. Schließlich drehte sie das Wasser ab, hüllte sich in ein großes Badetuch und föhnte ihr Haar. Dann entschied sie sich für eine Garderobe, die einer Prinzessin würdig war. Sie wollte ihm nicht wieder mit Jeans und einer zerknitterten Bluse gegenübertreten.

Die cremefarbene Leinenhose war vom Hofschneider ihres Vaters für sie angefertigt worden, der weiche Kaschmirpullover stammte aus einer der nobelsten Boutiquen Mazzaneras. Mit gekonntem Griff schlang sie ihr langes Haar zu einem lockeren Knoten, sprühte einen Hauch Parfum auf und wählte dezente Perlenohrringe, die sanft schimmerten. Dann legte sie etwas Make-up auf, gerade genug, um ihre Haut strahlen zu lassen und die Augen leicht zu betonen. Ein prüfender Blick in den bodentiefen Spiegel versicherte ihr, dass sie ihrem Mann so elegant und würdevoll unter die Augen treten konnte.

Schon wieder lasse ich mich auf ein Spiel ein, dessen Regeln andere für mich bestimmen, dachte sie kurz. Doch sie schob den Gedanken beiseite.

Die rebellische junge Frau von gestern, mit ausgewaschenen Jeans und barfuß, war Vergangenheit. Hier stand Prinzessin Gabrielle. Unaufgeregt, in gedeckten Tönen, gefasst und kontrolliert.

Dies war ihre Rüstung, mit der sie für den täglichen Kampf gewappnet war.

Als sie durch die Glastür auf die breite Veranda trat, sah Luc auf. Schon seit dem frühen Morgen stand sein Telefon nicht mehr still. Ununterbrochen hatte er Anrufe von Geschäftspartnern in der ganzen Welt entgegengenommen. Jetzt beendete er ein Gespräch auf Französisch, wies seine Sekretärin an, ihm wichtige Unterlagen zu faxen, und legte auf. Endlich hatte er die Muße, seine junge Frau genau zu betrachten.

Die Sonne Kaliforniens ließ ihr Haar golden glänzen und warf einen hellen Schein auf ihre elegante Garderobe. Von Kopf bis Fuß entsprach sie dem Bild der Fürstentochter, die er geheiratet hatte. Genau diese Frau hatte er in Nizza bewundert – kühl, diszipliniert, mit einer herrschaftlichen Ausstrahlung.

Mit einem freundlichen Lächeln nickte sie ihm zu. „Entschuldige, dass ich so lange geschlafen habe. Hoffentlich hast du nicht auf mich gewartet.“

Wie höflich sie war. Als hätte sie nicht gerade eine Nacht voller Lust und wilder Begierde mit ihm verbracht. Doch so sehr Luc auch versucht war, sie daran zu erinnern, so erleichtert war er dennoch, dass sie sich ihrer Rolle bewusst war. Ja, er hatte die richtige Wahl getroffen. Sie war die perfekte Ehefrau für ihn. Und der Stolz ihres Landes. Er wollte der Einzige sein, der ihre andere Seite kannte. Die leidenschaftliche, wilde, hemmungslose Prinzessin – hinter verschlossenen Türen. Ein kaum sichtbares Lächeln huschte bei diesem Gedanken über seine Lippen.

„Der Schlaf hat dir gutgetan“, bemerkte er. Dann stand er auf und zog einen Stuhl für sie heran. Uma war schon am frühen Morgen gekommen, um das Frühstück auf der Terrasse vorzubereiten. Auf einem Tablett stand eine Schale mit verführerisch duftenden Früchten und ein Korb mit ofenfrischem Gebäck.

„Setz dich. Möchtest du einen Kaffee?“, erkundigte er sich.

„Gern“, erwiderte Gabrielle und setzte sich mit einer unnachahmlichen Grazie, die Luc faszinierte.

Wortlos reichte er ihr eine Tasse mit dampfendem Kaffee und sah sie an.

„Ein wunderschöner Morgen“, stellte sie fest und plauderte höflich über das Wetter in Kalifornien und Mazzanera.

Luc war bewusst, dass sie sich bemühte, ein harmloses Gespräch in Gang zu bringen. Als seien wir vollkommen Fremde, die zufällig am gleichen Tisch sitzen, dachte er.

Befriedigt und amüsiert beobachtete er sie. Unglaublich, wie gut sie sich beherrschen konnte. Er fragte sich, ob es ihr schwerfiel – nach dieser Nacht, in der sie jegliche Kontrolle über sich verloren hatte. Und fast musste er über sich selbst lachen, denn es war nicht seine Art, sich über die Gefühle einer Geliebten Gedanken zu machen.

Die einzige Frau, deren Befindlichkeiten ihn je interessiert hatten, war seine Mutter gewesen. Bei ihr allerdings war es fast überlebenswichtig gewesen, ein Gespür für Stimmungen zu entwickeln. Vittoria Giacinta Garnier war genauso theatralisch gewesen, wie es ihr Name versprach. Mit ihrer Launenhaftigkeit hatte sie ihre Familie ebenso tyrannisiert wie das Hauspersonal. Niemand war vor ihren Wutausbrüchen und ihrer überdrehten Fröhlichkeit sicher gewesen. Schon als kleiner Junge hatte Luc sich bemüht, seiner Mutter möglichst aus dem Weg zu gehen.

„Weißt du, ich kann mir nicht vorstellen, so weit entfernt von Mazzanera zu leben“, riss Gabrielle ihn aus seinen Gedanken. „Obwohl Los Angeles längst nicht so unzivilisiert ist, wie ich dachte.“

„Und dein Ehemann?“ Die Frage war heraus, ehe Luc weiter darüber nachdenken konnte. „Ist er so unzivilisiert, wie du befürchtet hast?“ Er war fest davon überzeugt, ihre Antwort zu kennen. Die Erfahrungen der vergangenen Nacht mussten für Gabrielle, unschuldig wie sie war, ein Schock gewesen sein. Doch er bedauerte keine Sekunde ihres lustvollen Zusammenseins. Sie war seine Frau, und er würde sie lehren, eine wunderbare Geliebte zu sein.

Sie errötete, dennoch überraschte ihn ihre Antwort.

„Ich hatte nicht den Eindruck“, sagte sie leise. Dann, ohne weiter darauf einzugehen, wechselte sie das Thema.

Doch Luc gab nicht so schnell auf. „Das beherrschst du perfekt“, unterbrach er sie. „Sobald du nicht über etwas reden möchtest, wechselst du einfach das Thema.“

Statt zu protestieren, lachte sie nur. Ein offenes, natürliches Lachen.

Nie zuvor hatte er diesen Ausdruck in ihrem Gesicht gesehen, stellte er erstaunt fest. Plötzlich wirkte sie nicht mehr zurückhaltend, sondern freundlich und warmherzig. Sie ist atemberaubend schön, noch viel attraktiver als sonst, dachte er.

„Eine Eigenschaft, die in meiner Position unverzichtbar ist, findest du nicht?“, gab sie zurück. „Es kann sehr hilfreich sein, über alles zu reden, nur nicht über die wirklich wichtigen Punkte. Bei Männern nennt man das übrigens Diplomatie.“

„Genießt du es eigentlich, Thronerbin zu sein?“ Luc wusste, dass diese Frage eigentlich viel zu persönlich war. Doch er hatte den Wunsch, sich endlich ein vollständiges Bild von seiner Frau zu machen. Sie war die schüchterne Braut, die aufsässige Ausreißerin, die hemmungslose, hingebungsvolle Geliebte und die unerschütterliche kühle Prinzessin. Doch wer war sie wirklich? Was steckte hinter der Fassade? Es reizte ihn unendlich, das herauszufinden.

„Ich habe nie darüber nachgedacht, ob es mir gefällt“, erwiderte Gabrielle langsam, während sie an ihrem Kaffee nippte. Ernst sah sie Luc an. „Schon als ich ein Kind war, wusste ich, dass ich mit allem, was ich tue, unser Land vertrete. Niemals war ich nur ich selbst, sondern immer die Fürstentochter.“ Einen Augenblick dachte sie nach. „Ja, ich genieße es“, ergänzte sie dann. „Und was ist mit dir? Als Chef eines Firmenimperiums stehst du ebenso in der Öffentlichkeit wie ich.“

„Nein. Da irrst du dich.“ Als er sah, dass sie wieder ihre eiserne Miene aufsetzte, wünschte Luc, er hätte nicht so harsch reagiert. „Auch für mich wird sich das Leben nach unserer Hochzeit ändern, nicht nur für dich. Das war mir vorher nicht so bewusst“, fügte er versöhnlich hinzu.

„Ich habe geglaubt, du gehörtest zu den Männern, die immer genau wissen, was sie tun“, entgegnete sie kühl.

Die Worte verletzten ihn, stellte er voller Erstaunen fest. Er wollte nicht, dass sie ihn für einen berechnenden eiskalten Mann hielt.

„Meine Eltern starben, als ich gerade mal dreiundzwanzig war“, erklärte er ruhig. „Von einem Augenblick zum anderen musste ich Verantwortung übernehmen, ansonsten wäre die Firma meines Vaters verkauft worden.“ Er verzichtete darauf, ihr zu erzählen, wie oft er von angeblichen Geschäftsfreunden seines Vaters betrogen worden war, wie nahe er am finanziellen Abgrund gestanden hatte. Stattdessen lächelte er entschuldigend. „Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich so zielstrebig bin.“

„Du hast den Ruf, alles zu erreichen, was du willst“, räumte sie ein. „Das ist beeindruckend. Vielleicht sogar ein bisschen einschüchternd.“

„Ich fasse das als Kompliment auf“, meinte Luc und lehnte sich zurück. „Es kann nicht schaden, als Geschäftspartner gefürchtet zu werden.“

„Das Ziel hast du eindeutig erreicht“, gab sie trocken zurück. Dann stellte sie ihre Tasse ab, lehnte sich vor und griff nach einer großen dunkelroten Erdbeere.

Als er zusah, wie sie die reife Frucht genüsslich in den Mund schob, spürte er unwillkürlich eine Welle der Erregung. Am liebsten hätte er sie sofort geküsst, das süße Aroma der Beere geschmeckt und noch viel mehr. Doch heute Morgen, während er unzählige geschäftliche Anrufe angenommen hatte, war ihm klar geworden, dass er sie so nicht gewinnen konnte. Gabrielle war so unbedarft, vollkommen ohne Erfahrung, dass er sie mit seinen Forderungen nicht erschrecken wollte. Deshalb hatte er beschlossen, ganz klassisch um sie zu werben. Charmant, rücksichtsvoll und aufmerksam würde er versuchen, nach und nach ihre Zuneigung zu erlangen.

„Niemand glaubte damals, dass ich das Firmenimperium leiten könnte“, fuhr er fort und verdrängte seine lustvollen Gedanken. „Schließlich war ich gerade mit dem Studium fertig.“ Ihre Blicke trafen sich, und er erkannte echtes Interesse in ihren Augen. Niemals zuvor hatte sich eine Frau für ihn als Menschen interessiert. Für alle war er immer nur der reiche, gut aussehende Luc Garnier gewesen. Die Erkenntnis traf ihn bis ins Mark. Verlegen räusperte er sich und zuckte die Schultern. „Aber ich mag es nicht, wenn man mir vorschreiben will, was ich kann und was nicht“, schloss er mit einem kleinen Lächeln.

Betroffen sah Gabrielle ihn an. Er war tatsächlich noch unglaublich jung gewesen, als er die Verantwortung für die Firma und unzählige Mitarbeiter übernehmen musste.

„Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht beleidigen“, sagte sie und suchte in seinem Gesichtsausdruck nach einem winzigen Hinweis darauf, wie schmerzlich die Vergangenheit für ihn gewesen sein musste. Doch rein äußerlich wirkte er hart und kämpferisch wie immer. „Es muss schlimm gewesen sein, deine Eltern auf diese Weise zu verlieren.“

„Deine Mutter ist gestorben, als du noch ein Kind warst, nicht wahr?“, erkundigte er sich.

Mit seinen unergründlich dunklen Augen sah er sie an. Doch obwohl er nicht weniger Furcht einflößend wirkte als zuvor, empfand sie ihn plötzlich nicht mehr als so beängstigend. Was war passiert, dass sie sich in seiner Gegenwart auf einmal entspannt und geborgen fühlte? Ihr Verstand warnte sie weiterhin vor diesem Mann, doch ihr Körper spielte ihr einen Streich. Sie hatte das Bedürfnis, Luc nahe zu sein, so sehr ihr Verstand sie auch mahnte, vorsichtig zu bleiben.

„Das stimmt“, erwiderte sie schließlich und wich seinem Blick aus. Gabrielle erinnerte sich kaum noch an ihre Mutter. Nur ein paar Kleinigkeiten waren ihr im Gedächtnis geblieben – die zarte Hand, die über die weiche Kinderwange strich, das Rascheln der feinen Seide, wenn ihre Mutter sich abends zu ihr an das Bett setzte, der Duft ihres Parfums und ihr warmes Lächeln. „Ich war fünf, als sie starb. Deshalb kann ich mich kaum mehr an sie erinnern. Aber ich hatte immer noch meinen Vater. Du dagegen warst plötzlich vollkommen allein.“

Fast unmerklich zuckte ein Muskel an seinem Auge, und Luc rückte seinen Stuhl zurecht. Seine grauen Augen schienen wieder einmal beinahe schwarz. Gabrielle spürte die spannungsgeladene Atmosphäre zwischen ihnen. Die Sonne, die ins Zimmer schien, wärmte plötzlich nicht mehr, ihr Magen krampfte sich zusammen. Doch sein Zorn richtete sich dieses Mal nicht gegen sie.

„Es war eine schwierige Zeit“, gab er mit schneidender Stimme zu. „Doch der Medienrummel, der folgte, war noch viel schlimmer. Eine Skandalgeschichte nach der anderen förderten die Zeitungen zutage. Sie stellten Vermutungen an, brachten geschmacklose Fotos. Als wenn das, was geschehen war, nicht tragisch genug gewesen wäre.“

Wortlos sah Gabrielle ihn an. Sie befürchtete, er werde nicht weitersprechen, wenn sie ihn jetzt unterbrach. Und sie wollte mehr erfahren über ihren Mann, der sich ihr zum ersten Mal ein wenig öffnete.

Kurz hielt er inne, als müsse er sich sammeln. „Um die Wahrheit zu sagen, war ein Teil von mir sogar … wie erlöst“, gab er schließlich zu. „Das ist etwas, worüber ich noch nie gesprochen habe. Weißt du, meine Eltern haben sich immer nur miteinander beschäftigt. Um mich hat sich niemand gekümmert.“ Er sah sie an, als wolle er sich vergewissern, dass sie ihn verstand. „Mein Vater liebte meine Mutter so sehr, dass er sich selbst vollkommen aufgegeben hatte. Mit ihren Wutausbrüchen und ihren Affären hat sie ihn ständig in Atem gehalten. Doch sie brauchte immer Publikum, viele Menschen um sich herum, die sie bewunderten. Ihr Mann genügte ihr nicht.“

Natürlich kannte auch Gabrielle die Geschichten, die sich um Lucs kapriziöse und temperamentvolle Mutter rankten. Vittoria Garnier war eine auffallende, unbekümmerte und wunderschöne Frau gewesen, die es genoss, im Mittelpunkt zu stehen und von der Presse hofiert zu werden. Doch nach ihrem Tod hatten die Magazine kein gutes Haar an ihr gelassen. Niemanden hatte es interessiert, was es für ihren Sohn bedeutete, peinliche Artikel über seine Mutter zu lesen. Die Ehe seiner Eltern war in den Klatschblättern öffentlich auseinandergenommen worden. Man hatte angezweifelt, dass Vittorias Ehemann tatsächlich Lucs Vater war, Fotos von den verschiedenen Liebhabern seiner Mutter gezeigt. Für Enthüllungsgeschichten über das Privatleben der Garniers war sehr viel Geld gezahlt worden.

Gabrielle empfand tiefes Mitleid mit dem kleinen Jungen, der im Medienrummel aufwachsen musste.

Aber niemals würde sie ihn ihr Mitgefühl spüren lassen. Das wäre ein großer Fehler, ahnte sie.

„Was war das für eine Geschichte mit dem Fotografen von gestern Abend?“, wollte sie wissen.

„Silvio Domenico“, erklärte Luc mit versteinerter Miene. „Und bevor du fragst – ja, er ist der Fotograf, dem ich auf der Beerdigung meiner Eltern einen Kinnhaken verpasst habe. Die Bilder gingen durch alle Medien. GARNIER-ERBE: PRÜGELEI AM GRAB DER ELTERN. Du erinnerst dich vielleicht an die Schlagzeile.“

„Was war passiert?“, wagte Gabrielle sich weiter vor. Sie war überrascht und erfreut, dass er so offen mit ihr sprach.

„Dieser Mann ist ein Haufen Dreck“, stieß Luc hervor, und sein Blick verdüsterte sich. „Er ist es nicht einmal wert, von der Schuhsohle gekratzt zu werden.“ Mit einem bemühten Lächeln sah er sie an. „Aber das ist egal, es ist lange her.“

Nicht lange genug, dachte Gabrielle, wenn es Luc so sehr aus der Bahn wirft, wegen meiner Flucht wieder in den Schlagzeilen aufzutauchen. War er vielleicht gar nicht wütend auf sie, sondern noch immer auf seine Mutter, die sich so rücksichtslos verhalten hatte?

„Es tut mir so leid“, sagte sie und suchte seinen Blick. Es wäre besser gewesen, nicht weiter nachzufragen, dachte sie. Denn was sich ihr hier offenbarte, war das reinste Minenfeld. „Mir war nicht klar, dass mein Verschwinden dir schaden würde.“

Als er sie ansah, spürte Gabrielle, dass etwas mit ihnen geschah. Der Wind wehte weiter rauschend in den Bäumen, der Verkehrslärm aus der Stadt drang bis hierher, das Zirpen der Grillen hatte nicht nachgelassen. Doch hier im Raum schien sich etwas ganz wesentlich verändert zu haben. Wie gebannt schaute sie in seine dunklen Augen, unfähig, den Blick abzuwenden.

Autor

Abby Green

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