Baccara Gold Band 27

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  • Erscheinungstag 25.03.2022
  • Bandnummer 27
  • ISBN / Artikelnummer 9783751510400
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Beverly Barton, Shawna Delacorte, Molly Liholm

BACCARA GOLD BAND 27

1. KAPITEL

Holly Bishop stieß die Tür ihres Abschleppwagens auf, befahl ihrer Dogge, sitzen zu bleiben, und nahm das Gewehr vom Beifahrersitz. Dann sprang sie hinaus und rief dem betrunkenen Mann, der seinen Jungen am Nacken gepackt hatte, warnend zu: „Cliff Nolan, lassen Sie Richie sofort los!“

Cliff drehte sich langsam zu ihr um und sah sie höhnisch grinsend an. „Scher dich von meinem Grundstück, du verdammte neugierige Weltverbesserin. Dies hier ist mein Land und meine Familie. Hier mache ich, was ich will!“

Richies kleiner Mischlingshund kam herbeigelaufen und knurrte Cliff an. Sofort trat er so fest nach dem Tier, dass es vor Schmerz laut aufjaulte.

„Nein, Daddy, nicht! Bitte tu Whitey nicht weh!“, schrie Richie.

Cliff packte den Jungen noch fester, schüttelte ihn ein paarmal und stieß ihn dann zu Boden. Mit seinen dünnen Armen umschlang Richie den Hund und sah verängstigt zu seinem torkelnden Vater hoch.

„Lassen Sie Richie und Whitey in Ruhe!“, rief Holly noch einmal. „Oder ich werde auf Sie schießen! Haben Sie mich verstanden?“

Cliff Nolan starrte Holly an, die blutunterlaufenen Augen halb geschlossen, die Lippen zu einem Grinsen verzogen. „Du bluffst doch nur. Kommst ständig her und setzt meiner Loretta Flausen in den Kopf. Sie braucht niemanden von deiner Sorte, der sie über ihre Rechte als Ehefrau aufklärt. Was weißt du denn schon davon, he?“

„Auf jeden Fall weiß ich, dass kein Mann das Recht hat, Frau und Kinder zu misshandeln“, entgegnete sie und machte ein paar vorsichtige Schritte auf den Wohnwagen zu, der auf dem unkrautüberwucherten Grundstück stand.

Loretta Nolan erschien in der Tür des Wohnwagens. Ihr verhärmtes Gesicht ließ sie viel älter aussehen, als sie in Wirklichkeit war. „Cliff, bitte …“

„Halt den Mund!“ Er starrte seine Frau zornig an.

„Es ist besser, wenn du gehst, Holly“, sagte Loretta.

Richie nutzte den Moment, kroch schnell von seinem Vater weg und zog den Hund mit sich. Als Cliff es bemerkte, holte er mit dem Bein aus.

„Nein, Daddy, nicht!“, schrie Richie, doch schon traf Cliff den Hund, der erneut jämmerlich aufschrie. Nun trat Cliff nach Richie, verfehlte ihn aber, da der Junge geschickt auswich. Den zitternden Hund in den Armen, rutschte er weiter weg von seinem randalierenden Vater.

„Dies ist meine letzte Aufforderung, Cliff! Lassen Sie Richie in Ruhe, und zwar sofort!“ Holly zielte mit dem Gewehr auf ihn.

Cliff Nolan holte wieder mit dem Bein aus, um dem Jungen in den Magen zu treten, und Richie schien plötzlich erstarrt vor Angst. Holly schrie Richie schnell eine Warnung zu, worauf Cliff sich abrupt zu ihr umdrehte. Schnell stand Richie auf, nahm den Hund auf den Arm und lief zum Wohnwagen hinüber. Cliff fuhr schwankend herum und brüllte Richie hinterher: „Bleib stehen!“

„Lassen Sie ihn in Ruhe“, warnte Holly ihn.

„Geh doch zum Teufel!“, erwiderte Cliff.

Holly Bishop spannte den Abzugshahn ihres Gewehres, und im nächsten Moment zerrissen Schrotkugeln Cliffs Jeans an den Beinen und am Hinterteil. Mit einem Aufschrei fiel er zu Boden.

Loretta, die Richie tröstend im Arm hielt, starrte ungläubig zu ihrem Mann hinüber.

„Ruf den Sheriff“, forderte Holly sie auf. „Und einen Krankenwagen. Cliff braucht einen Arzt, der ihm den Schrot aus dem Hintern holt.“

Loretta nickte schweigend, ließ Richie los und verschwand im Wohnwagen. Richie hielt den kleinen Hund an sich gepresst. Tränen liefen ihm über das schmutzverschmierte Gesicht.

Holly hatte nicht vor, sich selbst um den Angeschossenen zu kümmern, der stöhnend und fluchend am Boden lag, das magere Hinterteil in die Höhe gereckt. Sie empfand kein Mitleid für ihn. Der Krankenwagen würde früh genug hier sein, und es war unwahrscheinlich, dass Cliff durch Vogelschrot, der ihn außerdem aus einiger Entfernung getroffen hatte, verbluten würde.

Allerdings würde der Sheriff vermutlich nicht viel später als der Krankenwagen eintreffen. Obwohl Sheriff Lowell Redman Cliff ebenso wenig leiden konnte wie Holly, würde ihm keine andere Wahl bleiben, als sie zu verhaften. Immerhin hatte sie auf einen Mann geschossen.

Jetzt musste sie wohl oder übel Peyton anrufen. Wieder einmal. Er würde natürlich vor Wut schäumen wie beim letzten Mal, als sie ihn um Hilfe gebeten hatte. Nur allzu deutlich hatte er ihr zu verstehen gegeben, dass er es leid wäre, ihr immer wieder aus der Klemme zu helfen. Doch was hätte sie hier tun sollen? Einfach zusehen, wie Cliff Richie und Whitey misshandelte? Seit über einem Jahr bekniete sie Loretta, mit den Kindern wegzugehen, war aber bei ihr stets auf taube Ohren gestoßen.

Holly wusste, dass sie diesmal etwas wirklich Dummes angestellt hatte, und so schwer es ihr auch fiel, sie würde Peyton bitten müssen, sie aus dem Gefängnis zu holen. Und falls es zu einer Gerichtsverhandlung käme, brauchte sie ihn als Verteidiger.

Nur machte ihr die Vorstellung, Peyton gegenüberzutreten, mehr Angst als die Aussicht auf eine Nacht im Gefängnis. Ganz gleich, wie gut sie es auch meinte, immer endete es damit, dass sie ihm Schwierigkeiten bereitete. Dabei war es ganz und gar nicht ihre Absicht. Besonders nicht jetzt, wo er vorhatte, als Gouverneur zu kandidieren. Peyton Rand war ein guter Mann, und er verdiente nur das Beste – und das war mit Sicherheit nicht Holly Bishop.

So ungern sie es auch zugab, aber Peyton hatte mit seiner Meinung, dass sie nichts als Ärger bedeutete, wahrscheinlich recht.

Schon an Peytons Gesichtsausdruck konnte Holly erkennen, wie wütend er auf sie war. Seine gebräunte Haut hatte sich rötlich verfärbt, die blauen Augen blickten kühl, und seine Bewegungen wirkten angespannt. Das sonst gut sitzende aschblonde Haar war leicht zerzaust, so als wäre der Wind hineingefahren und hätte es gewagt, es durcheinanderzubringen. Holly sah ratlos Hilfssheriff Wanda Simple an, eine große schlanke Frau mit Brille, dann jedoch straffte sie die Schultern, bereit, Peytons Zorn über sich ergehen zu lassen. Obwohl Peyton Rand von Natur aus ein ruhiger, kontrollierter und gelassener Mann war, wusste Holly, dass sie ohne Weiteres in der Lage war, die Fassung dieses Südstaaten-Gentlemans zu erschüttern.

Er knallte seine Aktentasche auf den Tisch, stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte auf und starrte Holly finster an. „Du hast schon öfter dumme Sachen angestellt, Holly Bishop, aber diesmal bist du entschieden zu weit gegangen.“

Er war nicht nur wütend, er kochte vor Wut, wenn er sie bei ihrem vollen Namen ansprach. „Ich habe ihn gewarnt. Ehrlich!“, verteidigte Holly sich und machte einen Schritt auf Peyton zu. Ihre Hände waren mit Handschellen hinter dem Rücken gefesselt. „Er hat Richie geschlagen und nach ihm getreten. Ich konnte doch nicht einfach nur dastehen und zusehen, wie er das Kind verletzt, oder?“

Peyton richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter achtundachtzig auf und hob die Arme in einer beschwörenden Geste. „Na schön, du musstest also etwas unternehmen, um ihn aufzuhalten. Aber musstest du gleich mit einem Schrotgewehr auf ihn schießen?“

„Was sollte ich denn sonst machen?“ Schritt für Schritt kam sie auf ihn zu. Dann stand sie vor ihm, sah treuherzig zu ihm auf und hoffte nur, ihr Gesicht möge genug Reue ausdrücken.

„Du hattest doch Salomon bei dir, oder?“ Peyton packte sie an den Schultern und schüttelte sie sanft. Sofort durchlief ihn ein Schauer und erinnerte ihn daran, dass er Holly besser nicht anfassen sollte. Abgesehen von der Tatsache, dass er sich dummerweise zu ihr hingezogen fühlte, bedeutete sie nichts als Ärger. „Warum hast du es Salomon nicht überlassen, mit Cliff Nolan fertigzuwerden?“

„Ist das dein Ernst? Wenn ich Salomon auf ihn gehetzt hätte, wäre ich jetzt wegen Mordes hier eingesperrt, statt wegen Körperverletzung.“

„Sie werden sie doch rausholen können, nicht wahr, Mr. Rand?“, mischte sich jetzt Wanda Simple ein. „Die ganze Stadt weiß, dass Cliff Nolan ein übles Stinktier ist und ständig Loretta und die Kinder schlägt. Holly hat nur getan, was sie für richtig hielt.“

„Nun, ich hoffe, der Richter sieht es ebenso.“ Peyton ließ Holly los. Warum, um alles in der Welt, war er nur mit der Verantwortung für Holly Bishop geschlagen? Falls es zwei Menschen auf dieser Erde gab, die absolut nicht zusammenpassten, dann waren es Holly und er. „Ich bin direkt von Jackson hierhergekommen, deshalb hatte ich noch keine Gelegenheit, mit Richter Clayburn Proctor über eine Kaution zu verhandeln. Aber ich habe schon mit Sheriff Lowell gesprochen, und ihm hast du es zu verdanken, dass die Anklage nicht auf vorsätzliche Körperverletzung lautet.“

„Ich habe mich bereits bei ihm bedankt.“ Holly wurde klar, dass nichts, was sie sagte oder tat, Peytons Wut mildern würde, und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. Seit ihre Brüder Crooked Oak verlassen hatten, verhielt Peyton sich, als müsste er jetzt auf deren Schwester aufpassen, die es mit ihren sechsundzwanzig Jahren hätte besser wissen müssen, als auf einen Mann zu schießen.

„Ich werde mich bemühen, dass Richter Proctor eine Kaution festsetzt, damit ich dich heute noch hier rausholen kann.“ Peyton sah Wanda an. „Bringen Sie sie zurück in ihre Zelle, bis ich mich mit Proctor geeinigt habe.“ Und zu Holly gewandt meinte er: „Aber es würde dir nur recht geschehen, wenn ich dich die ganze Nacht hier drinließe.“

Sie reckte das Kinn vor und blickte ihn hochmütig an. „Tu, was du für richtig hältst, Peyton Rand. Ich habe mit Vogelschrot auf Cliff Nolan geschossen, um ihn daran zu hindern, weiter sein Kind und den Hund zu misshandeln. Es tut mir leid, und vielleicht war es falsch. Doch wenn du nur das Gesetz im Kopf hast und nicht verstehst, was im Herzen eines Menschen vorgeht, dann bezweifle ich …“

„Genug! Wirst du wohl den Mund halten?“

Erschrocken verstummte Holly und musterte Peytons ernstes Gesicht. Doch gleich fuhr sie fort: „Du kannst ja Richter Proctor sagen, dass ich anders gehandelt und nicht auf Cliff Nolan geschossen hätte, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte. Aber ich sah in dieser Situation keinen anderen Ausweg.“

„Ich werde versuchen, es ihm zu erklären, und vielleicht ist er damit einverstanden, eine Kaution auszusetzen“, erwiderte Peyton.

„Hast du irgendeine Vermutung, wie hoch die Kaution sein wird?“ Holly besaß nicht viel Bargeld, doch ihre Werkstatt und der Abschleppdienst gingen gut, daher sah sie keine Schwierigkeit, selbst für die Kaution aufzukommen.

„Ich werde mich um die Kautionssumme kümmern“, erklärte Peyton. „Ich kann doch wohl sicher sein, dass du die Staaten nicht verlässt?“ Die Andeutung eines Lächelns erschien um seine Mundwinkel.

Wie sehr Holly seinen Mund liebte! Sie hatte endlose Stunden damit verbracht, sich auszumalen, wie es wäre, diesen Mund zu küssen. Sie bemühte sich erst gar nicht, ihre Erleichterung darüber, dass er nicht mehr so sehr wütend auf sie war, zu verbergen. Lächelnd erwiderte sie: „Ich werde nicht einmal den Bundesstaat verlassen.“

„Gut.“ Peyton nahm seine Aktentasche und ging zur Tür, während er im Stillen über seine Nachgiebigkeit fluchte. Ganz gleich, wie oft Holly ihm Probleme aufhalste, nie konnte er lange wütend auf sie sein. Trotz ihrer Unabhängigkeit und ihres Selbstbewusstseins war sie eine weichherzige verletzliche Frau – zumindest irgendwo unter dem ölverschmierten Äußeren, der jungenhaften Frisur und ihrer ärgerlichen Art, sich für alles verantwortlich zu fühlen.

„Ach, Peyton, würdest du bitte beim Tierheim vorbeifahren und Salomon abholen?“, rief Holly ihm noch schnell hinterher. „Susan wollte sich dort so lange um ihn kümmern, bis die Dinge hier geklärt sind.“

„Wir werden ihn erst abholen, wenn du entlassen bist.“ Peyton blieb in der Tür noch einmal stehen, drehte sich um und betrachtete Holly von Kopf bis Fuß. „Wie, zum Teufel, kann eine kleine Frau wie du so viele miese Kerle in dieser Gemeinde gegen sich aufbringen und mir nichts als Scherereien machen?“

Ehe Holly darauf etwas erwidern konnte, hatte er die Tür schon hinter sich geschlossen. Vermutlich sollte sie dankbar sein, dass er überhaupt gekommen war. Schließlich schuldete er ihr nichts. Nur weil sein Vater, der alte Senator Rand, mit ihrem Großvater gemeinsam zum Fischen gegangen war und ihre Brüder und Peyton befreundet gewesen waren, hieß das noch lange nicht, dass Peyton für Holly verantwortlich sein musste. Doch seit ihre Brüder Jake, Hank und Caleb einer nach dem anderen Crooked Oak verlassen hatten, war Peyton Hollys Schutzengel geworden, stets nur einen Anruf weit entfernt. Natürlich schäumte er jedes Mal vor Wut und drohte ihr an, dass er ihr zum allerletzten Male geholfen hätte.

„Komm, Holly, ich bringe dich wieder in die Zelle, bis Mr. Rand zurück ist.“ Wanda Simple, die zusammen mit Hollys Bruder Jake die Highschool absolviert hatte, war eine alte Bekannte von ihr.

„Was meinst du, ist Clayburn Proctor wohl einverstanden mit einer Kaution, damit ich heute noch hier rauskann?“, fragte Holly.

„Ach, du weißt, wie viel Richter Proctor von dir hält. Seit du seinem Enkel bei diesem Unfall das Leben gerettet hast, bist du für ihn die Größte.“ Wanda legte ihr die Hand auf den Rücken und führte sie durch den Gang zu den Gefängniszellen. „Außerdem, wer kann schon Peyton Rands Charme widerstehen?“

Holly hielt still, während Wanda ihr die Handschellen abnahm. „Ja, du hast recht. Peyton ist ebenso redegewandt wie sein Daddy es war. Er ist der geborene Politiker.“

„Warum hast du bloß noch nichts unternommen? Jeder hier weiß doch, dass du verrückt nach ihm bist. Und jeder weiß, dass er ständig so tut, als wäre er dein Ritter in schimmernder Rüstung.“

„Er hält mich bloß für eine Plage. Außerdem bin ich wohl kaum eine Frau nach seinem Geschmack, und noch weniger bin ich das, was er braucht.“ Holly trat in die Mitte der Zelle, breitete die Arme aus und drehte sich langsam im Kreis. „Sieh mich nur an. Ich bin ein Mädchen vom Lande. Was ich brauche, ist ein Mann mit Schwielen an den Händen und Staub an den Stiefeln, und keinen reichen Anwalt, der dazu noch Gouverneur werden will.“

„Du siehst aber gut aus.“ Wanda betrachtete Holly von oben bis unten. „Hm, du könntest dich vielleicht ein bisschen besser zurechtmachen, aber bei deinem Gesicht und deiner Figur dürfte das nicht allzu schwer sein. Und diese Unterschiede zwischen dir und Peyton Rand müssen nicht unbedingt bedeuten, dass ihr nicht zueinanderpasst. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an.“

„Wanda, ein Mann, der auf dem besten Weg ist, Gouverneur zu werden, wird wohl kaum eine Liebesaffäre mit einer Frau anfangen, die einen Abschleppdienst führt, nur das Vorstudium absolviert hat und im Übrigen ständig in Schwierigkeiten steckt, weil sie es nicht lassen kann, sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen.“

„Aber wenn du nicht bald etwas unternimmst, wirst du ihn wahrscheinlich für immer verlieren“, prophezeite Wanda düster. „Er trifft sich jetzt schon seit drei Monaten mit dieser Donna Fields. Du weißt, ihr Großvater war Gouverneur, und ihr Onkel ist Bundesrichter.“

„Donna Fields passt nun einmal besser zu ihm als ich. Sie würde die perfekte Ehefrau für ihn abgeben.“ Es fiel Holly schwer, das einzugestehen, aber es entsprach nun einmal der Wahrheit. Donna Fields war die Traumfrau für einen Politiker, Holly Bishop dagegen eher der Albtraum.

Peyton saß bequem in den Lederpolstern seines luxuriösen dunkelblauen Jaguars, während er in das Mobiltelefon sprach. Lässig schnippte er die Asche seiner Zigarre in den Aschenbecher.

„Sie hat sich noch nie zuvor in derartige Schwierigkeiten gebracht, Clayburn. Sie war davon überzeugt, das Richtige zu tun.“

„Ich weiß“, erwiderte Richter Clayburn Proctor. „Holly hat ein gutes Herz. Sie handelt lediglich immer wieder unüberlegt. Ich habe keinerlei Bedenken, für sie eine Kaution festzusetzen. Es wäre sinnlos, sie über Nacht im Gefängnis zu lassen. Aber um eine Anklage kommen wir nicht herum. Da Sheriff Lowell sie jedoch nur wegen tätlichen Angriffs belangen will, kann ich den Fall übernehmen, vorausgesetzt, sie bekennt sich schuldig. Es besteht kein Grund, die Sache vor ein Geschworenengericht zu bringen.“ Clayburn lachte. „Trotzdem wette ich, dass die Geschworenen sie freisprechen würden, wenn es so weit käme. Ich weiß, sie hat das Gesetz gebrochen, aber bei Gott, es war seit Langem fällig, dass irgendjemand etwas gegen Cliff Nolan unternimmt. Wenn nur seine Frau endlich Anzeige gegen ihn erstatten würde.“

„Danke für dein Verständnis, Clayburn.“ Peyton hatte keine Zweifel gehabt, dass der Richter alles tun würde, um Holly zu helfen. Tatsache war, dass es kaum jemanden im ganzen Bezirk gab, besonders in Crooked Oak, der sich nicht für Holly Bishop ins Zeug gelegt hätte. Beinahe jeder mochte sie. Er kannte niemanden, der so sehr um jede lebende Kreatur besorgt war, und wahrscheinlich war dies auch der Grund, warum er es bisher nicht geschafft hatte, die Verbindung zu ihr abzubrechen.

„Wer wird für Holly die Kaution stellen?“, wollte Clayburn wissen.

„Ich.“ Peyton lachte. „Sie hat mir versprochen, dass sie das Land nicht verlässt.“

„Nun, da du die Kaution stellst, würde ich sagen, eintausendsechshundertachtundsiebzig Dollar sind eine faire Summe. Meinst du nicht auch?“

Peyton zog an seiner Zigarre und blies einen Rauchring aus. Dieser gewiefte Bursche! Der Richter hatte eine merkwürdige Art von Humor. Wer hatte je von einer so seltsamen Kaution gehört? „Das ist eine ziemlich krumme Summe“, sagte er dann auch.

„Irgendwie fiel mir genau dieser Betrag ein. Anscheinend bringe ich eintausendsechshundertachtundsiebzig Dollar mit dir in Verbindung.“

„Könnte es nicht sein, dass es sich hierbei um exakt die Summe handelt, die du bei unseren netten kleinen Pokerrunden an mich verloren hast?“

„Wäre möglich.“

„Clayburn, du wirst das Geld nicht behalten können, denn Holly wird die Kaution nicht verfallen lassen.“

„Nicht absichtlich“, erwiderte der Richter gut gelaunt. „Aber wie ich sie kenne, fährt sie ohne nachzudenken mit ihrem Abschleppwagen über die Staatsgrenze, und schon verfällt die Kaution.“

Clayburn Proctor war ein listiger alter Fuchs, dem derartige Spielchen Freude bereiteten. „Das würdest du Holly nicht antun“, meinte Peyton.

„Vermutlich nicht“, gab Clayburn zu. „Wir erliegen wohl beide dem Charme dieses Mädchens, nicht wahr?“

„Du vielleicht, aber ich verdammt noch mal nicht!“ Peyton war noch nie einer Frau erlegen, und schon gar nicht Holly Bishop. Sie war einen Meter sechzig purer Ärger. Sie war eine Plage, seit er sie kannte. Schon als Kind war sie ihm und ihren Brüdern zum Fischen und Jagen nachgelaufen. Und als sie sechzehn wurde und für ihn zu schwärmen begann, hatte sie ihn fast zum Wahnsinn getrieben, bis er ihr schließlich deutlich machte, dass nie etwas zwischen ihnen sein würde.

„Protestiere nicht so heftig“, meinte Clayburn. „Sonst könnte man glatt denken, du hättest etwas zu verbergen.“

„Nochmals danke, dass du eine Kaution festgesetzt hast, egal, wie seltsam der Betrag ist“, lenkte Peyton schnell vom Thema ab. Er war nicht an Holly Bishop interessiert, vor allem nicht so, wie Clayburn es andeutete. Sie waren ja kaum miteinander befreundet. Er versuchte lediglich, ihren Brüdern zuliebe auf sie aufzupassen. Irgendjemand musste das ja tun. Mehr steckte absolut nicht dahinter.

Peyton stand in der Tür zum Büro des Tierheims, während er zusah, wie Holly mit der Leiterin Susan Williams an den Käfigen vorbeiging. Vor dem Käfig, in dem sich Salomon befand, blieben sie stehen. Aufgeregt und voller Freude sprang das riesige Tier an der Gittertür hoch.

Kaum hatte Susan den Käfig geöffnet, warf Salomon sich mit einem Satz auf Holly. Liebevoll umarmte sie ihn. „Hast du schon gedacht, du müsstest für immer hierbleiben?“ Ihre Stimme klang so sanft wie die einer Mutter, die zu ihrem Kind spricht. „Peyton und ich sind gekommen, um dich nach Hause zu holen. Aber du musst dich wirklich benehmen, denn wir fahren mit seinem Jaguar.“

Oh Schreck, daran hatte er gar nicht gedacht, als er sich so großzügig anbot, Holly und Salomon nach Hause zu fahren. Der Hund war so groß wie ein Pony. Peyton hätte sich die Haare raufen können. Warum hatte er sie nicht ein Taxi rufen lassen? Warum musste er sich wieder einmal selbst darum kümmern, dass sie wohlbehalten zu Hause ankam?

„Wo ist eigentlich dein Abschleppwagen?“, erkundigte sich Susan, als sie an Peyton vorbei wieder ins Büro gingen.

„Mike hat ihn bei den Nolans abgeholt und zurück zur Werkstatt gefahren. Wir wussten ja noch nicht, ob ich die Nacht im Gefängnis bleiben müsste.“ Lächelnd warf sie Peyton einen Blick zu. Dann wandte sie sich wieder an Susan. „Ich bin dir wirklich dankbar, dass du dich um meinen Hund gekümmert hast.“

„Das war doch das Mindeste, was wir für unsere beste freiwillige Helferin tun konnten“, erwiderte Susan. „Mr. Rand, wir sind froh, dass es Ihnen gelungen ist, Holly so schnell aus dem Gefängnis freizubekommen. Ich kann gar nicht glauben, dass sie vor Gericht gestellt wird, nur weil sie einen Jungen und dessen kleinen Hund beschützt hat.“

„Immerhin hat sie auf einen Mann geschossen.“ Peyton wusste, es war zwecklos, eine von Hollys Bewunderinnen auf ihr Vergehen hinzuweisen. „Ich bin aber überzeugt, dass Richter Proctor ein mildes Urteil fällen wird, sobald ich ihm die Beweislage klargemacht habe.“

„Das sollte er auch“, meinte Susan. „Ich wünschte nur, er könnte Loretta dazu bringen, Cliff Nolan mitsamt den Kindern zu verlassen. Denn falls sie es nicht tut, wird er sie eines Tages noch alle umbringen.“

„Wir sollten jetzt gehen“, drängte Peyton. „Ich habe mir zwar den ganzen Nachmittag freigenommen, aber ich habe heute Abend in Marshallton eine Verabredung zum Dinner.“

„Sicher.“ Holly umarmte Susan kurz. „Vielen Dank noch mal. Komm, Salomon.“

Gerade als sie alle das Büro verlassen wollten, klingelte das Telefon. Susan nahm den Hörer ab und gab den beiden mit Zeichen zu verstehen, dass sie ruhig schon vorgehen sollten. Doch noch bevor Holly und Peyton bei seinem Wagen angelangt waren, erschien Susan in der Tür und rief Holly zu: „Kannst du bitte noch einmal herkommen? Ich muss kurz mit dir sprechen. Es ist wichtig.“

Holly blickte Peyton fragend an. „Macht es dir was aus? Ich verspreche dir, mich zu beeilen.“

„Zwei Minuten“, erklärte er und sah auf seine Rolex.

„Bleib schön hier, Salomon“, befahl Holly und lief zurück zum Tierheim.

Peyton lehnte sich gegen sein Auto und versuchte sich ein wenig zu entspannen. Nach einer Weile langte er in seine Jackentasche, holte eine Sonnenbrille hervor und setzte sie auf. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust.

Er hatte für diese Verzögerung keine Zeit, egal, was der Grund dafür war. Seine Sekretärin hatte schon für den Nachmittag alle Termine absagen müssen, weil er nicht wusste, wie lange die erneute „Rettungsaktion“ für Holly dauern würde. Doch heute Abend war er mit Donna Fields zu einem Dinner beim Bürgermeister von Marshallton eingeladen. Bei dieser Gelegenheit wollte Peyton seinem alten Freund verraten, dass er beabsichtigte, bei der nächsten Wahl für das Amt des Gouverneurs zu kandidieren.

Peyton beobachtete Holly. Die Spätnachmittagssonne schien auf ihr schwarzes Haar, sodass es blauschwarz schimmerte. Sie trug die gelockten Haare beinahe jungenhaft kurz, doch an ihrem femininen Gesicht, den langen dichten Wimpern und den vollen pinkfarbenen Lippen war überhaupt nichts Jungenhaftes. Verdammt, warum hatte sie nicht mager und flachbrüstig bleiben können, so wie sie es mit sechzehn gewesen war, als sie ihm ihre unsterbliche Liebe gestand? Irgendwann zwischen ihrem sechzehnten und achtzehnten Lebensjahr war Holly Bishop aufgeblüht, und ihr Körper hatte sich an all den richtigen Stellen gerundet.

Peyton fiel auf, wie knapp die Jeans an ihren Hüften und Beinen saß. Sie trug ein ölverschmiertes kurzärmeliges Hemd, das nur hinten im Hosenbund steckte, und darunter ein ausgewaschenes gelbes T-Shirt, unter dem sich ihre vollen Brüste abzeichneten. Bei einer weniger ausgestatteten Frau hätte die Kleidung sicher männlich und schlampig gewirkt. An Holly jedoch wirkten diese Sachen ausgesprochen sexy. Und das war genau ihr Problem. Seit acht Jahren gafften die Männer sie an, obwohl sie sich wie ein Wildfang benahm. Sie hatte sich die Jungs aussuchen können und war mit jedem Tom, Hank, Dick und Harry der Gegend ausgegangen. Und mehr als einmal hatte sie sich gegen einen übereifrigen Verehrer zur Wehr setzen müssen. Holly schien Ärger geradezu anzuziehen.

Aber es waren nicht nur die Männer, die eine Abfuhr nicht akzeptieren wollten, es war Hollys ständige Einmischung in das Leben anderer. Peyton musste zugeben, dass sie eine gute Bürgerin war. In ihrer Freizeit arbeitete sie bei der freiwilligen Feuerwehr und im Tierheim. Aber leider siegte ihre engagierte Art zu oft über ihre Vernunft. Was das Beispiel Cliff Nolan bewies. Es gab allerdings noch genug andere Beispiele. Ihre Liebe zu den Tieren hatte ihr Ärger mit Lobo Smothers eingebracht, einem Farmer, der unter dem Verdacht stand, illegal zu jagen und Fallen aufzustellen. Holly hatte bereits alles Mögliche unternommen, um die Behörden zu unterstützen und Lobo Smothers ins Gefängnis zu bringen. Unnötig zu sagen, dass Holly und Lobo nicht gerade die besten Freunde waren. Dann waren da noch ihre endlosen Bemühungen, missbrauchte Frauen dazu zu bringen, ihre Ehemänner zu verlassen und ein neues Leben zu beginnen. Cliff Nolan war nicht der einzige Mann in Crooked Oak, der mit Holly noch ein Hühnchen zu rupfen hatte.

Was, um alles in der Welt, sollte er machen, falls er sich tatsächlich dazu entschloss, für das Amt des Gouverneurs zu kandidieren? Diese Frau würde sich niemals ändern, und sein Name in Verbindung mit einer ihrer wilden Heldentaten konnte seinem Image schaden.

Sein Image? Sein Vater hatte sich stets um das Image der Familie Rand gesorgt, und das war etwas, wofür er ihn verachtete. Würde er immer mehr seinem Vater, Senator Marshall Rand, ähnlich werden, falls er sich dazu entschloss, in die Politik zu gehen? Sein Vater war als einsamer unglücklicher Mann gestorben. Peyton wollte nicht so enden.

„Wir können fahren!“, rief Holly und kam auf ihn zu.

Er starrte ihr gedankenverloren entgegen, und erst als sie vor ihm stand, wurde ihm bewusst, dass sie etwas gesagt hatte. „Hast du mit Susan alles besprochen?“, erkundigte er sich.

„Oh … ja … es ging nur um das Tierheim.“ Sie öffnete die Beifahrertür, befahl Salomon einzusteigen und glitt ebenfalls auf den Sitz.

Die Art, wie sie ihm geantwortet hatte, gefiel Peyton nicht. Irgendetwas verheimlichte sie. Holly war so verdammt ehrlich, dass man es ihr immer ansehen konnte, wenn sie zu lügen versuchte. Pinkfarbene Punkte erschienen dann auf ihren Wangen. Peyton stieg in den Jaguar und startete den Motor. „Was habt ihr über das Tierheim besprochen?“

„Wie?“

„Was ist los, Holly?“ Er setzte rückwärts vom Parkplatz. „Wenn es sich um etwas dreht, was mir wieder Ärger einbringen wird, dann möchte ich es lieber gleich erfahren.“

„Wie kommst du darauf, dass es dich etwas anginge?“ Holly reckte das Kinn und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wenn es nichts ist, weswegen du Ärger bekommen könntest, warum erzählst du es mir dann nicht?“ Peyton lenkte den Wagen auf den Highway und streifte Holly mit einem kurzen Blick. Im gleichen Moment wünschte er, er hätte es nicht getan. Ihre verschränkten Arme hoben ihre vollen Brüste an und erinnerten ihn daran, wie weiblich sie war.

„Ein anonymer Anrufer hat Susan mitgeteilt, er besäße Informationen darüber, dass Lobo Smothers draußen in Kingsley Hill Fallen aufgestellt hat.“

Peyton stöhnte. „Halt dich da raus. Gib die Information an Lowell weiter und überlass ihm die Sache.“

„Das würde nichts nützen. Lobo Smothers scheint der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein.“

„Lowell Redman ist erst vor Kurzem zum Sheriff gewählt worden. Gib ihm eine Chance.“

„Das letzte Mal, als ich Informationen an das Büro des Sheriffs weitergegeben habe, fand man weder Fallen noch Lobo. Ich habe dir schon damals von meinem Verdacht erzählt, dass irgendein Spitzel für ihn arbeitet. Ich konnte zwar bis jetzt nicht herausfinden, wer das ist, aber das werde ich noch.“

„Halt dich von Lobo Smothers fern“, warnte Peyton. „Der Mann ist gefährlich.“

„Ein Grund mehr, weswegen er hinter Gitter gehört! Außerdem geht das Gerücht um, dass Lobo irgendwo in den Wäldern Marihuana anbaut. Wenn seine Tierquälerei nicht reicht, die Behörden auf Trab zu bringen, dann vielleicht sein Drogenhandel.“

„Was immer Lobo Smothers auch tut, überlass es der Polizei! Verdammt, du hast schon genug Ärger! In ein oder zwei Wochen wirst du dich vor Gericht verantworten müssen, weil du auf einen Mann mit Vogelschrot geschossen hast. Dir ist wohl klar, dass du dafür im Gefängnis landen würdest, wenn Lowell Redman nicht mein Freund wäre und Clayburn Proctor dich nicht für eine Heilige hielte, seit du seinem Enkelsohn das Leben gerettet hast.“

„Ich wollte nur den Jungen und seinen Hund vor diesem gewalttätigen Ungeheuer Nolan beschützen.“ Salomon knurrte, als wollte er seinem Frauchen zustimmen.

„Holly, seit Jahren boxe ich dich nun schon aus Schwierigkeiten heraus, und allmählich habe ich es satt. Ich habe versucht, dir Vernunft einzureden, aber du weigerst dich, mir zuzuhören.“

„Du brauchst deine kostbare Zeit nicht mehr für mich zu verschwenden“, erwiderte sie, ohne Peyton dabei anzusehen. „Du kannst mich und Salomon an der Werkstatt aussteigen lassen.“

„Schön. Ich komme wahrscheinlich ohnehin schon zu spät.“

„Das ist sicher schrecklich, oder? Du willst Donna Fields bestimmt nicht warten lassen.“

„Nein, das will ich nicht. Frauen wie Donna sind ein gewisses Benehmen von Männern gewohnt. Pünktlichkeit zum Beispiel.“

„Frauen wie Donna?“, wiederholte Holly, und diesmal sah sie ihn an. „Eine Frau, deren Großvater Gouverneur war und deren Onkel ein Bundesrichter ist? Eine Professorin mit blauem Blut in den Adern? Junge, Junge, so eine Lady kann viel für einen Mann mit politischen Ambitionen tun. Überleg nur einmal, was für eine Ehefrau sie für jemanden abgibt, der die Hauptstadt dieses Bundesstaates im Visier hat.“

Peyton warf Holly einen verstohlenen Seitenblick zu. Er wusste, dass sie ihn in einen Streit verwickeln wollte. Sie deutete an, dass sein einziges Interesse an Donna ihre Nützlichkeit für seine Karriere war. Womöglich hatte sie recht, und er wurde wie sein Vater und heiratete eine Frau nur deshalb, weil sie und ihre Familie ihm politisch helfen konnten. Doch schnell verdrängte er diesen Gedanken.

„Donna ist eine besondere Frau. Ich muss sie dir unbedingt einmal vorstellen.“ Peyton bog vom Highway ab und fuhr auf den Parkplatz vor Hollys Werkstatt und Abschleppdienst. Beides leitete sie gemeinsam mit Mike Hanley und dessen Schwester, Sheila Vance.

„Erspare es mir“, entgegnete Holly und öffnete die Wagentür, kaum dass Peyton angehalten hatte. „Ich bezweifle, dass Donna Fields und ich etwas gemeinsam haben.“

Peyton schmunzelte bei der Vorstellung, Donna und Holly miteinander bekannt zu machen. Das Komische war, dass er das Gefühl hatte, die beiden Frauen würden sich gut miteinander verstehen. „Du solltest nicht vorschnell über sie urteilen. Sie ist kein Snob.“

Holly stieg aus dem Jaguar und rief Salomon, ihr zu folgen. „Viel Spaß mit Donna heute Abend, und mach dir meinetwegen keine Sorgen. Es gibt keinen Grund, weswegen du dich vor der Verhandlung noch einmal mit mir abgeben müsstest.“

„Ich hoffe, du hast recht“, erwiderte Peyton. „Ich rufe dich an, sobald Proctor mir den Termin für die Verhandlung mitgeteilt hat.“

„Gut.“ Holly ließ die Tür offen und ging davon. Dann blieb sie stehen und drehte sie sich noch einmal um. „Ich, äh … nun, danke, Peyton.“

„Holly?“

„Ja?“ Sie kam zum Wagen zurück.

„Überlass Lowell Redman die Geschichte mit Lobo Smothers.“

„Ja, in Ordnung.“

„Ich meine es ernst. Halt dich von allem Ärger fern.“

„Ich werde es versuchen.“ Sie warf die Beifahrertür zu.

Peyton wartete, bis Salomon und Holly in der Werkstatt verschwunden waren, ehe er in Richtung Jackson davonfuhr. Irgendetwas gab ihm das Gefühl, dass er Holly noch vor der Gerichtsverhandlung wiedersehen würde. Wenn sie wirklich zwei Wochen lang nicht in Schwierigkeiten geriete, wäre das ein kleines Wunder.

2. KAPITEL

Peyton half Donna auf ihren Platz zu seiner Rechten, während sich sein Bruder Spence mit Pattie zu seiner Linken setzte. Seit sein Bruder die verwitwete Pattie Cornell geheiratet hatte und dadurch gleichzeitig Stiefvater von zwei Teenagern geworden war, nahm Peyton seine Rolle als Onkel sehr ernst. J. J., Spence’ Stiefsohn, spielte im Baseballteam der Marshallton Highschool, und Peyton versuchte so oft wie möglich, bei den Spielen dabei zu sein. Dieses Mal hatte er Donna eingeladen, ihn ins Stadion zu begleiten.

In den vergangenen zehn Jahren, in denen Peyton sich eine erfolgreiche Anwaltskanzlei aufgebaut hatte, kannte er so gut wie keine Freizeit oder Privatleben. Hin und wieder war er zwar mit Frauen ausgegangen, hatte sich aber nie auf eine ernstere Beziehung eingelassen. Auch war ihm noch keine Frau begegnet, die sich mit der wenigen Zeit, die er für eine Beziehung aufbringen konnte, zufriedengegeben hätte.

Vor einigen Monaten hatte er Donna bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung kennengelernt. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen, und als er sie bat, mit ihm auszugehen, hatte sie zugestimmt. Es schien ihr nichts auszumachen, dass er sich völlig seiner Karriere widmete. Sie unterrichtete Geschichte am örtlichen College und ging ganz in ihrem Beruf auf. Obwohl die meisten Leute in Tennessee sie bereits als Paar sahen, betrachteten sie beide sich als gute Freunde. Keiner von ihnen hatte es eilig, sich auf etwas Ernsteres einzulassen.

Spence stieß ihn in die Rippen. „Wollt ihr beide auch etwas vom Imbissstand?“

Pattie beugte sich zu Peyton herüber und berührte seinen Arm. „Geht ihr Männer mal allein das Essen holen, dann können Donna und ich uns besser miteinander bekannt machen.“

Obwohl Peyton wusste, dass Pattie Donna nur aushorchen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als aufzustehen und sich seinem Bruder anzuschließen. Die Schlangen vor dem Imbiss waren lang. Zweifellos hatten die meisten Baseballfans beschlossen, heute im Stadion zu Abend zu essen. Der Duft von Hamburgern und Pommes frites mischte sich mit dem von Hotdogs, Zuckerwatte und gerösteten Erdnüssen.

Peyton sah über die Vielzahl von Baseballfeldern, die es in diesem Teil der Anlage gab, und ließ dann den Blick über die riesige Parkplatzfläche, die Tennisplätze und das Freibad schweifen.

„Spielst du immer noch mit dem Gedanken, als Gouverneur zu kandidieren?“, erkundigte sich Spence.

„Hältst du es für einen Fehler?“ Peyton rückte ein paar Schritte vor, da die Schlange vor ihnen kleiner geworden war.

„Ich glaube nur, dass du riskierst, in die Fußstapfen unseres Alten Herrn zu treten“, meinte Spence und sah auf die Bestellliste, die Pattie ihm mitgegeben hatte.

„Ich würde nicht zu der Sorte Politiker gehören, wie er es gewesen ist.“ Peyton schaute sich um, ob irgendjemand ihrer Unterhaltung zuhörte. Dann senkte er die Stimme und fügte hinzu: „Ich möchte etwas verändern für die Menschen in diesem Staat. Es gibt so vieles zu tun, und ich denke, dass ich einiges bewirken kann.“

„Du bist ein kluger Mann und außerdem ein sehr ehrlicher …“ Spence grinste und fügte hinzu: „… für einen Anwalt.“

„Vorsicht, kleiner Bruder, die Bemerkung nehme ich dir übel.“

„Die Politik kann einen Mann verändern. Plötzlich fängt er an, sich mehr um sein Image zu sorgen als um die Menschen, die ihn gewählt haben. Marshall Rand hat immer nur das getan, was für ihn nützlich war. Du bist ein besserer Mensch, als Vater es war, aber du bist ihm auch sehr ähnlich. Du siehst aus wie er, du redest wie er … du hast wirklich seine Begabung für Worte geerbt. Zum Teufel, du hast sogar diese schlechte Angewohnheit, Zigarren zu rauchen.“

„Ich habe es bereits eingeschränkt, also hack nicht darauf herum. Holly macht mir wegen der Zigarren das Leben schon schwer genug.“

„Na, das wäre eine Frau für einen Politiker“, meinte Spence und lachte. „Wann wird sie sich dafür, dass sie auf Cliff Nolan geschossen hat, vor Gericht verantworten müssen?“

„Es ist erst drei Tage her, und schon scheint es jeder zu wissen.“ Peyton war jedoch nicht überrascht. Neuigkeiten sprachen sich in Kleinstädten, wo jeder jeden kannte, schnell herum. „Clayburn Proctor wird ihren Fall für nächste Woche auf seine Liste setzen. Er legt sich mächtig ins Zeug, um im Rahmen der legalen Möglichkeiten fair zu Holly zu sein.“

„Sie hat uns erzählt, was passiert ist. Pattie und ich sind ihr gestern am Baseballplatz begegnet.“ Spence blickte sich in der Menge um. „Sie wird heute wahrscheinlich auch hier sein. Sie kommt mit Sheila Vance zu allen Spielen, wenn ihre Jungs dabei sind.“

Peyton stöhnte auf. „Auch das noch! Vor dieser Frau habe ich nie Ruhe.“

„Ich habe nicht das kleinste bisschen Mitleid mit dir. Niemand zwingt dich, ihr ständig zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten steckt.“

„Du weißt, dass ich ihren Brüdern versprochen hatte, ein Auge auf sie zu haben. Hätte ich da nur geahnt, dass sie einem das Leben so schwer machen kann. Ich dachte, es würde besser werden, wenn sie älter ist, aber es wird nur noch schlimmer.“

„Vermutlich gibt es eine Menge Männer, die gern an deiner Stelle wären“, bemerkte Spence.

„Was soll das heißen?“

„Ich spreche von der Tatsache, dass sich unter diesem ölverschmierten Jeanszeug eine kluge, sensible und hübsche Frau verbirgt. Du scheinst zu den wenigen Männern zu gehören, die noch nicht mitbekommen haben, was für eine sexy Frau Holly in Wirklichkeit ist. Ich frage mich bloß, weshalb.“

Peyton ging nicht auf diese Äußerung seines Bruders ein, denn dazu hätte er sich tiefere Gedanken über sein Verhältnis zu Holly machen müssen, und das wollte er nicht. Seine Gefühle waren viel zu gemischt, wenn es um diese Frau ging. Ein Teil von ihm wünschte, sie möge einfach aus seinem Leben verschwinden. Doch ein anderer Teil von ihm konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen – ohne an sie zu denken, sich Sorgen um sie zu machen, sich um sie zu kümmern … sie zu begehren.

Der Kunde vor ihnen zahlte, sodass sie jetzt an der Reihe waren. Spence gab seine Bestellung auf und winkte dann jemandem zu. Peyton folgte dem Blick seines Bruders, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Holly Bishop kam mit einem vollen Tablett freundlich lächelnd auf sie zu. Salomon, die Dogge, lief neben ihr her, ebenso Mike Hanley, ihr muskelbepackter Geschäftspartner.

„Hallo“, begrüßte Holly Peyton. „Bist du hier, um J. Js Spiel zu sehen?“

„Ja. Donna und ich sind mit Spence und Pattie gekommen.“ Peyton wusste nicht genau, weshalb er Holly mitteilen wollte, dass Donna mit ihm hier war. Vielleicht weil Mike so dicht bei ihr stand, als würde er einen Anspruch auf Holly erheben.

„Dannys Spiel wird bald vorbei sein. Vielleicht komme ich nachher zu euch und sehe mir den Rest des Spiels der Collegemannschaft an.“ Als Peyton darauf nichts erwiderte, wandte sie sich an Spence. „Eric Miller ist hier, und er ist betrunken. Ich habe schon daran gedacht, Sheriff Lowell anzurufen, damit er einen Deputy-Sheriff schickt, aber er würde mir nur sagen, dass er Miller nicht verhaften kann, ehe er nicht etwas anstellt.“

„Ich wünschte, dieser Kerl würde zu Hause bleiben, wenn er trinkt. Es ist einfach peinlich für Tony“, sagte Spence, holte seine Brieftasche hervor und zählte einige Scheine auf den Tresen, um zu bezahlen. „Falls er dir irgendwelchen Ärger macht, lass es mich wissen.“

„Ich kann mich um Miller kümmern, wenn er Holly belästigt“, mischte sich Mike ein und legte den Arm um sie.

„Wer ist dieser Eric Miller? Wovon sprecht ihr überhaupt?“, meldete sich Peyton zu Wort und nahm sein Tablett mit dem Essen entgegen, ohne jedoch Holly aus den Augen zu lassen.

„Millers Sohn Tony spielt im selben Team wie J. J.“, erklärte sie. „Meistens taucht er voll wie eine Strandhaubitze bei den Spielen auf. Er beleidigt den Schiedsrichter, beschimpft die Spieler und bereitet seinem Sohn Probleme. Beim ersten Spiel in dieser Saison hat Miller einen solchen Aufstand gemacht, dass er die Nacht im Gefängnis verbringen musste.“

„Ja, und seit er herausfand, dass Holly es war, die die Polizei alarmierte, lässt er sie nicht mehr in Ruhe“, berichtete Mike.

„Was soll das heißen, er lässt sie nicht in Ruhe?“, wollte Peyton wissen.

„Nun, es scheint, als sei Miller scharf auf unsere Holly“, verriet Spence. „Er akzeptiert einfach kein Nein.“

„Warum hast du mir nichts von diesem Miller erzählt?“, fragte Peyton Holly verärgert.

„Es gab keinen Grund, dich damit auch noch zu behelligen“, erwiderte sie. „Salomon ist Abschreckung genug.“

„Kannst du diesem Kerl nicht aus dem Weg gehen?“, setzte Peyton nach. „Du könntest diesen Baseballspielen fernbleiben. Du gehörst schließlich nicht zu den Eltern.“

„Du ebenfalls nicht! Außerdem werde ich mich von Typen wie Eric Miller nicht davon abhalten lassen, das zu tun, was ich tun will!“

„Bei diesem Spiel, als du Lowell gerufen hast, hättest du dich heraushalten und die Angelegenheit den Vätern der Jungen überlassen sollen.“

„Die waren zu sehr damit beschäftigt, Miller vom Spielfeld zu bekommen“, verteidigte sich Holly. „Sie hatten alle Hände voll zu tun, weil der Kerl über einen Meter achtzig groß ist und bestimmt über zwei Zentner wiegt.“

Peyton holte tief Luft und seufzte hörbar auf. „Das Essen wird kalt, wenn wir nicht langsam zu Pattie und Donna zurückgehen“, sagte er zu Spence und fragte sich, weshalb er sich überhaupt die Mühe machte, Holly zur Vernunft zu bringen. Stets hatte sie eine Erklärung für alles was sie tat, gleichgültig, welche Folgen es nach sich zog.

„Ja, du hast recht“, erwiderte Spence und wandte sich wieder Holly zu. „Ich werde die Augen nach Miller offen halten. Komm rüber zu uns, wenn das Spiel der Jugend-Liga vorbei ist. Ich stelle dir Peytons Freundin vor.“

„Ich werde kommen“, versprach Holly, reckte das Kinn und lächelte Peyton freundlich an, um ihm zu verstehen zu geben, dass es ihr völlig gleich war, in wessen Begleitung er sich hier befand.

Auf dem Weg zurück zu ihren Plätzen fluchte Peyton halblaut vor sich hin.

„Was ist los, großer Bruder?“, erkundigte sich Spence. „Meinst du nicht, es wird langsam Zeit, die beiden Frauen in deinem Leben miteinander bekannt zu machen?“

„Die beiden Frauen in meinem … Holly Bishop gehört nicht zu den Frauen in meinem Leben. Sie ist eine Plage. Ein Ärgernis. Jedenfalls gehört sie bestimmt nicht zu den Frauen in meinem Leben.“

„Na sicher, wenn du meinst.“ Spence grinste von einem Ohr zum anderen.

Fünfunddreißig Minuten später wartete Holly mit Sheila Vance darauf, dass Dannys Trainer die letzten Anweisungen und den Termin für das nächste Training der Jugend-Liga bekannt gab. Die kühle Frühlingsbrise erinnerte die beiden Frauen daran, dass der Sommer noch zwei Monate entfernt war. Holly schloss den Reißverschluss ihrer Jacke.

„Wirst du noch zum Spiel der Collegemannschaft gehen, um Donna Field kennenzulernen?“, fragte Sheila. „Ich glaube, Mike hatte gehofft, du würdest mit uns nach Hause kommen.“

„Seit Mikes Scheidung hat er die verrückte Vorstellung, wir beide könnten ein tolles Paar abgeben. Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass wir nie mehr als Freunde und Geschäftspartner sein können.“ Holly fuhr sich durch das kurze windzerzauste Haar und strich sich ein paar lockige Strähnen aus der Stirn.

„Gib ihm Zeit, und er wird es schon begreifen.“ Sheila knöpfte ihre beige Strickjacke zu. „Selbst wenn Mike nicht der Richtige für dich ist, wünschte ich doch, jemand käme und würde dich davon überzeugen, dass es außer Peyton Rand noch andere Männer auf der Welt gibt.“

„Ich weiß, dass er nicht der einzige Mann auf der Welt ist. Es ist nur so, dass … Nun, er war der Erste, in den ich mich verliebt habe, und seitdem hat es niemanden mehr gegeben.“

Sheila schüttelte den Kopf. „Ich verstehe dich nicht. Wenn du Peyton willst, warum bemühst du dich dann nicht um ihn? Setz deinen weiblichen Charme ein.“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn will.“ Holly scharrte mit der Schuhspitze auf dem Boden. „Außerdem bezweifle ich, dass ich weiblichen Charme besitze. Ich bin mit drei Brüdern bei meinem Großvater aufgewachsen, daher habe ich nichts über das Weiblichsein gelernt.“

„Du brauchst doch nicht zu lernen, wie eine Frau zu sein hat! Du bist es einfach. Und glaub mir, du bist sehr weiblich. Alles, was du zu tun brauchst, ist Peyton Rand zu zeigen, dass du mehr Weiblichkeit besitzt, als Donna Fields je haben wird.“

„Und wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen?“, wollte Holly wissen.

„Zuerst gib zu, dass du Peyton Rand willst“, forderte Sheila sie auf.

„Ich will ihn nicht!“ Als Sheila sie skeptisch musterte, schüttelte Holly den Kopf und erklärte: „Ich kann ihn nicht wollen. Er ist nicht der Richtige für mich, und ich wäre die Falsche für ihn. Du weißt doch, dass er als Gouverneur kandidieren will. Er braucht eine Frau wie Donna Fields, jemanden, der weltgewandt und gebildet ist. Jemanden mit der richtigen Herkunft.“

„Stell dein Licht nicht unter den Scheffel“, mahnte Sheila.

„Das tue ich nicht“, verteidigte Holly sich. „Ich weiß, dass ich klug bin und hart arbeite und viele Freunde habe, aber ich kenne ebenso gut meine Unzulänglichkeiten. Peyton und ich passen einfach nicht zusammen.“

Mike, der am Zaun auf Danny gewartet hatte, kam mit dem Jungen zu Sheila und Holly. „Bereit zum Aufbruch, Ladies?“, erkundigte er sich.

„Holly bleibt noch hier, um sich den Rest des College-Spiels anzusehen“, teilte Sheila ihm mit und legte den Arm um ihren Sohn. „Ich muss auf jeden Fall nach Hause, damit Danny in die Wanne und anschließend ins Bett kommt.“

„Willst du wirklich noch bleiben?“, fragte Mike Holly.

„Ja“, bestätigte sie. „Ich habe so viel von Donna Fields gehört, dass ich sie endlich einmal kennenlernen möchte.“

Mike zuckte die Schultern, wandte sich um und ging mit Danny und Sheila, die Holly noch nachwinkten, davon.

Sie wartete ein paar Minuten, um all ihren Mut zusammenzunehmen, dann ging sie zu dem Spielfeld hinüber, wo das Spiel der Collegemannschaften ausgetragen wurde. Sofort entdeckte sie unter den Zuschauern Peyton neben einer attraktiven Rothaarigen in einem rostroten Ledermantel.

Holly blieb in einiger Entfernung stehen und beobachtete abwechselnd das Spiel und die beiden. Peyton saß in einer entspannten, halb liegenden Position auf seinem Sitz. Holly verfluchte ihre dumme Schwäche, als ihr Herz schneller zu klopfen begann. Allein der bloße Anblick von Peyton erregte sie. Warum musste ausgerechnet der unpassendste Mann von allen Männern, die sie kannte, dieses Herzklopfen bei ihr auslösen?

Doch weil sie als Paar nicht infrage kamen, hieß es noch lange nicht, dass Donna Fields die richtige Frau für ihn war. Es schadete sicher nichts, wenn sie zu ihnen hinging und Donna einmal näher in Augenschein nahm. Sie konnte sich kaum als gute Freundin betrachten, wenn sie es zuließ, dass irgendeine Frau daherkam und ihr den Mann wegschnappte, von dem sie stets gehofft hatte, er würde einmal ihr gehören.

Holly holte tief Luft und ging zu dem freien Platz in der Reihe direkt unterhalb von Peyton und Donna. Sie begrüßte Spence und Pattie mit einem Kopfnicken und setzte sich, während Salomon sich in den Gang legte.

Dann drehte sie sich nach Peyton um. Als er nicht reagierte, sah sie hinüber zur Anzeigetafel. „Marshallton liegt schon zwei Punkte zurück. J. J. muss unbedingt noch einen Home Run schaffen, so wie im Spiel am letzten Samstag“, sagte sie laut.

„Ich weiß nicht, ob er sich noch mit uns abgibt, wenn er einen weiteren Home Run schafft“, erklärte Pattie. „Es war ihm tagelang zu Kopf gestiegen.“

„Der Junge hat allen Grund, stolz zu sein. Er ist schließlich ein verdammt guter Spieler. Einer der besten von Marshallton“, entgegnete Spence.

„So spricht der stolze Stiefvater“, mischte Peyton sich in das Gespräch ein, wobei er sich vorzustellen versuchte, wie es wäre, Kinder zu haben, selbst Stiefkinder, zu denen man eine enge Beziehung hatte. In den vergangenen Jahren hatte er schon öfter über die Ehe und Kinder nachgedacht. Schließlich wurde er nicht jünger, und einem Politiker konnte es nicht schaden, eine Familie zu haben.

Holly drehte sich wieder um und betrachtete Donna Fields. „Hallo, ich bin Holly Bishop, eine alte Freundin von Peyton und Spence.“

Donnas große braune Augen weiteten sich. „Ah, Sie sind also Peytons kleine Holly.“

Holly war nicht sicher, was die andere Frau damit meinte. Offenbar wusste Miss Fields mehr über sie als sie von ihr. „Wie meinen Sie …“

„Ich musste deinetwegen schon mehr als einmal eine Verabredung mit Donna absagen“, klärte Peyton sie auf und legte einen Arm um Donnas Schultern. „Sie war allerdings immer sehr verständnisvoll.“

„Wie … wunderbar von ihr.“ Holly starrte die rothaarige Schönheit an, die ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. In ihrem Ausdruck lag nicht die geringste Feindseligkeit.

„Sie sind genauso, wie Peyton Sie mir beschrieben hat“, verkündete Donna. „Aber er hat mir verheimlicht, wie hübsch Sie sind.“

Warum macht diese Frau mir Komplimente? fragte Holly sich. Sie war entschlossen gewesen, Donna Fields nicht zu mögen, und nun war sie so freundlich und nett zu ihr. Holly wollte sie gern hassen, aber ihr wurde klar, dass das unmöglich sein würde. „Danke“, erwiderte sie. „Ich fürchte, Peyton hat mir über Sie gar nichts erzählt, aber ich habe bereits meine eigenen Schlüsse gezogen. Sie sind ganz und gar nicht so, wie ich erwartet habe.“

„Was haben Sie denn erwartet?“, erkundigte sich Donna.

„Holly …“, warnte Peyton und kniff die Augen zusammen.

„Oh, beruhige dich. Ich werde nichts von mir geben, was dich in Verlegenheit bringen könnte. Ich mag sie nämlich.“ Holly streckte Donna die Hand entgegen. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Miss Fields.“

Donna nahm die freundliche Begrüßung an und schüttelte Holly die Hand. „Ganz meinerseits. Und bitte, nennen Sie mich Donna. Ich habe das Gefühl, dass wir beide Freundinnen werden könnten.“

„Ja, das habe ich auch.“ In einem kurzen Moment von weiblicher Eingebung wusste Holly, dass Donna Peyton nicht liebte. Die Art, wie sie seinen Arm berührte und mit Peyton sprach, hatte nichts mit Liebe zu tun.

Peyton gefiel diese neue Wendung der Dinge nicht. Sein Instinkt hatte ihm verraten, dass die beiden Frauen sich verstehen würden, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell ginge. Beide Frauen hatten Vorzüge, die sie beliebt machten, und er musste zugeben, dass Donnas Freundlichkeit, ihre Sorge für andere und ihr warmes freundliches Wesen ihn an Holly erinnerten. Doch hier endeten die Gemeinsamkeiten auch schon. Donna wäre für jeden Mann eine Bereicherung; Holly hingegen konnte einen Mann zum Wahnsinn treiben.

Während das Spiel weiterlief, unterhielten Donna und Holly sich über verschiedene Themen, doch irgendwie kam das Gespräch immer wieder auf Peyton. Er schien sich dessen bewusst zu sein. Von Zeit zu Zeit mischte Pattie sich in die Unterhaltung, aber der Hauptteil ihrer Aufmerksamkeit war auf ihren Sohn gerichtet, den Werfer der Mannschaft.

Am Ende des sechsten Durchgangs stand es fünf zu fünf, und Tony Miller war am Abschlag. Nachdem der Schiedsrichter den dritten Fehlschlag anzeigte, kletterte Eric Miller über die Absperrung und schrie ihm eine rüde Beleidigung zu.

„Ich wünschte, dieser Kerl würde zu Hause bleiben“, bemerkte Pattie.

Peyton sah sich diesen Miller genauer an. Er hatte etwa die gleiche Größe wie er, doch übertraf dieser ihn an Gewicht um etliche Pfund, die hauptsächlich auf seinen enormen Bierbauch verteilt waren. Der bloße Gedanke daran, dass dieser rüpelhafte Betrunkene Holly belästigte, machte Peyton rasend vor Wut. Falls dieser Kerl sie jemals anrühren sollte …

Holly erhob sich und streckte den steifen Rücken. „Ich muss zur Toilette. Kommt jemand mit?“ Sie sah erst Pattie, dann Donna an.

„Ja“, meinte Pattie und erhob sich schnell. Donna jedoch schüttelte den Kopf. Als die beiden Frauen gingen, folgte Salomon ihnen.

„Ich möchte wissen, warum sie mich ‚Peytons kleine Holly‘ genannt hat“, sagte Holly, als sie außer Hörweite waren.

„Was?“, fragte Pattie.

Holly winkte und sprach kurz mit einigen Leuten, die ihnen auf dem Weg zu den Toiletten begegneten. „Ich frage mich, weshalb Donna Fields mich als ‚Peytons kleine Holly‘ bezeichnet hat“, wiederholte sie.

„Ich nehme an, sie hat es einfach so dahergesagt. Peyton schien nicht sehr begeistert, als du plötzlich aufkreuztest.“

„Ich habe fast das Gefühl, dass Peyton mich nicht mehr sehen will“, erwiderte Holly und hielt Pattie die Tür zur Damentoilette auf. „Bleib schön hier“, befahl sie Salomon.

„Glaube ich nicht, denn er spricht die ganze Zeit nur von dir“, berichtete Pattie, während sie in der Schlange vor den Kabinen warteten.

„Ja, aber nur, weil er wahrscheinlich allen erzählt, was für eine Plage ich bin, und dass er mich ständig aus Schwierigkeiten herausholen muss.“

„Ich glaube, Spence und ich wissen immer alles über dich. Du bist Peytons bevorzugtes Thema, und das Seltsame ist, dass er es selbst nicht einmal merkt.“

„Hast du es nicht allmählich satt, ihn dauernd von mir reden zu hören?“, forschte Holly.

„Die Frage müsste lauten, ob Donna Fields es nach drei Monaten nicht langsam satthat, dauernd von dir zu hören“, gab Pattie zurück.

„Was meinst du, warum er ihr von mir erzählt?“, wollte Holly wissen.

Pattie lächelte. „Würde Donna glauben, dass sie und Peyton eine gemeinsame Zukunft haben, hätte sie allen Grund, eifersüchtig auf dich zu sein. Aber das ist sie nicht. Ist dir das nicht aufgefallen?“

Bevor Holly etwas darauf erwidern konnte, wurden zwei Kabinen frei. Als die beiden Frauen zurückkamen und sich die Hände wuschen, war der Toilettenraum bis auf Holly und Pattie leer. „Sie liebt Peyton nicht, oder?“, fragte Holly und trocknete sich die Hände ab.

„Donna hat mir erzählt, dass sie ihn für einen wundervollen Mann hält und gern mit ihm zusammen ist“, erzählte Pattie und rieb die Hände unter dem Trockner. „Aber ich glaube nicht, dass sie ihn liebt. Sie ist Witwe, und ich nehme an, sie empfindet noch immer für ihren toten Ehemann.“

„Glaubst du, dass Peyton sie liebt?“

„Nein.“

„Aber warum … ich meine … nun …“

„Warum die beiden miteinander ausgehen?“ Pattie seufzte. „Peyton ist jetzt sechsunddreißig und will für das Amt des Gouverneurs kandidieren, daher ist es nur natürlich, dass er über eine Ehefrau nachdenkt. Ihm ist nur noch nicht klar geworden, dass er und Donna zwar gute Freunde sind, aber ein schlechtes Paar abgeben würden.“

„Dann sind Peyton und Donna also nicht … ich meine …“

„Donna Fields ist keine Konkurrenz für dich“, beruhigte Pattie sie.

„Wie bitte? Falls du denkst, ich sei an Peyton interessiert, dann …“

„Du brauchst mir nichts vorzumachen“, beruhigte Pattie sie und öffnete die Tür.

Draußen gab Holly Salomon ein Zeichen, ihr zu folgen. „Ich wollte Peyton, seit ich sechzehn wurde und begriff, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Aber ich wäre die schlechteste Frau der Welt für ihn. Er hat mir selbst gesagt, dass ich nichts als Ärger für ihn bedeute.“

„Da bin ich mir nicht so sicher“, entgegnete Pattie. „Okay, wenn ich daran denke, was Peyton mir alles über dich erzählt hat, muss ich zugeben, dass du wohl eine Belastung für einen Politiker bist. Aber andererseits bist du in einigen sehr populären Angelegenheiten die Hauptfigur, und die Leute scheinen dich zu mögen.“

„Ich kann’s nicht glauben“, sagte Holly und blieb plötzlich stehen. „Ich hatte mich so sehr davor gefürchtet, Donna zu begegnen, weil ich wusste, dass sie all das ist, was ich nicht bin. Ich hatte erwartet, sie zu hassen, weil ich sie für die ideale Frau für Peyton und außerdem hochnäsig hielt. Aber ich mag sie, und nun erzählst du mir, sie sei keine Konkurrenz für mich, und dass sie und Peyton kein Liebespaar sind, und …“

„Du meinst, ich versuche dich davon zu überzeugen, dass du die richtige Frau für Peyton bist?“

„Schscht, Pattie, sag das nicht so laut!“

„Warum nicht?“

„Weil es nicht stimmt“, beharrte Holly. „Jetzt, wo ich Donna kennengelernt habe, weiß ich, dass sie im Gegensatz zu mir perfekt ist für einen Mann wie Peyton.“

„Da gibt es nur ein Problem. Peyton und Donna lieben sich nicht. Sie mag für einen Mann wie Peyton perfekt sein, aber nicht für ihn.“

„Peyton und ich sind wie Feuer und Wasser“, erwiderte Holly. „Oh nein!“, entfuhr es ihr, denn sie hatte plötzlich Eric Miller erblickt, der für einen übergewichtigen Mann ziemlich schnell mit schwankenden Schritten auf sie zukam.

„Was ist los?“, wollte Pattie wissen, gerade als Miller Holly anstieß und sie kurz zum Taumeln brachte.

„He, sexy Lady! Hast du Lust auf einen Drink mit in meinen Wagen zu kommen?“ Wieder schwankte er, und sein Atem stank nach Alkohol.

„Ich glaube, Sie haben einen zu viel getrunken“, wehrte Holly ab.

Miller legte ihr einen Arm um die Hüften und zog sie an sich. „Ich weiß nicht, warum du mich immer abweist. Du hast doch schließlich keinen Mann.“

Sie versuchte sich loszumachen. „Lassen Sie mich gehen, Sie verdammter Idiot! Salomon beißt Ihnen die Kehle durch, wenn ich es ihm befehle!“

Wie auf Kommando begann Salomon zu knurren und fletschte die Zähne. Sein Nackenfell sträubte sich.

„Ich hab’ doch keine Angst vor ’nem Hund. Ich könnte ihm das Genick brechen“, tönte Miller.

„Ich werde Peyton und Spence holen“, kündigte Pattie an und lief eilig davon.

„Nein, nicht!“, rief Holly ihr nach, aber Pattie hörte nicht mehr. „Eric Miller, Sie sind eine Gefahr für die Gesellschaft!“

„Du wirst diesen Hund nicht auf mich hetzen, und wir beide wissen es.“ Miller drückte Holly so heftig, dass sie aufschrie. „Wenn du meine Süße sein willst, sollte dir die grobe Tour ein bisschen mehr Spaß machen.“

Holly bekam kaum Luft und zählte bis zehn. Wenn sie ihn nur dazu bringen könnte, seinen Griff zu lockern, wäre sie in der Lage, ihm das Knie in den Unterleib zu rammen. Er hatte recht, sie wollte Salomon nicht auf ihn hetzen. Doch wenn es ihr nicht gelang, sich zu befreien, blieb ihr keine andere Wahl.

„Hören Sie zu, Sie Neandertaler, wenn Sie mich nicht loslassen, werde ich sehr wohl den Hund auf Sie hetzen!“

Millers Gesicht näherte sich ihrem, bis seine Nase ihre berührte. „Gib mir einen kleinen Vorgeschmack auf das, was ich will“, forderte er sie auf.

Das genügte. Gerade als sie den Mund öffnete, um Salomon den Befehl zu geben, lockerte sich sein Griff. Hinter ihm entdeckte sie Peyton, dessen große Hand auf Millers Schulter lag.

„Lassen Sie die Lady los!“ Peytons Stimme klang eiskalt.

Miller drehte sich schwerfällig zu ihm um und starrte ihn wütend an. „Wer zum Teufel … Ach ja, Sie sind der schnieke Anwalt, an dem Holly so hängt, was?“

„Ich bin der, der Ihnen sagt, dass Sie, wenn Sie Holly noch einmal anrühren, nicht lange genug leben werden, um es zu bereuen!“

Miller lachte höhnisch. „Wollen Sie mir drohen?“ Er streckte seine Brust heraus, sodass sein mächtiger Bauch nur noch wenige Zentimeter von Peyton entfernt war.

„Ich stelle nur eine Tatsache fest. Lassen Sie Holly in Ruhe, oder ich knöpfe Sie mir persönlich vor, falls ich Sie nicht hinter Gitter bringen kann“, warnte Peyton ihn.

„Ach ja?“

Holly stand da und starrte Peyton an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. Was tat er? Wusste er, was er da sagte? Es wäre nicht gerade gut für ihn, wenn die Zeitungen schrieben: „Gouverneurskandidat bedrohte Mann wegen einer Frau!“

„Du brauchst mich nicht zu beschützen“, verkündete Holly und stemmte die Fäuste in die Hüften.

„Halt dich da raus“, befahl Peyton ihr.

„Ich soll mich raushalten?“ Holly bemerkte jetzt Spence. Ihm auf dem Fuße folgten Pattie und Donna Fields.

„Brauchst du Hilfe, Peyton?“, erkundigte sich Spence.

„Ich denke, ich werde allein damit fertig“, erwiderte Peyton. „Was meinen Sie, Miller?“

„Ich bin nicht so dämlich, mich mit zwei Kerlen gleichzeitig anzulegen.“ Er drehte sich um und sah unter schweren Lidern Holly an. „Nächstes Mal suche ich mir einen ruhigeren Ort, um mit dir einen kleinen Plausch zu halten“, drohte er ihr.

Peyton wollte auf Miller losgehen, doch Holly stellte sich zwischen die beiden Männer. „Verschwinden Sie endlich, Miller!“

„Ist das nicht süß? Hast du Angst, ich könnte deinem hübschen Jungen die Nase blutig schlagen?“, höhnte er.

„Nein, ich habe Angst, Peyton könnte Ihnen den Schädel einschlagen und wegen Mordes ins Gefängnis kommen.“ Dann wandte sie sich an Peyton: „Lass ihn gehen.“

Mit einem Grinsen in seinem fleischigen Gesicht ging Miller schwankend in Richtung Parkplatz davon.

Peyton ergriff Holly beim Arm und zog sie von den neugierigen Zuschauern fort. „Was soll das?“, wollte sie wissen und machte sich von ihm los, als sie hinter dem Imbissstand angelangt waren.

Peyton schob sie gegen die Wand, stützte sich mit den Händen zu beiden Seiten ihres Kopfes ab und sah ihr in die Augen. „Was, zum Teufel, soll ich bloß mit dir machen?“, meinte er mit bebender Stimme. Seine Hände zitterten.

„Das war nicht meine Schuld“, verteidigte sie sich. „Außerdem habe ich dich nicht um Hilfe gebeten. Es war Patties Idee, dich zu holen. Salomon und ich hatten alles unter Kontrolle.“ Sie deutete auf den Hund, der ihnen gefolgt war und jetzt in einem Abfalleimer schnüffelte. „Aber keine Angst, sobald die Gerichtsverhandlung vorbei ist, werde ich dich nie mehr wieder belästigen.“

„Wirklich? Wirst du in der Lage sein, dich aus Schwierigkeiten herauszuhalten, wenn gleich drei Männer im Bezirk dir an den Kragen wollen? Cliff Nolan würde nicht zögern, dich zu verprügeln, dieser verrückte Miller scheint zu einer Vergewaltigung fähig, und Lobo Smothers würde zweifellos dich und jeden anderen umbringen, der ihm in die Quere kommt.“

„Ich habe ein Gewehr und einen Hund. Ich kann auf mich selbst aufpassen“, konterte Holly.

„Bist du so dumm, oder tust du nur so?“, brauste Peyton auf. „Nolan, Miller und Smothers sind gefährlich. Du brauchst jemanden, der dich beschützt. Deine Brüder wussten das, sonst hätten sie mich nicht gebeten, auf dich aufzupassen.“

„Ich brauche keinen Aufpasser!“

Peyton packte sie bei den Schultern und schüttelte sie sanft. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn und der Oberlippe. Er hätte Holly am liebsten übers Knie gelegt und so lange zappeln lassen, bis sie ihm versprach, vorsichtig zu sein. Nein, besser in den Arm genommen und geküsst. Der bloße Gedanke daran, Holly könnte etwas zustoßen, jagte ihm Angst ein.

„Versprich mir, dass du dich nicht mehr in die Nähe von Cliff Nolans Haus begibst, und dass du nicht auf eigene Faust versuchst, Lobo Smothers zu überführen“, verlangte er. „Und falls Eric Miller dir noch einmal zu nahe kommt, rufst du sofort Lowell an.“

Es kostete Hollys ganze Willenskraft, sich nicht an seine Brust zu werfen. Sie spürte seinen Zorn, doch sie spürte auch etwas anderes. Er hatte wirklich Angst um sie.

„Ich werde mich von jetzt an bis zur Gerichtsverhandlung so gut wie möglich benehmen. Das verspreche ich.“ Der Gedanke, sie könnte für negative Schlagzeilen um Peytons Person verantwortlich sein, war ihr unerträglich. Schließlich würde es schon genug Wirbel geben, weil er sie vor Gericht verteidigte. Sie wollte ihm bei seiner Kandidatur um das Amt des Gouverneurs keine weiteren Steine in den Weg legen.

Obwohl Peyton wusste, dass es für ihn besser wäre, wenn er Holly auf der Stelle losließe, konnte er es nicht. Noch nicht. Es war ein Fehler gewesen, Holly überhaupt zu berühren. Allein das Gefühl ihrer angespannten schmalen Schultern unter seinen Händen erregte ihn. Sein Verstand hatte ihm immer wieder gesagt, wie wenig er und Holly zusammenpassten. Unglücklicherweise hatte sein Körper da eigene Ansichten. Doch er durfte nicht zulassen, dass die Begierde über seinen Verstand siegte. Holly war zehn Jahre jünger als er, und er war mit ihren Brüdern befreundet. Sie durfte nicht einmal merken, wie er für sie empfand, denn sonst würde sie falsche Schlüsse ziehen. Nein, er wollte keinen Vorteil aus der Situation ziehen, wenn es ihm nur um Sex ging.

„Versuch dich aus allem Ärger herauszuhalten, um unser beider willen“, ermahnte er sie noch einmal, ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Verlangen regte sich in ihm bei ihrem Anblick. Diese großen braunen Augen, diese vollen Schmolllippen, dieses störrisch vorgeschobene Kinn. Warum konnte er nicht dasselbe empfinden, wenn er Donna ansah?

„Es war nie meine Absicht, dir Probleme zu machen“, sagte Holly.

„Ich weiß.“

„Ich glaube, du solltest jetzt besser zurückgehen, damit Spence und Pattie den Rest des Spiels sehen können“, erinnerte sie ihn.

„Du hast vermutlich recht“, sagte er. Doch er zögerte noch.

„Ach, Peyton?“

„Ja?“

„Ich mag Donna. Sie ist eine nette Lady. Und sie ist genau richtig für dich.“

„Ja, du hast recht. Sie ist genau richtig für mich“, stimmte er ihr zu. Sie ist wirklich eine Frau, wie man sie sich nur wünschen kann, dachte er, nur dass sie nicht diesen inneren Aufruhr in mir auslöst. Abrupt drehte er sich um.

Holly sah ihm nach, wie er zu Donna und den anderen hinüberging. Dort gehörte er hin – zu einer Frau, auf die er stolz sein konnte, einer Frau, die seiner Intelligenz und seinem gesellschaftlichen Status entsprach, einer Frau, die seiner politischen Karriere nützlich war und ihr nicht schadete.

3. KAPITEL

Peyton saß ausgestreckt in dem blauen Ledersessel in seinem Apartment in Jackson, ein Glas Scotch in der einen Hand, eine halb aufgerauchte Zigarre in der anderen. Vor fünfundvierzig Minuten hatte er Donna nach Hause gebracht, nachdem er sich mit dem Vorschlag, die Nacht gemeinsam zu verbringen, zum Narren gemacht hatte. Sie hatte ihm sanft, aber bestimmt zu verstehen gegeben, dass sie keinen Sex wolle. Vermutlich sollte er ihr dankbar dafür sein, dass sie in dieser Angelegenheit mehr Verstand als er bewiesen hatte, doch in seinem Zustand der Erregung war das schwer. Es lag schon eine Weile zurück, seit er zuletzt mit einer Frau zusammen gewesen war. In der Vergangenheit hatten die Beziehungen zu Frauen ihm unkomplizierten Sex beschert. Doch mit Donna war es etwas anderes. Sie hatte ihm auf unmissverständliche Weise erklärt, dass sie nicht beabsichtige, als Ersatz für eine andere Frau herzuhalten. Als Peyton ihr gesagt hatte, es gebe keine andere Frau, hatte sie ihm ins Gesicht gelacht. Donna war viel zu klug, als dass man ihr etwas vormachen konnte.

Das Problem war, dass er Holly begehrte, aber nicht wagte, sie zu lieben. Obwohl sie für die meisten Männer eine ideale Ehefrau wäre, konnte Peyton sie sich nicht als First Lady des Staates Tennessee vorstellen. Überhaupt war sie nicht der Typ Frau, den man sich an der Seite eines Politikers vorstellen konnte. Nein, Holly Bishop mochte zwar die süßeste, hübscheste und begehrenswerteste Frau sein, die er kannte, doch sie passte nicht zu dem Lebensstil, den er für sich selbst gewählt hatte.

Und er selbst passte ebenso wenig zu ihrem Lebensstil. Er würde niemals der Typ Mann sein können, den sie brauchte. Peyton war schon viel zu festgelegt in seinem Weg, viel zu sehr in der Familientradition verhaftet, um daraus auszubrechen. Er war nicht der Rebell, der sein jüngerer Bruder stets gewesen war. Nein, Peyton Marshall Rand befolgte die Regeln. Er war ein Verstandesmensch, ein Experte, wenn es darum ging, Dinge nüchtern zu betrachten. Er wusste, wie hoch der Preis war, wenn man gewinnen wollte, und er war bereit, ihn zu zahlen. Deshalb verlor er auch nie.

Holly Bishop hingegen ließ sich nur von ihren Gefühlen und der Stimme ihres Herzens leiten. Immer trat sie als Kämpferin für die Außenseiter auf, immer versuchte sie, alles Unrecht dieser Welt zu bekämpfen. Nie dachte sie vorher über die Konsequenzen nach, sondern stürzte sich sofort in irgendwelche Situationen.

Hätte sie ihm nicht ihre Schwärmerei für ihn gestanden, vielleicht wäre er dann mit ihr ins Bett gegangen. Doch er durfte nicht riskieren, dass sie sich wirklich in ihn verliebte und er ihr Herz brach. Holly verdiente etwas Besseres als eine flüchtige Affäre – eine Affäre, die lediglich dazu dienen würde, sie endlich aus seinen Gedanken zu vertreiben.

Verdammt, er musste aufhören, über diese Frau nachzudenken! Es musste doch einen Weg geben, sie aus seinem Kopf zu bekommen. Wenn nur Donna … Nein, das würde nicht funktionieren. Und es wäre weder Donna noch ihm selbst gegenüber fair.

Warum musste von allen Frauen dieser Welt ausgerechnet Holly derart intensive Gefühle in ihm auslösen? Um Himmels willen, sie wären ein katastrophales Paar. Sie würden sich das Leben gegenseitig schwer machen. Das Schicksal schien sich über sie beide lustig zu machen. Peyton Rand und Holly Bishop passten einfach nicht zueinander. Das Problem war nur, dass ihre Körper das nicht zu wissen schienen.

Holly warf sich unruhig in ihrem Bett hin und her. Sie hatte rasende Kopfschmerzen, die nicht einmal mehrere Aspirin lindern konnten. Was war der Grund dafür? Stress? Anspannung? Sorge wegen der bevorstehenden Gerichtsverhandlung? Peyton Rand?

Durch das geöffnete Fenster wehte eine kühle Brise herein und bewegte sanft die Vorhänge. Salomon, der auf einem Teppich neben der Tür lag, hob kurz den Kopf und sah zu Holly herüber, ehe er sich wieder in seine entspannte Position begab. Sheba, die Mischlingskatze, die Holly aus dem Tierheim geholt hatte, schlief zusammengerollt in einem alten Koffer neben dem Bett.

Holly stand auf und schlüpfte in ihren gelben Bademantel. Sie musste etwas zur Beruhigung trinken. Heißen Tee, nein, besser noch heiße Schokolade. Als sie über den Flur ging, erinnerte der kalte Holzfußboden sie daran, dass sie vergessen hatte, die Hausschuhe anzuziehen.

Sie schaltete das Licht in ihrer zwar sauberen, aber hoffnungslos unordentlichen Küche ein. Dann trat sie ans Fenster und sah hinaus in den vom Mondlicht beschienenen Garten.

Morgen war die Verhandlung. Holly hatte das Versprechen an Peyton gehalten und jeglichen Streit vermieden. Doch sie hatte Peyton vermisst und fragte sich, ob er wohl jeden Abend mit Donna Fields ausgegangen war.

Obwohl Pattie ihr versichert hatte, dass Donna keine Konkurrenz für sie war, glaubte sie es nicht. Selbst wenn Peyton und Donna einander nicht liebten, hieß das noch lange nicht, dass sie nicht doch heiraten würden. Die Leute heirateten aus allen möglichen Gründen, nicht nur aus Liebe.

Ihr Herz schmerzte bei der Vorstellung, Peyton könne eine andere Frau lieben. Oh, sie wusste, dass er viele Frauen gehabt hatte, doch war nie Liebe im Spiel gewesen. Tief in ihrem Innern hoffte sie vermutlich, er würde sie eines Tages ansehen und erkennen, dass er sie so liebte wie sie ihn.

Na, bestimmt, dachte Holly, und Schweine können fliegen. Außerdem war sie ohne Peyton viel besser dran. Der Mann war ein Fanatiker, wenn es darum ging, andere zu kontrollieren. Pausenlos kommandierte er herum und wusste stets alles besser. Er glaubte, dass sie ihr Leben vergeudete, wenn sie mit Mike die Werkstatt führte, anstatt zurück aufs College zu gehen.

„Er versteht einfach nicht, dass das College mich zu Tode langweilt, dass ich Autos und Lastwagen mag, und dass es mir gefällt, mein eigener Boss zu sein“, sagte Holly laut in die Stille hinein.

Plötzlich klingelte das Telefon, und sie sah zur Uhr. Es war bereits Viertel nach elf. Wer konnte so spät noch anrufen? Mike hatte diese Woche Bereitschaft beim Abschleppdienst.

Sie lief ins Wohnzimmer, wo das Telefon stand, und nahm den Hörer ab. „Hallo?“

„Holly, hier spricht Loretta Nolan.“ Die Stimme der Frau zitterte. „Bitte … bitte helfen Sie mir!“

„Was ist passiert, Loretta? Hat Cliff Sie wieder geschlagen?“

„Ich … ich bin so weit, ihn zu verlassen. Bitte … oh, lieber Gott, bitte …“

Holly packte den Hörer fester. „Ist er da? Weiß er, dass Sie mich anrufen? Sind Sie und die Kinder in Sicherheit?“

„Er war hier … aber jetzt ist er wieder … fort. Den Kindern geht es gut. Sie haben nur Angst“, berichtete Loretta mit tränenerstickter Stimme. „Er hat mir ein blaues Auge geschlagen, und ich habe eine aufgeplatzte Lippe, aber es geht schon.“

„Hören Sie, Sie packen jetzt das Nötigste zusammen, und ich komme zu Ihnen, so schnell ich kann“, erklärte Holly.

„Ich … ich werde nie mehr zu ihm zurückgehen. Er … er hat gedroht … ich hab solche Angst um die Kinder.“ Lorettas Stimme ging in ein Schluchzen über.

„Bleiben Sie ruhig. Ich bin schon unterwegs.“ Holly legte auf und lief ins Schlafzimmer. Danke, lieber Gott, dass Loretta endlich zur Vernunft gekommen ist, bevor er sie oder die Kinder noch umgebracht hätte, betete sie.

Sie streifte Bademantel und Nachthemd ab und zog eine Jeans sowie ein übergroßes langärmeliges Holzfällerhemd an. Während sie in die Turnschuhe schlüpfte, fiel ihr plötzlich wieder ihr Versprechen ein, dass sie sich aus allem, was Ärger bedeuten könnte, heraushalten wollte.

Doch dies war nicht ihr Ärger; es war Lorettas Problem. Würde Peyton das verstehen? Würde er wütend sein, dass sie so kurz vor ihrer Verhandlung wegen des Schusses auf Cliff Nolan deren Frau und Kindern half, vor ihm zu fliehen? Es konnte nicht in Peytons Sinne sein, dass Loretta weiter bei ihrem gewalttätigen Mann blieb.

Als sie sich fertig angezogen hatte, kehrte sie zum Telefon im Wohnzimmer zurück und wählte Peytons Nummer.

„Hallo?“, meldete er sich.

„Hier spricht Holly. Es tut mir leid, dich so spät noch zu stören, aber … nun, ich habe ein kleines Problem.“

„Es sind keine zwölf Stunden mehr bis zu deiner Verhandlung“, stöhnte er. „Kannst du dieses Problem nicht ohne mich lösen?“

„Natürlich kann ich das!“

„Warum rufst du mich dann an?“, beschwerte er sich.

„Weil ich versprochen habe, mich aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Ich hielt es für richtig, dich zu warnen, weil das, was ich jetzt tun werde, mir noch mehr Ärger mit Cliff Nolan einbringen könnte.“ Holly war in diesem Moment kurz davor aufzulegen, doch das würde Peyton nur wütend machen, und sie brauchte ihn morgen vor Gericht auf ihrer Seite.

„Was hast du denn vor?“

„Ich werde zu Loretta Nolan fahren und sie und die Kinder abholen. Sie ist endlich zur Vernunft gekommen. Sie will Cliff verlassen, aber sie braucht dabei meine Hilfe“, erklärte Holly.

Autor

Beverly Barton
Beverly Barton hat eine Schwäche, für Bad Boys, Männer mit kleinen Fehlern. In ihrer Kindheit schwärmte sie für „Die Schöne und das Biest“ – genauer gesagt, für das Biest. „Alle meine Lieblingsmänner sind stark, dominant und sehr maskulin. Aber am allerwichtigsten ist, dass sie ein Herz aus Gold haben“, erläutert...
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